LE CHIEN
QUI LIT |
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Drusenreich
– Teil 5 "Drusenreich" bedeutet, dass
Sie, liebe Leser, je nachdem, wie Sie den Inhalt dieser Seite beurteilen, von
den verschiedenen Bedeutungen des Wortes "Drusen" die ihnen passend
erscheinende auswählen können. |
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Lfd.Nr. |
Inhaltsverzeichnis |
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Der Deutsche Wald: jenseits von Gut und Böse? |
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AUS MEINEM BLOGHAUS |
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Rezension: Lexikon der populären Irrtümer |
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Ausbeutung oder Konsumverzicht: Recht,
gerecht, oder richtig? |
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Kondratieff,
Rothbard und der Sacco di Roma |
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THE ICEBERG
READING OF AN ICEBERG LECTURE (über: Die Schatten der Globalisierung
/ Globalization and its Discontents" von Prof. Joseph Stiglitz) |
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Nur die
totale Entfesselung des Kapitalismus rettet unsere Umwelt! |
Drusenreich – Teil 5 |
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IN THE MACCHIA OF SPECIAL INTERESTS – A WELL OF
CLEAR-CUT ANALYSIS? Bemerkungen
zur Studie „THE ISRAEL LOBBY AND U.S. FOREIGN POLICY“ der US-Politologen John
J. Mearsheimer und Stephen M. Walt und zu den publizistischen Reaktionen
darauf |
Drusenreich –
Teil 6 N. N. |
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N. N. |
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N. N. |
Kupferstich
von Martin Schongauer;
Metropolitan Museum of Art, N. Y.
Skulptur nach Auguste Rodin
As steals the morn upon the night,
And melts the shades away,
So truth does fancy's charm dissolve,
And rising reason puts to flight[1]
The fumes that did the mind involve,
Restoring intellectual day.
Schön wär's![2]
Text
erstmalig eingestellt am 29.08.2006
Vorliegender
Textstand vom 27.04.2007
IN THE MACCHIA OF SPECIAL
INTERESTS ...
... A WELL OF CLEAR-CUT
ANALYSIS?
Struktur und allgemeine Beurteilung des Arbeitspapiers
Gliederung
des Arbeitspapiers von Mearsheimer und Walt
THE ISRAEL LOBBY AND U.S. FOREIGN POLICY
[Seite,
Überschrift des Kapitels (charakteristische Zitate bzw. Erläuterungen)]
1 - 2 THE ISRAEL LOBBY AND U.S. FOREIGN POLICY
9 Compensation for
Past Crimes
11 'Virtuous Israelis'
versus 'Evil Arabs'
21 Think Tanks That
Think One Way
26 - 40 THE TAIL WAGGING THE DOG
26 Demonizing the Palestinians
35 Dreams of Regional Transformation
38 Putting Iran in the
Crosshairs
Auf den
Seiten 43 – 82 folgen dann noch 211
"Endnotes"
Eigene Anmerkungen zur Debatte und zu den ihr zu Grunde
liegenden Sachverhalten
3)
"Aktivierende" Elemente der Debatte
Inhaltliche
Einzelaspekte aus der Debatte
"Wessen
Land" oder "Moral und Geschichte: eine unendliche Geschichte"
Warum
scheiterte der Friedensprozess (Oslo, Camp David)?
Siedlungspolitik
Israels im Westjordanland
Irak 2003:
The WHATFORWAR oder die UMZUWAS-INVASION
Israel, die
USA und Deutschland/Europa und das Streben des Iran nach atomarer Bewaffnung
BREITE
Debatte? Nein! - FURIOSE Debatte? Allerdings!
Identität
Israels anders gegründet als amerikanische Identität)
Vorbemerkung:
Der Streit um das Mearsheimer-Walt-Papier und der Streit der Streiter
untereinander
Die nachfolgenden Überlegungen stehen –
wenn auch auf einer schon recht abstrakten Ebene – in einem gewissen
Zusammenhang mit meinen Aufsätzen
- "Sinn substituiert die Konjunktion: rettet er die Renten durch ökonomische Akzeleration" auf meiner Webseite "Rentenreich" und
- "The (b)rat in the box at
the ultimate lever?" auf meiner Blogseite.
Die gemeinsame Thematik dieser Arbeiten ist
die Untersuchung von Argumentationsstrategien
bei der gesellschaftlichen Verfolgung (und ggf. Durchsetzung) von Partikularinteressen.
. Konkret geht es dort um die:
- Einführung des Kapitaldeckungsverfahrens in der
gesetzlichen Rentenversicherung an Stelle des Umlageverfahrens bzw. die
- Argumentationsstruktur anti-ökologischer
Kampagnen
- und vorliegend um die Durchsetzung außenpolitischer
Vorstellungen Israels in den USA zum Zwecke der Durchsetzung außenpolitischer
Interessen im Nahen Osten.
Auf einer noch abstrakteren Ebene gehört
die vorliegenden Notizen damit zu jenem Themenfeld, das mich eigentlich immer
beschäftigt, nämlich "Sprache –
Denken – Wirklichkeit".
Daneben habe ich aber natürlich auch ein
inhaltliches Interesse, oder sogar zwei "Interessen":
Zum einen finde ich die Thematik subjektiv
interessant, also intellektuell reizvoll, mit ihren ethisch-politisch-historischen
Aspekten.
Zum anderen habe ich ein konkret
politisches, quasi "objektives" Interesse insofern, als Deutschland
und Europa derzeit ebenfalls in den Nahostkonflikt hineingezogen werden und wir
alle bald sehr viel direkter betroffen werden als wir das derzeit (z. B. als
Steuerzahler) sind. Der Einsatz deutscher Soldaten, nun auch im Nahen Osten,
steht bevor (bzw. ist, wenn Sie diese Zeilen lesen werden, vielleicht schon
Realität).
Prof. Alan Dershowitz schreibt über sein gegen Mearsheimer und Walt (nachfolgend auch: "M-W" genannt) gerichtetes Pamphlet, dass es "truly a 'working paper' — a work in progress" (S. 8) sein soll und rechtfertigt die gewissermaßen vorzeitige Veröffentlichung mit dem Satz "But because of the attention the original paper has received, it is essential to publish and circulate this response as soon as possible." Recht hat er (insofern zumindest), denn wer den Mund zu spät aufmacht, braucht ihn gar nicht mehr zu öffnen!
Was dem berühmten Rechtsgelehrten
Recht ist, ist dem ruhmlosen Netzmeister billig: auch das vorliegende Papier
ist ein "work in progress". Denn im Hinblick auf die fortgeschrittene
Diskussion über den Einsatz (auch) deutscher Soldaten im Konfliktgebiet (wenn
auch voraussichtlich nur auf hoher See) möchte auch ich nicht noch Monate mit
der Veröffentlichung warten, um dann zwar vielleicht einen "runderen"
Text präsentieren zu können, aber den politischen Ereignissen hinterher zu
laufen.
Ich stelle deshalb zunächst
dasjenige ein, was ich bis zu dem oben genannten Datum ("Vorliegender Textstand vom")
zusammengestellt habe. Im Laufe der Zeit werde ich weitere Kommentare zu
zahlreichen anderen Debattenbeiträgen nachzutragen.
„Israelis tend to describe every threat in the starkest terms“ schreiben die US-Politologen John Mearsheimer und Stephen Walt in ihrer Studie „The Israel Lobby“ in der London Review of Books (LRB) vom 23.03.2006. (Die vollständige wissenschaftliche Arbeit – auf die sich im Folgenden auch meine Seitenangaben beziehen - erreicht man hier oder, etwas umständlicher, da, und auf Deutsch auf der Webseite eines gewissen Lutz Forster: TEXT + FUSSNOTEN.) [Falls der direkte Link-Zugriff über die Harvard-URL nicht klappt, findet man das Arbeitspapier auch über die Suchseite für die "research papers" der Fakultät.] Die „starkest terms“ riefen mir eine Formulierung wieder ins Gedächtnis, die ungefähr einen Monat nach Erscheinen des Arbeitspapiers von M-W durch die Presse ging:
„Nach dem Selbstmordanschlag in Tel Aviv hat Israel vor einer neuen «Achse des Terrors» gewarnt. Die palästinensische Hamas-Regierung sowie Syrien und der Iran säten «die Saat für den ersten Weltkrieg des 21. Jahrhunderts», sagte der israelische UN-Botschafter Dan Gillerman im Sicherheitsrat in New York.“ (Hervorhebung von mir.)
Diese Meldung erschien am 18.04.2006 in zahlreichen Zeitungen und hat mich doch ziemlich aufgeschreckt. Prima facie erscheint sie als blanker Unsinn. Wie soll ein Selbstmordattentat einen Weltkrieg auslösen? Wir leben nicht mehr im Jahre 1914. Die machtpolitischen Konstellationen sind heute ganz anders und vor allem noch weitaus deutlicher asymmetrisch als damals. Außerdem haben nicht einmal die Angriffe arabischer Staaten auf Israel in der Vergangenheit einen Weltkrieg ausgelöst: Israel ist ganz allein und ganz locker mit denen fertig geworden.
Man kann die Formulierung aber auch ganz anders verstehen, nämlich als eine versteckte Botschaft des israelischen Botschafters bei der Völkergemeinschaft an die Völker der Welt: „Wenn die auf uns losgehen, ziehen wir euch alle in die Sache mit rein“.
Und nach der Lektüre der Arbeit von Mearsheimer und Walt könnte einem noch eine weitere Verschiebung der Lesart in den Sinn kommen, hin zur Bedeutung von „Wir haben die Macht und die Mittel, um euch in unsere Händel herein zu ziehen“.
Nun ist es sicherlich manchmal gut oder nützlich, richtig oder wichtig, dass man sich persönlich irgendwo „reinhängt“, oder dass sich ein Staat in die Angelegenheiten anderer Staaten involviert. So sehr auch Nicht-Einmischung das hehre Prinzip ist, leben wir nun einmal nicht in einer Welt abgeschotteter Monaden: weder als Individuen noch auf der Ebene der Staaten.
Weniger erfreulich ist es allerdings, von anderen irgendwo reingehängt zu werden. Das mag ich persönlich nicht, und als Bürger meines Staates kann ich mir das für diesen (ebenso wie auch für den Überstaat der EU) erst recht nicht wünschen. Erst vor kurzem hatte Shimon (gelegentlich auch "Schimon" geschrieben) Stein, Israels Botschafter in Deutschland, die Nato aufgefordert, sich In die seinerzeitigen Kämpfe Israels gegen die Hisbollah im Libanon reinzuhängen – vgl. "Israels Botschafter für Nato-Truppen in Nahost", Netzeitung vom 21.07.06. Freilich will Israel die Rolle der Nato (bzw. jetzt der internationalen Friedenstruppen[3]) darauf beschränken Soldaten abkommandieren. Bemühungen, einen dauerhaften Frieden Israels mit den Palästinensern zu vermitteln, sind eindeutig nicht willkommen[4]. Denn das heißt natürlich auch, einen Abzug der israelischen Besatzungssiedler aus dem Westjordanland zu verlangen. Da wäre mit Sicherheit das Geschrei über die Einmischung in die "inneren Angelegenheiten" Israels groß.
Wie auch immer: Kaum liegt die israelische Forderung auf dem Tisch, wird sie – in Gestalt einer internationalen Friedenstruppe – bereits umgesetzt.[5]
Auch wenn wir diesmal politisch auf der "richtigen" Seite stehen: moralisch stehen wir vielleicht wieder einmal auf der falschen. Eine bedingungslose Unterstützung Israels, die letztlich zu Lasten der Palästinenser geht, ist nicht unsere historische Pflicht, sondern belädt uns mit einer neuen historischen Hypothek.
Bereits am 04.02.06 hatte ich mir unter dem Titel „Propheten-Karikaturen und Palästinenserfrage“ (aus dem damals aktuellen Anlass der "Mohammed-Karikaturen") Gedanken über die Rolle gemacht, die Europa in dem Palästinakonflikt spielen könnte und sollte – und über die Rolle, die Amerika spielt und (nicht) spielen sollte. Dass sich, zumindest was die israelische Siedlungspolitik angeht, die amerikanische Supermacht von den israelischen Nationalisten wie ein Tanzbär am Nasenring durch die weltpolitische Arena führen lässt, sieht ein Blinder mit dem Krückstock von Wächtersbach quer über den Atlantik bis Washington. Und dieser Sachverhalt[6] wird übrigens nach meinem ersten Eindruck aus verschiedenen gegen Mearsheimer und Walt gerichteten Artikeln nicht einmal von deren Gegnern bestritten. Er wird (aus nahe liegenden Gründen) ganz einfach ausgeklammert.
Auch in Amerika haben viele Menschen Bedenken gegen die massive Schieflage der US-Politik in der Palästinafrage; aber John Mearsheimer und Stephen Walt sind nicht irgendwelche obskuren Intellektuellen, sondern Politologie-Professoren an geachteten Universitäten. Wie geht "die Lobby" mit denen um?
Politologen schreiben, wenn sie nicht gerade Niccolo Machiavelli heißen, nicht für die Ewigkeit. Nicht selten schreiben sie (wie schon Niccolo Machiavelli) mit der Absicht, Einfluss auf die Politik ihrer Epoche zu nehmen.
Die Studie von Mearsheimer und Walt ist nach Anspruch und Form ebenso wie vom Inhalt und Niveau her eine wissenschaftliche Arbeit. Aber das ist nur die eine, gewissermaßen „akademische“ Seite.
Treibendes Motiv hinter dem Papier ist nicht akademischer Ehrgeiz, sondern klar erkennbar der Patriotismus der beiden Autoren. Ganz offenkundig sind sie der Meinung, dass die US-Außenpolitik im Nahen und Mittleren Osten total in der Sackgasse steckt. Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, dass sie die US-Soldaten lieber gestern als heute aus dem Irak abgezogen sehen möchten, und erst recht keine militärischen Konflikte mit weiteren Ländern in der Region (Iran, Syrien) wünschen: „We don’t need another Iraq“ schreiben sie (S. 41). Mearsheimer und Walt lieben ihr Land und wollen es aus der Sch. heraus holen, in die es dort ‚hineingeraten’ ist (oder hineingeraten wurde?).
Diese selbst gestellte Aufgabe gehen sie als Politologen systematisch an, indem sie (sich und ihr Publikum) fragen, welche politischen Wirkmechanismen die USA dort hineingebracht haben und dort halten.
Auch wenn Kritik an evtl. Fehlern im Papier legitim ist: Erwiderungen gegen Mearsheimer und Walt, die lediglich auf den Einfluss der US-amerikanischen Israel-Lobby insgesamt abstellen, oder gar nur aus längst vergangenen Zeiten, gehen weitgehend schon am Inhalt der Studie von Mearsheimer und Walt vorbei, denn diese bezieht sich im Kern auf die aktuelle Situation (d. h. insbesondere die Lage seit dem 11.09.2001. Erst recht verfehlen weit ausholende Rückgriffe in die Vergangenheit (mit – mehr oder weniger überzeugenden – Beweisen gegen eine besonders große innenpolitische Macht der US-amerikanischen Israel-Lobby) eine Auseinandersetzung mit dem eigentlichen Anliegen der beiden amerikanischen Patrioten (die übrigens auch in dieser Hinsicht Niccolo Machiavelli vergleichbar sind, dessen kühle Kalkulationen letztlich von einem starken Patriotismus - bzw. genauer: von zwei Patriotismen, für seine „beiden“ Vaterländer Florenz und Italien - gespeist waren), nämlich die Nahostpolitik ihres Landes auf einen Weg zu führen, der den Interessen ihres Landes dient (das nicht nur sie in diesem Zusammenhang als häufig von einer fremden – kleinen - Macht ferngesteuert sehen).
Auch die negativen Auswirkungen, welche diese ungewöhnlichen Staatenliaison für die anderen Verbündeten der USA hat, bleiben nicht unerwähnt:
„Why has the
„The Lobby’s influence causes trouble on several fronts. It increases
the terrorist danger that all states face – including
Was die Brüskierung nicht nur der Alliierten, sondern der gesamten Welt angeht, erinnere ich mich noch sehr deutlich daran, dass Jassir Arafat vor längeren Jahren von der UNO (von irgend einem Ausschuss der UNO-Vollversammlung, glaube ich) eingeladen worden war, seinen Standpunkt dort vorzutragen. Die USA ließen ihn gleichwohl nicht einreisen, weil er ein Terrorist sei.
Ich habe keinen Zweifel daran, dass er – bis wann? – ein Terrorist war. Aber zu diesem Zeitpunkt war er persönlich sicherlich kein aktiver Terrorist mehr, und vor allem wäre er bestimmt nicht mit ein paar Bomben im Gepäck in die USA eingeflogen.
Jedenfalls verweigerten die USA ihm das Einreisevisum; ob auf Druck der Lobby, weiß ich nicht (formal wurde irgend ein Gesetz vorgeschoben).
Leider ließen sich die Völker der Welt dann darauf ein, an einem anderen Ort (Genf?) zusammen zu kommen. Mich hat das tief beschämt; nicht weil ich Arafat besonders geschätzt hätte, sondern weil ich die amerikanische Weigerung, einen von der Weltgemeinschaft eingeladenen Gast zum Sitz der Völkergemeinschaft einreisen zu lassen, als einen ungeheuren Affront empfunden habe. Man durfte sich so richtig als Angehöriger der World United Banana Republics fühlen.
Angemessen wäre es aus meiner Sicht gewesen, wenn die UNO-Mitglieder die USA vor die Alternative gestellt hätten, entweder Gäste der UNO einreisen, oder aber das UN-Hauptquartier für immer ausreisen zu lassen, es also z. B. nach Genf zu verlegen. Es kann nicht angehen (und wird nur von politischen Eunuchen wie den Europäern hingenommen), dass man Gastgeber eines Völkerbundes ist und sein will, und diesen dann, wenn einem irgend etwas nicht in den Kram passt, in den A. tritt.
Man mag einwenden, dass es erheblich schwerer wiegende Verstöße gegen das Völkerrecht und Affronts gegen die UNO gegeben hat. Für mich war in diesem Falle aber der Symbolwert um so größer, als alle Staaten brav gekuscht haben. Wenn diese (also auch wir) sich da massiv auf die Hinterbeine gestellt hätten, hätten sie/wir sich/uns mit Sicherheit gegen diese unglaubliche 'Arroganz der Macht' durchgesetzt.
Nach dieser kleinen, eher
persönlichen Abschweifung nun aber zur Analyse des Arbeitspapiers von M-W. Da
es kein Inhaltsverzeichnis enthält, ist es vielleicht nützlich, die Gliederung
des Textes hier darzustellen, um die überzeugend klare Struktur der
Argumentation von Mearsheimer und Walt transparent zu machen.
("...
the overall thrust of
("
("
ist aber eine Belastung spätestens
seit dem 1. Golfkrieg
1990/91. Die
"a terrorism problem in good part because it
is so closely allied with
("Viewed
objectively, Israel’s past and present conduct offers no moral basis for
privileging it over the Palestinians.")
DARIN FOLGENDE UNTERKAPITEL:
(Israel ist – und war -
militärisch zumindest nicht schwächer als die Araber)
("Israel is formally democratic", verweigert aber den von ihm kontrollierten
Palästinensern volle politische Rechte)
("This history [d. h. die Verfolgung der
Juden] ... provides a strong moral case
for supporting
("In terms of actual behavior,
("unmatched
power", "ability to
manipulate the American political system")
DARIN
FOLGENDE UNTERKAPITEL:
("We use 'the Lobby' as a convenient short-hand term for the loose
coalition of individuals and organizations who actively work to shape
("The Lobby’s activities are not the sort of
conspiracy depicted in anti‐Semitic
tracts like the Protocols of the Elders of
(Zweigleisige Strategie einer
direkten politischen Einflussnahme einerseits andererseits und einer
Beeinflussung der öffentlichen Meinung
"...
by repeating myths about
("...
in the
("Jewish
voters have high turn-out rates ..."
..... "For example, pro-Israel forces make sure that critics of the Jewish
state do not get important foreign – policy appointments".
Über die Position der USA den
Friedensverhandlungen im Jahr 2000 in Camp David schreiben M-W, dass
"the American delegation took its cues from
Israeli Prime Minister Ehud Barak, coordinated negotiating positions in
advance, and did not offer its own independent proposals for settling the conflict.")
("...the Lobby strives to shape public
perceptions about
(Dazu rechnen M-W: Das
WINEP - Washington Institute for Near East Policy -, das American Enterprise Institute, die Brookings Institution, das Center for Security Policy, das Foreign Policy Research Institute, die Heritage Foundation, das Hudson Institute, das Institute for Foreign Policy Analysis und – naturgemäß – das Jewish Institute for National Security Affairs – JINSA.)
("The Lobby has had the
most difficulty stifling debate about Israel on college campuses, because
academic freedom is a core value and because tenured professors are hard to
threaten or silence." Trotzdem gibt es "Groups in
the Lobby ... [that] direct their
fire at particular professors and the universities that hire them." .....
"In sum, the Lobby ... has worked hard to stifle criticism of
(= Antisemitismusvorwurf:
"Anyone who criticizes Israeli actions or says that
pro-Israel groups have significant influence over U.S. Middle East policy ...
stands a good chance of getting labeled an anti-Semite."[11])
(" ... the Lobby has ... sought to shape the
core elements of
DARIN FOLGENDE UNTERKAPITEL:
("...
the Bush Administration failed to change
Den Grund für diese Politik, die
nicht dem amerikanischen Wählerwillen entspricht – "73 percent said that United States should not favor either side"
-, sehen M-W im Wirken der Lobby, nicht nur der jüdischen, sondern auch der
evangelikalen.)
("Pressure
from
(Mearsheimer
und Walt verkennen nicht, dass die Macht der vereinten zionistischen und neokonservativen
Lobby nicht ausgereicht hätte, um Bush in das Irak-Abenteuer zu treiben. Dazu
war 'Hilfe', nämlich der Eintritt eines außergewöhnlichen Ereignisses nötig:
"That
help arrived with 9/11. Specifically, the events of that fateful day led Bush
and Cheney to reverse course and become strong proponents of a preventive war
to topple Saddam. Neoconservatives in the Lobby ... played especially critical
roles in persuading the President and Vice-President to favor
war.")
Sie
beschließen dieses Unterkapitel mit dem Satz:
"Without the Lobby’s efforts, the
(Hier beschreiben M-W den unter
Clinton vollzogenen 'Paradigmenwechsel' in der US-Nahostpolitik von einer durch
gegenseitiges Ausspielen der Regionalmächte – d. h. insbesondere Irak und Iran
– bewirkten Machtbalance hin zu einer Strategie des "dual
containment", d. h. einer gleichzeitigen Konfrontation der US-Politik
gegen den Irak und den Iran. Die Wurzeln dieses Paradigmenwechsels sehen sie
offenbar in israelischen und pro-israelischen Einflussnahmen auf die
US-Außenpolitik.)
("Israeli leaders did not push the Bush
Administration to put its crosshairs on
("If
(Offenbar
bezogen auf das Kapitel "THE TAIL WAGGING THE DOG", nicht auf das
gesamte Arbeitspapier.
"
(Es liegt in der Natur
der Sache, dass ich aus den zusammenfassenden Schlussfolgerungen von
Mearsheimer und Walt ausführlicher als bei den vorherigen Kapitel zitiere:
"... using American power to achieve a just
peace between
Diskursiven Trübfischern (die es nicht
nur bei den Antisemiten, sondern auch bei den Anti-Antisemiten gibt) kann man
das Handwerk erschweren, indem man Sachverhalte bzw. Einstellungen mit
möglichst großer Schärfe einerseits trennt und andererseits, soweit man ihr
Wabern im Debattenhintergrund spürt, die Schwebstoffe aus der Debatte
herausfiltert und die Konturen der eigentlichen Problemlage sichtbar macht
(bzw. sichtbar hält).
Für ein sachadäquates Verständnis
der tatsächlichen Handlungsweise der Lobby, deren moralischer (ggf. auch
juristischer) Beurteilung und der von M-W beabsichtigten oder tatsächlich implizierten
Beurteilung sowie schließlich auch für ein vertieftes Verständnis der Arbeit
vom M-W erscheint es mir wichtig, bei der Bewertung des möglichen Vorwurfs von
"split (oder dual) loyalties" gegen Akteure der Lobby folgende 3
Bereiche zu unterscheiden:
a) Existenz und Wirken "der
Lobby" ganz allgemein:
Dass "die Lobby"
Partikularinteressen vertritt, versuchen einige ihrer Anhänger in der
Diskussion zwar zu vernebeln. Bestreiten können und tun sie es schon deshalb
nicht, weil die Lobby eben nicht konspirativ im Untergrund wühlt, sondern ganz
offiziell und öffentlich aktiv ist. Deshalb kann ihre Existenz (wohl aber
natürlich ihr Umfang und ihr Erfolg) nicht bestritten werden (und wird auch
nicht einmal von den schärfsten Gegner von M-W geleugnet).
b) Belegbare Fakten zum
Reden/Handeln der Lobby und der israelischen Regierung:
Positionen, für welche die
israelische Politik und die zionistische Lobby tatsächlich eingetreten sind
bzw. (bei der israelischen Regierung) Handlungen, die dieser tatsächlich
zuzuordnen sind (z. B. Siedlungspolitik im Westjordanland)
c) Tatsächlich später eingetretene
Ereignisse, die als solche unstreitig sind (z. B. Irak-Krieg).
(Meinungen, für die in aller Regel
kein strenger Nachweis/Beweis im naturwissenschaftlichen oder auch nur im juristischen
Sinne erbracht werden kann):
Bei diesen Fragen kann Dissens
bestehen; die Advokaten der zionistischen Lobby werden
aa) den Kausalzusammenhang
zwischen der Lobby-Arbeit und den politischen Ereignissen jedenfalls dann
bestreiten, wenn tatsächlich erreichte Ziele in der Öffentlichkeit schlecht
ankommen (Irak-Krieg);
bb) eine Diskrepanz zwischen
Lobby-Zielen und US-Interessen leugnen und, wenn sie besonders dreist sind
(und/oder mit Sachargumenten nicht überzeugen können),
cc) die Kritiker der Lobby auf
anderen Wegen als denen eines rein sachbezogenen Streites der Meinungen zu diskreditieren
versuchen (Antisemitismus-Vorwurf usw.).
a) Wirkung der Lobby-Arbeit
"Prozentualer" Anteil
der Lobby-Aktivitäten an später eingetreten Ereignissen.
b) Interessenanalyse aus Sicht der
USA
Identität oder Diskrepanz der
Lobby-Ziele zu den (außenpolitischen) US-Interessen (Problem der Definition von
"wahren" Interessen; unvermeidliche Subjektivität der
Interessenbestimmung, Problem des Zeithorizonts bei der Interessenbestimmung).
c) Bei unterstellter Diskrepanz der
Lobby-Aktivitäten zu US-Interessen taucht die Frage einer moralischen Bewertung
der Lobby-Aktivisten auf ("Vaterlandsverräter"?).
Teilweise unausgesprochen im
Hintergrund der Empörung (soweit sie genuin ist und nicht lediglich
instrumentalisiert, was man natürlich im Einzelfall nie wissen kann) steht der
Ruch des "Vaterlandsverrats", den die Lobby-Anhänger bzw. –vertreter
offenbar aus den Ausführungen von M-W heraus lesen. Insoweit hätten M-W
vielleicht klar stellen sollen, dass der Vorwurf, die Lobby vertrete Ziele, die
nicht mit den [im Sinne von M-W definierten] US-Interessen identisch oder
diesen sogar konträr seien, nicht zwangsläufig bedeutet, dass die
Lobby-"Mitglieder" bewusst den außenpolitischen Interessen der USA
Schaden zufügen oder auch nur den Eintritt von Schäden billigend in Kauf nehmen
wollen.
Bei gutem Willen kann man schon
aus dem Umstand, dass M-W auch andere als jüdische Neokonservative zur Lobby
zählen, erkennen, dass M-W eben nicht davon ausgehen, dass den
Lobby-Mitgliedern die Interessendiskrepanz bewusst ist (über die man ja in der
Tat streiten kann, weil sie nicht zum Bereich der eindeutig feststellbaren
Fakten zählt).
Weil
aber nicht bei allen Kritikern von M-W guter Wille vorausgesetzt werden darf,
wären M-W gut beraten gewesen, diesen Sachverhalt expressis verbis zu
formulieren. (In ihrem neuen Debattenbeitrag vom 01.07.06 "The War over Israel's Influence"
tun sie mittlerweile genau das: "These
organizations believe their efforts advance both American and Israeli
interests. We do not" heißt es dort.)
d)
Schließlich könnte man in diesem Zusammenhang natürlich noch die Frage nach den
"wahren" Interessen Israels aufwerfen, wie das M-W tatsächlich auch
tun (S. 41 letzter Absatz).
Auf einer anderen Ebene steht die Unterscheidung zwischen den analytischen und den aktivierenden Elementen der Arbeit von M-W. Keine Frage: Mearsheimer und Walt wollen wirken[17]. Sie wollen nicht mandarineske Glasperlenspiele im Elfenbeinturm abspulen, sondern sie versuchen, mit dieser Studie die US-Nahostpolitik in eine andere Richtung zu lenken[18]. Aus diesem Grunde muss die Arbeit zwangsläufig auch eine "aktivierende" Dimension haben; M-W müssen ihrem Publikum ein möglichst breites Spektrum von Gründen bieten, um eine Politikänderung auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Diskurses – also der "realistischen" wie der moralischen Ebene – zu rechtfertigen. Deshalb die Argumente, dass die israelische Position der arabischen moralisch zumindest nicht überlegen ist, wie sie sich z. B. in folgenden Sätzen (die im Arbeitspapier natürlich begründet werden), verdichtet:
"Viewed objectively,
"The fact that the creation of
"In terms of actual behavior,
"
"Israel may not have acted worse
than many other countries, but it clearly has not acted any better." (S. 14)
Diese Elemente bieten den Gegnern naturgemäß größere Angriffsflächen und emotionalisieren die Debatte. Andererseits spielen Gefühle (z. B. das Gerechtigkeitsgefühl!) immer eine mehr oder weniger große Rolle. Ohnehin ist ja die ganze Grundlage der Debatte nicht-rational: warum wollen die Juden überhaupt Juden sein (bzw. als Juden leben dürfen), die Palästinenser Moslems (und Christen) und in jedem Falle Palästinenser, und warum sind Christen Christen und wollen es bleiben? Wieso sind in Deutschland in Münster mehr Menschen katholisch und in Heidelberg mehr calvinistisch? Rational ist das alles nicht. Aber deswegen ist es keineswegs "irrational": es ist ganz einfach nicht-rational, eine andere Dimension, die sich nicht (zwangsläufig) gegen die Vernunft richtet[19].
Unser Handeln, auch unser rationales politisches Handeln, wächst also auf einem nicht-rationalen Nährboden und kann auch deshalb nicht ausschließlich durch eine rationale Argumentation gesteuert werden.[20]
M-W beschreiben, wie die zionistische Lobby die Meldungen über die Ereignisse im Palästinakonflikt in ihrem Sinne zu beeinflussen, zumindest aber deren Bewertung zu monopolisieren versucht. Dem treten sie – was ich für legitim halte – entgegen, indem sie wenig bekannte Fakten ins Licht rücken. Soweit ihnen dabei im Einzelfalle Irrtümer unterlaufen sind, ist Kritik daran natürlich legitim und M-W müssten eventuelle unzutreffende Behauptungen berichtigen.
Jedenfalls ist aber das, was ich die "aktivierende" Dimension des Textes von Mearsheimer und Walt nenne, nur eine Facette ihrer im übrigen analytischen ausgerichteten Arbeit. Es ist deshalb irreführend, wenn Heumann/Zucker (vgl. unten bei "Zaungäste) schreiben: "Der Titel ist sachlich: 'The Israel Lobby and U.S. Foreign Policy'. Aber Ton und These des Papiers sind als Polemik gedacht."
"Europe’s crimes against the Jews provide a
clear moral justification for
meinen Mearsheimer und Walt
(S. 10).
Das ist aus meiner Sicht
schon ein polit-ethisches Zugeständnis (welches ihnen die wütenden Verteidiger
"der Lobby" nicht einmal danken).
Denn ganz so einfach, wie
es in dieser Textpassage von M-W erscheint, ist die Existenz (bzw. genauer: die
Gründung) Israels, moralisch nicht zu rechtfertigen[22].
Eine solche Rechtfertigung vollzieht sich schließlich nicht im luftleeren Raum.
Kein Araber, Palästinenser
eingeschlossen, hätte etwas dagegen, dass ein Staat Israel existiert –
irgendwo. Zu einer solch abstrakten Rechtfertigung bedürfte es auch keines
Rekurses auf den von M-W höflich als "europäische" Verbrechen
bezeichneten Nazideutschen Völkermord an den Juden. Es wäre ausreichend zu
sagen, dass die Zionisten gern einen eigenen Staat hätten – und so haben sie
sich eben einen aufgebaut.
Das Problem ist nur, dass
dieser Staat Israel nicht irgendwo existiert, sondern eben in Palästina liegt,
und dass es da schon vorher Leute gab, und dass die dort seit langen
Jahrhunderten ansässigen Einwohner keinen
Staat Israel wollten, d. h. keinen Staat, der seine Identität wesentlich aus
der jüdischen Religion definiert. Absolut
zutreffend sprechen M-W von
"aspects of Israeli democracy that are at
odds with core American values. The
Es mag zwar sein, dass auch
in Israel Staatsbürger "of any race,
religion or ethnicity" auf dem Papier die gleichen (?) Rechte haben
wie die Juden. Und sicherlich tut sich umgekehrt (nicht nur) die amerikanische
Gesellschaft schwer damit, die theoretische Gleichberechtigung in der Realität
zu implementieren: Das alles ändert aber nichts daran, dass die Zionisten einen
Staat gewollt und aufgebaut haben, in welchem sie gemäß ihrer wesentlich auf
religiöser Grundlage definierten, also jüdischen, Identität leben wollten und
heute leben. Das schließt nicht aus, dass die in Israel verbliebenen arabischen
Einwohner gleiche Rechte, Parteien, Vereine usw. haben. Aber Israel ist nicht
"ihr" Staat, nicht ein Staat, dessen Institutionen ihre (religiös,
rassisch, 'lokalpatriotisch' oder wie auch immer definierte) 'Identität' (was
immer das sein mag) widerspiegelt, bewahrt, fortentwickelt.
Nach keinem allgemein
akzeptierten moralischen Kalkül können deutsche
Verbrechen gegen Juden es gegenüber den
Palästinensern rechtfertigen, dass die Zionisten sich nach Palästina hineingedrängt
haben, in einer Zeit, als dieses Land zunächst unter türkischer Herrschaft und
anschließend unter britischer Verwaltung stand, und als die Palästinenser das
Einsickern der Zionisten nicht verhindern konnten (auch wenn sie es
verschiedentlich mit Gewalt versucht haben).
Hier liegt der Ursprung und
der Kern des Konfliktes, und das kann man, jedenfalls nicht im Bewusstsein der
Palästinenser, quasi mit einer Perspektive des umgedrehten Fernglases durch Hinweise
auf den Holocaust beiseite wischen. Auch die Tatsache, dass Mohammed
Amin al-Husseini, der so genannte "Großmufti"
von Jerusalem, mit den Nationalsozialisten zusammengearbeitet hat,
wahrscheinlich von dem Völkermord an den Juden Kenntnis hatte und diesen wohl
gebilligt hat, macht die Palästinenser nicht zu Mitschuldigen daran.
Ganz abgesehen davon, das
er kein demokratisch legitimierter Vertreter der Palästinenser war, hatte er
keinerlei Funktion innerhalb der Kausalketten der verschiedenen
Holocaust-Aktionen. Weder hat er sie initiiert, noch hat er an der
Judenvernichtung Teil genommen.
Überhaupt sind seine
Aktivitäten eher unter dem Gesichtspunkt einer stupiden Politmechanik vom Typ
"Der Feind meines Feindes ist mein Freund" (wie sie in anderen
Zusammenhängen auch die USA zu ihrem eigenen Schaden in Afghanistan praktiziert
haben) zu verstehen, denn als Bewunderung für die Nazis.
Die dürften auch die
Palästinenser als 'rassisch minderwertig angesehen' haben, so dass es einen
ideologischen Gleichklang oder eine echte Freundschaft ohnehin nicht geben
konnte.
Zu erinnern ist in diesem
Zusammenhang auch an die zeitliche Reihenfolge der (sehr viel früher
begonnenen) Aktivitäten zur Staatsgründung und des späteren Holocaust.
Sicherlich mag das weltweite Erschrecken über den Holocaust das Entstehen
Israels als Staat begünstigt haben, und vermutlich gibt es einen
Kausalzusammenhang zwischen europäischem Antisemitismus und dem zionistischen
Bestreben nach einem Judenstaat. Jedoch kann, was sich ex post als klug (für
die ausgewanderten Juden) erwiesen hat, nicht ex ante (und gegenüber den Palästinensern ebenso wenig ex post) moralisch
gerechtfertigt werden. Die jüdische Einwanderung mit der Absicht einer
Staatsgründung war, unabhängig davon, ob sich die einzelnen Aktivisten dies
bewusst gemacht haben oder nicht (und erst recht natürlich unabhängig davon, ob
sie das ausgesprochen haben oder nicht) auf die Unterdrückung oder Verdrängung
der ansässigen Bevölkerung zumindest in einem Teil des Territoriums angelegt.
Das war den Palästinensern
klar, ebenso den Briten und erst recht den jüdischen Terrororganisationen,
welche schon vor der Gründung des Staates Israel gegen die Palästinenser (und
gegen die Briten) gekämpft haben. Was dort geschehen ist, das
"Einsickern" der Zionisten in Palästina mit dem (individuell nicht in
jedem Falle notwendiger Weise bewussten) Ziel einer Staatsgründung (die nur zu Lasten
der Palästinenser gehen konnte), werte ich als eine Form nicht-kriegerischer Aggression[23] (die
später dann, soweit die Palästinenser gewaltsam vertrieben wurden, auch einen
kriegerischen Charakter angenommen haben mag).[24]
Meine Darstellung könnte
den Eindruck erwecken, dass ich das Existenzrecht Israels bestreite. Dazu (auch
wenn es mir wenig nützen wird) im Interesse der Vollständigkeit zwei
Anmerkungen:
1) Meine Perspektive ist
weder die eines Israel-Gegners (oder gar Antisemiten), noch die eines Israel-Freundes
(oder Philosemiten), sondern die eines Außenstehenden, dessen Staat aber jederzeit
in den Nahost-Konflikt verwickelt werden kann. Von dieser Warte aus versuche
ich, die Dinge auch aus einem Blickwinkel zu betrachten, wie er sich nach
meiner Vermutung für die Palästinenser darstellt, wie sie aber auch nach dem im
derzeitigen Diskurs herrschenden Verständnis von Moral und Völkerrecht
folgerichtig betrachtet werden müssen.[25]
Wer nicht bereit ist, auch
diese Perspektive zu sehen, wird die Problemdimension nicht verstehen und kaum
zu einer Lösung beitragen können. Nur eine radikale intellektuelle Redlichkeit
kann uns einerseits Unabhängigkeit von den Einflüsterungen und Zumutungen
beider Streitparteien sowie Rückhalt und Kraft für die durchzuhaltende Behauptung
eines eigenen Standpunktes geben. Und nur sie kann uns andererseits zu
kreativen Lösungen inspirieren und unserem Wollen, wenn schon nicht das
Wohlwollen der Parteien, dann doch zumindest deren Respekt gewinnen.[26]
2) Die andere Seite ist,
dass durch eine (ich sage mal möglichst vage:) "Aufhebung" des
Staates Israel neues Unrecht in die Welt gesetzt würde. Es hilft ja nichts, den
Palästinensern zu dem zu verhelfen, was sie zweifellos als ihr Recht ansehen:
Rückkehr der Flüchtlinge im günstigsten, ein Palästina ohne Juden im
schlimmsten Falle. Nichts davon bringt das moralische Kalkül wieder ins Lot,
und wäre deshalb auch nicht akzeptabel.
Mearsheimer-Walt sprechen
die Vor-Gründungsphase Israels zwar an:
"The
Arab inhabitants did resist the Zionists’ encroachments, which is hardly surprising given that the Zionists were trying to
create their own state on Arab lands. The Zionists responded vigorously,
and neither side owns the moral high ground during this period" (S. 11/12,
Hervorhebung von mir). Aber weit umfangreicher
reflektieren sie die moralische Dimension späterer, eher sekundärer Ereignisse:
Man fragt sich, aus welchem Grund Mearsheimer und Walt diese "Fundamentaldimension" des Nahost-Konfliktes nicht in ihrer vollen Schärfe darstellen und statt dessen die moralische Position Israels anhand von sekundären Ereignissen, bei denen die Bewertung, und teilweise sogar die Faktizität, umstritten ist, zu relativieren versuchen.
Insoweit sind -3- Alternativen denkbar:
- Entweder M-W versprechen sich davon eine größere Wirkung beim Publikum. Gebrochene Palästinenserknochen sind halt für das Medienpublikum sehr viel konkreter als (peu a peu) weggenommenes Land.
- Oder sie vermeiden es bewusst, die Entstehung des Staates Israel in den Phasen vor der Staatsgründung als moralisch problematisch zu thematisieren, weil sie in diesem Falle natürlich noch sehr viel stärker, als es ohnehin der Fall ist, erwarten müssten, des Antisemitismus verdächtigt zu werden.
- Obwohl M-W zweifellos ihren Machiavell und hoffentlich auch die Tagebücher von Galeazzo Ciano gelesen haben, halte ich sie dennoch nicht für hinreichend zynisch, um eine der beiden vorgenannten Strategien zu verfolgen. Dies schon deshalb nicht, weil sie Professoren geworden sind, also für die Politik (und deren gelegentlich unvermeidlichen Zynismus) wohl eher weniger geeignet. Ich gehe deshalb von der dritten möglichen Variante aus, dass nämlich M-W die moralischen Schwerpunkte genau in jenen Vorkommnissen sehen, mit denen sie ihre negative Bewertung bzw. Relativierung der israelischen Seite begründen.
Allerdings werden auf
dieser Ebene die Fakten, und mehr noch deren Bewertung (also insbesondere die
Frage, inwieweit Israel als rechtsverletzender Aggressor oder in legitimer
Selbstverteidigung handelt) wohl immer umstritten bleiben. Wer sich darauf
einlässt, die Auseinandersetzung um die moralische Wertigkeit der israelischen
im Vergleich zur palästinensischen Position auf dieser lediglich abgeleiteten
Ebene zu führen, riskiert, dass sein Standpunkt in den Augen einer wenig
informierten und nicht sonderlich interessierten Öffentlichkeit im Laufe der
Diskussion unklar oder gar fragwürdig erscheint. Die Gefahr ist groß, dass man
der Lobby Munition für ihre Nebelwerfer liefert, zumal man mit Schilderungen
und Bewertungen von Terror und Gegenterror (oder "legitimer Gegenwehr"??)
in Israel und den von Israel besetzten Gebieten während der letzten 40 Jahre
wahrscheinlich ganze Bibliotheken füllen kann.
Nur wer den Mut hat, die
Erb- oder Ursünde, die "original sins" oder die "original
injustice" Israels, nämlich den Palästinensern ihr Land weggenommen zu
haben, mit der gleichen bewundernswerten intellektuellen und moralischen
Radikalität zu beschreiben[27], wie
das einige amerikanische Juden, die aus ethischen Gründen in Opposition zum
Zionismus stehen, auf der Webseite "ifamericansknew" tun[28]
("The Origin of the Palestine-Israel Conflict"),
gewinnt eine unzweideutige und kaum angreifbare Position in der ethischen
Dimension der Debatte.
Es erscheint sinnvoll,
diese Frage mit einer Betrachtung der israelischen Siedlungspolitik zu verbinden.
Jedenfalls nach meinem Eindruck als oberflächlicher Zeitungsleser haben die
Israelis, während über "Frieden" geredet wurde, durchgängig fleißig
jüdische Siedlungen im Westjordanland gebaut.[29]
Ami Isseroff,
ein Israeli und Zionist (aber kein Hardliner, wie ich sie hier mit dem
gelegentlich verwendeten Begriff "zionistische Lobby" zu erfassen
suche), behandelt in seinem Aufsatz "Don’t Just Stand There"
auf der Webseite MidEastWeb unter "some basic preconditions for meaningful negotiations"
u. a. auch die Frage der Siedlungen, und zwar wie folgt:
"Discouraging Settlements and Settler
Ideology - Settlements and settler ideology are injurious to peace and to Israeli
society. The
Mearsheimer-Walt führen zum
Thema Friedensprozess (bzw. zur Frage der israelischen Bereitschaft, den Palästinensern
"Land gegen Frieden" zu gewähren) u. a. aus:
"... even Prime Minister Yitzhak Rabin,
who signed the 1993
In der zugehörigen
Schlussnote 40 (S. 52 oben) informieren M-W die Leser, dass
"Barak himself said after Camp David that
'the Palestinians were promised a continuous piece of sovereign territory
except for a razor-thin Israeli wedge running from Jerusalem through from Maale
Adumim to the Jordan River,' which effectively would have been under Israel’s
control."
Umfassende
Informationen über die verschiedenen Friedensverhandlungen bringt die (englischsprachige)
Wikipedia (die deutschsprachige zum Teil auch). Eine Link-Übersicht enthält der
Eintrag "List
of Middle East peace proposals". Eine zusammenfassende
Darstellung bietet das Stichwort "Peace
process in the Israeli-Palestinian conflict".
Außerdem
gibt es noch zwei Artikel über die Bewertung des Friedensprozesses durch die
beiden Seiten: "Palestinian
views of the peace process" und früher "Israeli views of the peace process", wobei der letztere Link
aber zu dem Stichwort: "International
law and the Arab-Israeli conflict" führt (08/2006).
Die
Einzelheiten, was Israel bei den Verhandlungen in Camp David
im Jahre 2000 (und bei deren späterer Fortsetzung in Taba)
angeboten hat oder nicht, sind umstritten. Fraglich scheint auch, ob Arafat
abschlussbereit gewesen wäre, wenn die Israelis das angeboten hätten, was in
der öffentlichen Meinung zumindest in Europa und vielleicht auch in den USA
wohl als Maximum der Kompromissbereitschaft von Israel verlangt und als Maximum
des für die Palästinenser Erreichbaren und legitimer Weise Anzustrebenden
angesehen wird, nämlich die Rückkehr zu den Grenzen von 1967. Eine
Wiedereingliederung der Masse der palästinensischen Flüchtlinge[30] in Israel wird – aus guten
praktischen Gründen, selbst von israelischen "Tauben" ausgeschlossen[31] (wenn auch vielleicht nicht von
allen – da habe ich keinen Überblick).
Wünschenswert
wäre es gewesen, wenn Israel seine Angebote an die Palästinenser öffentlich auf
den Tisch gelegt hätte; oder wenn zumindest die US-Regierung bei diesen
Verhandlungen die Bereitschaft der Palästinenser ausgelotet hätte, die Grenzen
von 1967 – evtl. mit Ausnahme Jerusalems – und eine pragmatische Lösung des
Flüchtlingsproblems zu akzeptieren. Man hat den Eindruck, dass die USA das
unterlassen haben, weil sie tendenziell eher auf der israelischen Seite
standen.
Besonders
misstrauisch hinsichtlich der israelischen Friedensbereitschaft stimmt mich die
Tatsache, dass Israel äußerst reserviert auf einen Vorstoß der arabischen
Staaten im Jahre 2002 reagiert hat.
In
dem Wikipedia Eintrag zum "Beirut Summit" liest man dazu mit
Verwunderung (21.08.06):
"The
The
proposal, from
-
withdraw from all territories occupied since the
1967 Arab-Israeli war,
-
provide a just solution to the Palestinian
refugee problem, and
-
recognize the establishment of a sovereign and
independent Palestinian state in the West Bank and
then
the Arab countries would in turn recognize
In
response, Israeli Foreign Minister Shimon Peres welcomed it and said: "...
the details of every peace plan must be discussed directly between Israel and
the Palestinians, and to make this possible, the Palestinian Authority must put
an end to terror, the horrifying expression of which we witnessed just last
night in Netanya," referring to Netanya suicide attack perpetrated on
previous evening which the Beirut Summit has failed to address."
Auch
wenn in einem Klima des Terrors Friedensvorschläge innenpolitisch nicht einfach
zu "verkaufen" sein mögen, finde ich es ungeheuerlich, dass Israel
die Araber derart vor den Kopf gestoßen hat. Denn trotz des "welcomed it" muss die Reaktion
(vorausgesetzt, die Wikipedia-Darstellung ist zutreffend) auf die arabischen
Politiker, die es ihrerseits sicherlich nicht leicht hatten diese Vorschläge
innenpolitisch zu vertreten und die sich insoweit m. E. "weit aus dem
Fenster gelehnt" haben, den Arabern als eine empfindliche Brüskierung
erschienen sein. Diese israelische Reaktion ist um so befremdlicher, als es
ohne die anderen arabischen Staaten keinen Frieden geben kann. Einen großen
Teil der Palästina-Flüchtlinge[32] müssten nämlich die arabischen
Länder dauerhaft aufnehmen. Leider ist aus dem Wikipedia-Text nicht erkennbar,
wie Washington den Beiruter Gipfel kommentiert und ob es Israel zu einer
konzilianteren Haltung gedrängt hat. Aber selbst wenn, kann der Druck auf
Israel nicht sonderlich groß gewesen sein.
In einem Brief der US-Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ vom 27.12.2005 an Präsident Bush u. d. T.: „Israel: Expanding Settlements
in the Occupied Palestinian Territories" werden
u. a. einige Fakten über die aktuelle israelische Siedlungspolitik im
Westjordanland präsentiert, die mir jedenfalls nicht bekannt waren[33].
Auf der Webseite der Washingtoner "MERIP" (Middle East Research and Information Project, ein tendenziell wohl eher Palästinenser-freundliches Institut) gibt es einen "Primer", eine Basisinformation, u. d. T. "What Are Settlements?". Bemerkenswert aus den dort präsentierten Infos war für mich, dass nicht nur die rechten, sondern auch die linken Regierungen in Israel den Bau von Siedlungen im Westjordanland vorangetrieben haben, und dass "Under the Labor administration of Yitzhak Rabin, settlements grew at a rate unprecedented in Israel's occupation".
[Vgl. auch den MERIP-Aufsatz "Israeli Settlements
Illegal and Getting Worse" von Stephanie Koury, ursprünglich erschienen
im Topeka Capital-Journal (09/24/05), Northwest Arkansas Times (09/25/05) und
bei (was immer das sein mag:) Minuteman Media.]
Umfangreiche Informationen (zu umfangreich für mich; ich vermisse – oder
habe lediglich nicht gefunden? – eine zusammenfassende Darstellung) bietet die
Webseite der "Foundation for Middle East Peace".
Die Entwicklung der Einwohnerzahlen der Siedlungen findet man auch auf
der Webseite der "Jewish
Virtual Library".
In Israel gibt es eine Reihe von Gruppen, die (wenngleich offenbar eine deutliche Minderheit innerhalb der israelischen Bevölkerung) für substantielle Zugeständnisse Israels beim Erreichen einer friedlichen Lösung eintreten. Eine davon ist das "IPCRI"[34] ("Israel/Palestine Center for Research and Information"). Auf dessen Webseite kritisierte einer der beiden (jeweils paritätisch ein palästinensischer und ein israelischer) "Chief Executive Officer", nämlich der Israeli Gershon Baskin, in einem Aufsatz vom 01.11.2000 die israelische Siedlungspolitik u. d. T. "Negotiating the Settlements. The Success of Right-Wing Political Entrapment Against Peace". Über das (auch von M-W kritisierte) Angebot des israelischen Ministerpräsidenten Barak im Jahre 2000 in Camp David schreibt er:
"In Palestinian eyes, the Barak offer created not islands of
Israeli sovereignty but a series of at
least three Palestinian “sovereign cages”. There would be no real Palestinian
territorial contiguity. They would
not have control and sovereignty on main arteries of transportation." [Hervorhebung von mir]
Sein Aufsatz schließt
mit den Worten:
"The curse of the settlements will cost
Man kann allerdings die
Möglichkeit nicht gänzlich ausschließen, dass ausgerechnet die Siedlungspolitik,
welche wir als Friedenshindernis wahrnehmen, ein Katalysator für den Friedensprozess
wird. Indem die Israelis "Siedlungen gegen Frieden" aufgeben müssten,
hätten auch sie echte, für die Palästinenser sichtbare Opfer gebracht (wenn
auch aus einer Situation heraus, die sie selbst geschaffen haben). Ich glaube
zwar nicht, dass das die Intention der verschiedenen israelischen Regierungen
war, welche die Anlage jüdischer Siedlungen im Westjordanland geduldet oder
gefördert haben. Aus der Sicht der Siedler wäre es blanker Zynismus, wenn sie
sich wie disponible Schachfiguren für einen zukünftigen Frieden betrachten
müssten. Nicht, dass ich Politiker nicht jeden Grades von Zynismus für fähig
hielte; ich halte sie lediglich nicht für hinreichend weitsichtig, bzw. ihren
Planungshorizont nicht für hinreichend langfristig, um solche Konsequenzen in
ihre Überlegungen einzubeziehen. Aber unabhängig von dem, was die Akteure
gedacht und gewollt haben, könnten (in einer freilich innenpolitisch in Israel
nur schwer durchsetzbaren "Wende") die Siedlungen eines Tages als
nützliche Bauernopfer im Friedensspiel eingesetzt werden bzw. dienen.
Tatsächlich sehen auch die
Israelis selbst einen (freilich etwas anderen als den oben aufgezeigten) möglichen positiven Zusammenhang zwischen
Siedlungen und Friedensbereitschaft der Araber. Dazu ein Zitat aus der Webseite
der Jewish Virtual Library (die man wohl als repräsentativ für die israelische
Perspektive ansehen darf) über "Settlements":
"Settlement activity may be a stimulus to peace because it forced the
Palestinians and other Arabs to reconsider the view that time is on their side. References are frequently made in Arabic
writings to how long it took to expel the Crusaders and how it might take a similar length of time to do the same to the
Zionists. The growth in the Jewish population in the territories forced the Arabs
to question this tenet. 'The Palestinians now realize,' said Bethlehem Mayor
Elias Freij, 'that time is now on the side of
Freilich können solche Äußerungen ebenso gut bloß als clevere Rechtfertigungen der Siedlungspolitik vorgetragen worden sein. Dafür spricht der Umstand, dass eine Bereitschaft Israels, sich auf die Grenzen von 1967 zurück zu ziehen, , anscheinend selbst dann nicht vorhanden ist, wenn man Ost-Jerusalem ausnehmen würde. In dem zitierten Text "Facts About Settlements" der Jewish Virtual Library lesen wir nämlich auch, dass
"It is inconceivable that Israel would evacuate large cities such as
Ariel, with a population of more than 20,000, even after a peace agreement with the Palestinians ..."
und
"Those [settlements] closest to the 1967 border, and especially those surrounding Jerusalem, however, are generally regarded as justified on a variety of grounds and are likely to be incorporated within the ultimate boundary of Israel." [Hervorhebung von mir]
Die Meinung von Mearsheimer und Walt zur israelischen Siedlungspolitik drückt sich z. B. in einem Satz wie diesem aus:
There is a
moral dimension here as well. Thanks to
the Lobby, the United States has become the de facto enabler of Israeli
expansion in the occupied territories, making it complicit in the crimes
perpetrated against the Palestinians. (S. 41). [Hervorhebung von mir]
Auch wenn ich Zweifel daran
hege, dass die zionistische Lobby in den USA einen wesentlichen (direkten)
Anteil an dem Entschluss zur Besetzung des Irak gehabt hat: dass Israel seine
Kolonisierungspolitk im Westjordanland nicht ohne die massive politische und
finanzielle Unterstützung der USA durchführen könnte, halte ich für ausgemacht.
Und dass die verschiedenen US-Regierungen eine ausgewogenere Haltung einnehmen
würden, wenn nicht die Lobby auf diesen Aspekt der amerikanischen Nahostpolitik
einen starken Einfluss hätte, scheint mir gleichfalls sicher.[35]
Eine palästinensische
Stimme (von der Webseite "The Electronic Intifada") zu den jüdischen
Siedlungen im Westjordanland: "Violence, settlements and peace",
von Ali Abunimah, ursprünglich
erschienen in "The Chicago Tribune"
vom 06.06.2003, meint zur Siedlungspolitik u. a.:
"By defining a few of its smaller West Bank
and Gaza settlements as "unauthorized" according to Israeli law,
Israel hopes to distract attention from the major construction that is going
ahead, and convey the impression that the vast majority of the settlements are
somehow "legal" and therefore not a key issue."
Einen derartigen Eindruck
muss man in der Tat gewinnen, wenn man sich die Siedlungspolitik der
israelischen Regierungen jeglicher Couleur anschaut.
Ein deutscher Experte, Prof.
Dr. Udo Steinbach, Direktor des Deutschen Orient-Instituts (Hamburg),
erläutert in seinem Aufsatz "Die
islamische Welt und der internationale Terrorismus" (S. 28ff.
in dieser
pdf-Publikation der Evangelischen Akademie Tutzing aus dem Jahre 2004) die
Hintergründe des Islamistischen Terrors gegen den Westen. Auch er sieht, genau
wie John J. Mearsheimer und Stephen M. Walt in dem Nahost-Konflikt (bzw. ganz
spezifisch in der Intransigenz Israels und der unausgewogenen US-Politik) eine
wesentliche Ursache für die Konfrontation:
"Die fortgesetzte israelische Siedlungspolitik und Landnahme; die
anhaltenden Schikanen gegenüber der palästinensischen Bevölkerung und die Weigerung der internationalen Gemeinschaft
insgesamt, sich für eine »gerechte« Lösung mit Nachdruck einzusetzen, haben
weithin den Eindruck einer Verschwörung gegen »die Araber« hervorgerufen.
........
Die Fortsetzung der Besiedlung
in Palästina trotz eines »Friedensprozesses«,
die unausgesetzten Schikanen der israelischen Militärs in den besetzten
Gebieten sowie schließlich die von arabischen Sendern weitesthin verbreiteten
Bilder der brutalen israelischen Antwort auf die Terrorattentate haben die
Stimmung verschärft. .....
Die
Widersprüche amerikanischer Politik -
nicht zuletzt in Palästina - und der Aufmarsch zur Absetzung des
diktatorischen Regimes in Bagdad, das bei aller Brutalität mit dem Terror von
al-Qa‘ida nicht in Verbindung gebracht werden konnte, haben in weitesten Teilen
der islamischen Welt die Wahrnehmung genährt, es gehe um etwas anderes als den
Kampf gegen den Terror. Nicht zuletzt angesichts der Unwilligkeit des
amerikanischen Präsidenten, der israelischen Besatzungsarmee in Palästina in
den Arm zu fallen, sind die Stimmen derer lauter geworden, die in der
amerikanischen Agenda einen »Kampf gegen den Islam« sehen." [36]
[Hervorhebungen von mir]
"One of the most difficult, if not impossible, tasks in the realm of
political or social sciences, which are anything but scientific, is to
logically demonstrate a point" schreibt Gilles d'Aymery in seiner
Buchbesprechung (Teil II vom 10.05.2004) des Aufsatzbandes "The Politics
Of Anti-Semitism", herausgegeben von Alexander Cockburn & Jeffrey St.
Clair (2003).
Recht hat er; aber wenn man sich mit dieser Einsicht zufrieden gibt, und die Hände in den Schoß legt, hat natürlich die Lobby gänzlich freies Feld.
Zunächst einmal ist es in gewisser Hinsicht irreführend, wenn man die verschiedenen Einflussnahmen von Partikularinteressen ("special interest groups") auf die Politik ohne weitere Unterscheidung einfach unter dem Begriff "Lobby" subsummiert. Für den vorliegenden Zusammenhang zeigt sich, dass mindestens -2- Arten von "Lobby" unterschieden werden müssen, nämlich
- Eine (mehr oder weniger) rein professionelle (meist auf die Förderung wirtschaftlicher Interessen gerichtete) Lobby, die (im Großen und Ganzen) nur von den finanziellen Mitteln der dahinter stehenden Interessen lebt, einerseits (Beispiele: Öl-Lobby, Pharma-Lobby, Lobby der Kriegswaffenproduzenten usw.). Der Vorteil dieser Art Lobby im politischen Spiel ist, dass sie sich weitgehend auf das Wirken in den Hinterzimmern der Macht beschränken kann[38]. Wenn also die Öl-Firmen eine Irak-Invasion wollen, werden sie keine Anzeigen- und Kommentarkampagnen dafür fahren, sondern die Entscheidungsträger im stillen Kämmerlein beknien. Dieser 'Vorteil' ist zugleich aber auch eine Schwäche: in aller Regel kann diese Art von Lobby keine Demonstranten und Wähler mobilisieren, und nicht einmal Arbeitnehmer von Waffenfabriken würden z. B. für den Irak-Krieg demonstrieren.
- Der 'Profilobby' steht andererseits jene Art von Lobby gegenüber, die auch ohne "Lobby" im engeren Sinne existieren würde: Schusswaffenfreunde (NRA – National Rifle Association), Rentner (AARP - American Association of Retired Persons) usw. Selbst wenn die in diesen Zusammenhängen von der Gesetzgebung betroffenen Personen keine organisierte Lobby in Washington hätten, würden viele davon bei einer Wahlentscheidung oder bei Zuwendungen an Politiker natürlich darauf achten, was diese in der Vergangenheit für ihre Interessen getan haben und was sie ihnen für die Zukunft versprechen. Faute de mieux[39] setze ich hierfür mal den Begriff 'Massenlobby' ein. Diese Art von Lobby muss natürlich ihre Ziele öffentlich machen und in der Öffentlichkeit offensiv vertreten.
Partikularinteressen, die im Prinzip auch ohne eine "Lobby" i. e. S. vorstellbar (aber mit einer solchen natürlich politisch erheblich schlagkräftiger) sind, dürften in aller Regel weitaus wirkungsmächtiger sein als rein professionelle Lobbys. Es ist deshalb schon vom Grundsätzlichen wenig überzeugend, wenn verschiedentlich in der Argumentation gegen Mearsheimer und Walt der Eindruck erweckt wird, als ob die Öl-Lobby oder die Lobby der Kriegswaffenproduzenten von ihren Wirkmöglichkeiten her ohne weiteres mit der zionistischen Lobby vergleichbar oder wegen des größeren Einsatzes an finanziellen Mitteln überlegen sei. Das heißt zwar nicht, dass z. B. die Entscheidung für den Irak-Krieg auf Drängen der zionistischen Lobby und nicht etwa wegen der Öl-Interessen erfolgt sein muss. Es bedeutet aber z. B., dass das bloße Vorhandensein einer Öl-Lobby und die Tatsache, dass es im Irak große Erdölfelder gibt, noch lange kein Beweis für die Dominanz der Ölinteressen bei der Kriegsentscheidung ist. Oder anders gesagt: der rein abstrakte Hinweis auf die Existenz und die möglicher Weise gleich gerichteten Interessen anderer Lobbys an einer bestimmten Politik ist kein Beweis dafür, dass diese anderen Lobbygruppen, und nicht die zionistische Lobby (zusammen mit Neocons und christlichen Zionisten), eine bestimmte politische Maßnahme herbei geführt hat.
Im übrigen muss man, immer noch im Rahmen einer ganz allgemeinen logischen Übersicht der denkbaren Wirkzusammenhänge zwischen Lobbys und Politik, die Möglichkeit eines Zusammenwirkens verschiedener Interessen und verschiedener Lobbys zu einem bestimmten Ergebnis im Auge behalten. Dieses Zusammenwirken kann gleichgerichtet sein; theoretisch kann aber ein bestimmtes Ergebnis auch die Resultierende von "Vektorkräften" sein, die in verschiedene Richtungen arbeiten.
Für den vorliegenden
Zusammenhang erscheint es mir zweckmäßig, mindestens -3- Dimensionen bei der
Beurteilung der zionistischen Lobby (bzw. bei Ziff. 1 + 2 auch der anderen
Lobbys) zu unterscheiden, nämlich
1) eine (wie auch immer zu
bestimmende) "objektive" Stärke.
Zur objektiven Stärke der
Lobby liefern M-W eine besonders gelungene gewissermaßen ‚polit-mathematische’
Beschreibung der Entscheidungsprozesse in einer Demokratie in dem Passus:
„The
2) Die Einschätzung der
Lobbywirkung durch diese selbst bzw. deren Eigendarstellung sowie schließlich,
nur für den vorliegenden Zusammenhang,
3) die Frage, wieso (nicht
nur!) M-W die Macht der zionistischen Lobby als bestimmenden Faktor in der US-Nah-
und Mittelost-Außenpolitik wahrgenommen haben. (Dieser Punkt vor dem
Hintergrund von tatsächlichen und/oder denkbaren Einwänden, dass die Lobby gar
nicht existiert, oder dass sie nicht so wirkungsstark sei wie angenommen, oder
nicht den Irak-Krieg usw. propagiert habe.)
Allerdings
werden zur Macht der Lobby nicht nur von dieser selbst auch gegenteilige
Meinungen geäußert. Ein Beispiel ist der Aufsatz von Stephen è Zunes, "The Israel Lobby:
How Powerful is it Really?“ in der Zeitschrift "Foreign Policy in Focus" vom
16.05.2006. Zunes trägt dort eine Reihe von Gründen vor, die gegen die Annahme
einer derart starken Rolle der Lobby sprechen, wie sie M-W unterstellen.
Als
Außenstehender und ohne eine tiefe Kenntnis der Entscheidungsprozesse und
Einflussmöglichkeiten in der US-Politik kann ich die Zusammenhänge nicht im
Detail analysieren und bewerten. Indes muss man, nach dem Grundsatz "Wo
Rauch ist, ist auch Feuer", beispielsweise aus der relativen
Gleichgültigkeit der US-Politik gegenüber massiven israelischen
Menschenrechtsverletzungen und gegenüber der eindeutig völkerrechtswidrigen und
provokativen israelischen Siedlungspolitik im Westjordanland den Schluss
ziehen, dass diese an sich unverständliche Passivität, welche die
Glaubwürdigkeit der amerikanischen Außenpolitik (nicht nur) in den Augen der
arabischen Welt erheblich beeinträchtigt, dem erfolgreichen innenpolitischen
Wirken der zionistischen Lobby zu verdanken ist.
Logisch schlüssig attackiert ein gewisser Hussein Ibish, anscheinend ein Amerikaner arabischen Ursprungs, u. d. T. "Is Arab-American irrelevance our goal?" (der Artikel ist unten in diesem Blog wiedergegeben, weil er an seinem ursprünglichen Erscheinungsort nur für Abonnenten zugänglich ist) den Widerspruch zwischen der eigenen Einschätzung der zionistischen Lobby bezüglich ihrer Effektivität und ihrer nunmehr gegen M-W ins Feld geführten angeblichen relativen Wirkungslosigkeit:
"The preposterous argument offered by some
pro-Israel commentators is that hundreds of millions of dollars, innumerable
man-hours and relentless organizing at every level of society, over many
decades, has had no significant role in producing the staunchly Israel-centric
American policies of recent years - allegedly no more than natural expressions
of Americans' love of
If this were true, then the American Israel Public
Affairs Committee (AIPAC) is not a great political force but a remarkable fraud and confidence trick:
millions of unsuspecting Jewish Americans and their friends have been bilked by
unscrupulous grifters continuously begging for money on the false pretense that
it is needed to consolidate the U.S.-Israel relationship. Call
the cops!"
[40]
[Hervorhebungen
von mir]
Bindungen an -2-
"Vaterländer" zu haben, ist für sich genommen nichts Verwerfliches.
Durchaus vorstellbar ist, dass gerade dieses Bewusstsein der unterschiedlichen
Wurzeln im Gegenteil eine Bereicherung für die amerikanische Kultur darstellt.
Es ist z. B. auch in keiner Weise verwerflich, wenn etwa die Kurden hier bei
uns versuchen, Deutschland auf ihre Seite zu ziehen und zu Schritten gegen die
Unterdrückung ihrer Volksgruppe in der Türkei zu bewegen. Erst dann, wenn
Bürger kurdischer Abstammung eine massive Schädigung vitaler deutscher Interessen
durch solche Maßnahmen wissentlich herbeiführen oder billigend in Kauf nehmen
würden, wäre eine Grenze erreicht und überschritten, wo man über Verbote usw.
nachdenken müsste. Eine bewusste Agitation gegen die US-Interessen wird jedoch
von Mearsheimer und Walt nicht einmal dem jüdischen Teil der Pro-Israel-Lobby
unterstellt, und den Neo-Konservativen und christlichen Zionisten natürlich
erst Recht nicht.[41] Aber das versuchen die Gegner
von M-W natürlich in einem anderen Licht erscheinen zu lassen.
Dabei war die Diskussion um
die Lobby und um mögliche gespaltene Loyalitäten bereits lange vor der Studie
von M-W aufgeflackert. Schon z. B. in der Ausgabe vom 03.09.2004 des
Newsletters "CounterPunch"
hatte Stephen Green u. d. T. "Serving Two Flags.
The Bush Neo-Cons and Israel" die Bindungen einer Reihe von Personen,
welche auch von M-W "der Lobby" zugerechnet werden (Dougls Feith,
Michael Ledeen, Richard Perle, Paul Wolfowitz), zu Israel untersucht. Er schließt seine Ausführungen wie folgt:
"Many
individuals with strong attachments to foreign countries have served the
Diese
objektiv zu bestimmen, ist natürlich eines der Kernprobleme bei der Bewertung
des Wirkens der Lobby. Die weitere Frage ist dann allerdings, wie die
US-Regierung die Interessenlage beurteilt und welche politischen und militärischen
Maßnahmen welchem konkreten Interessenverständnis der Regierung entspringen
bzw. schlüssig zugeordnet werden können.
Eindeutig
objektiv erkennbar ist das Interesse an einer dauerhaften Ölversorgung zu
möglichst günstigen Preisen.[43] Daraus folgt allerdings nicht
zwingend, dass z. B. der Einmarsch in den Irak unmittelbar der Sicherung der
dortigen Ölquellen für die US-Versorgung dienen sollten.
Und
erst recht kann man sich über eine mehr globale Lagebeurteilung trefflich
streiten, insbesondere was den Zeithorizont und die Kausalitäten angeht: hält
Israel die arabischen Staaten als regionaler Wachhund der USA im Zaum – oder
reizt es die Araber dermaßen auf, dass die Amerikaner als Nibelungenbrüder der
Israelis wahrgenommen und entsprechend tief in den Konflikt hineingerissen
werden? Und welche Funktion hat Israel ggf. aus der Sicht der Entscheider in
der US-Regierung für die Wahrung bzw. Durchsetzung amerikanischer Interessen im
Nahen Osten?
Überhaupt
steht schon am Anfang der Analyse die Frage, wie die Fragestellung (wenn man
von einer Nicht-Übereinstimmung der 'wahren' amerikanischen Interessen mit den
von der israelischen Regierung formulierten israelischen Interessen[44] ausgeht) überhaupt richtig
anzupacken ist: handeln die USA aus lauterer Liebe zu Israel oder hat die Lobby
die politischen Kompassnadeln der US-Regierung (und der amerikanischen
Öffentlichkeit) in eine falsche Richtung umgepolt, so dass die Interessen
Israels (d. h. in der Form, wie sie von der israelischen Regierung verstanden
werden) fälschlich als eigene Interessen wahrgenommen werden?
Mir
scheint, dass Mearsheimer und Walt eher von letzterem Szenario ausgehen. Dieses
lässt übrigens durchaus die Möglichkeit offen, dass die Lobby oder Teile davon
"bona fide" handeln mögen, wenn sie die Interessen Israels mit denen
der USA – weitgehend – gleich setzen. Die Lobby oder viele oder die meisten
oder fast alle oder – denkmöglich – sogar alle 'Mitglieder' (auf jeden Fall
aber – aus unterschiedlichen Gründen - die Neokonservativen und die
christlichen Zionisten) mögen davon ausgehen, dass es im Interesse der USA
liegt, die expansionistische Politik Israels nicht zu bremsen und im Ergebnis
finanziell und politisch sogar zu unterstützen. Das entlastet sie subjektiv von
einem denkbaren (von M-W aber gar nicht erhobenen!) Vorwurf des "Vaterlandsverrats".
Objektiv ändert es natürlich nichts daran, dass alle jene, welche Amerikas
Interessenlage anders sehen, berechtigt sind, "die Lobby" zu
bekämpfen.
Es waren nicht Mearsheimer und Walt,
welche die Debatte darüber losgetreten haben, ob und ggf. in welchem Umfang der
Einmarsch in den Irak (auch) durch israelische Interessen(vertretungen)
ausgelöst wurde.[46] Bei M-W bekommt sie
jedoch ein besonderes Gewicht und nimmt einen ziemlich breiten Raum ein:
"Pressure from
Der Abschnitt
über die Vorgeschichte des Irak-Krieges schließt mit den Worten
"... there is little doubt that
Diese äußerst
sorgfältige Wortwahl von M-W sollte beachten, wer wirklich am Inhalt und Sinn
der Studie der Professoren Mearsheimer und Walt interessiert ist. M-W sagen
nicht, dass "Israel [oder die Lobby] die USA in den Irak-Krieg
getrieben" hat. Ebenso wenig behaupten sie, dass die Lobby der allein
bestimmende Faktor für den Entschluss zur Irak-Invasion war. Sie behaupten
nicht einmal, dass die Lobby "the" critical element in diesem Prozess
gewesen sei, sondern bezeichnen sie als "a" critical element.
Wenn man
gelesen hat, wie zionistische Hardliner sich (in anderen Zusammenhängen) am
Vorhandensein oder Fehlen des bestimmten Artikels hochziehen[47], wundert man sich (oder auch nicht), dass einige gegnerische Exegeten
der Studie von M-W jenen Behauptungen unterschieben, die sie gar nicht
aufgestellt haben (vgl. z. B. . Prof. Alan è Dershowitz).
Kehren wir
indes zu den Formulierungen von Mearsheimer und Walt zurück. Die stellen auf
das Entscheidende ab, und das ist nicht die (ohnehin – zumindest derzeit –
nicht zu beantwortende) Frage, ob "(in erster Linie) die Lobby die USA in
den Krieg getrieben hat", sondern:
"Wären die
USA ohne das Wirken der Lobby in den Irak einmarschiert?"
Eine solche
Formulierung lässt, wie es bei einer um Präzision bemühten Aussage auf diesem
Feld auch nicht anders sein kann, eine große Bandbreite von Möglichkeiten
offen. Die zionistische Lobby könnte also (wenn denn der Anteil als
quantifizierbar gedacht wird) mit 5% oder mit 95% für die Invasionsentscheidung
verantwortlich angesehen werden.
Nicht übersehen
werden darf auch die klare Aussage von M-W (die damit auch eine Grenze der
Lobby-Macht aufzeigen), dass erst durch den Anschlag
der Al-Qaida, also der Anhänger von Osama Bin Laden, auf
das World Trade Center ("Twin Towers") in New York vom 11.09.2001[48] die politischen Voraussetzungen für den Irak-Krieg geschaffen
wurden ("As important as the
neoconservatives were for making the Iraq war happen, they needed help to
achieve their aim. That help arrived with 9/11.
Specifically, the events of that fateful day led Bush and Cheney to reverse
course and become strong proponents of a preventive war to topple Saddam" – S. 32). [49]
Mit der These von
Mearsheimer und Walt, dass "the war
was motivated in good part by a desire to make Israel more secure" (S.
30), habe ich (im Ergebnis genau wie Stephen èZunes, wenn
auch nicht unbedingt aus den gleichen Gründen) allerdings ganz erhebliche
Probleme. So weit geht die Liebe der US-Regierung und der US-Abgeordneten zu
Israel wohl doch nicht, dass die ihr eigenes Land in einen äußerst
kostspieligen und im Ausland wie auch (damals zwar noch nicht, aber doch schon
damals vorhersehbar zunehmend in der Zukunft) im Innern unpopulären Krieg
stürzen, nur um Israel sicher zu machen.
Ganz unstreitig
(vermutlich auch bei M-W) dürfte, was die Irak-Invasion der USA angeht, die
Feststellung sein, dass es – Israel und zionistische Lobby hin oder her -
keinen amerikanischen Einmarsch in den Irak gegeben hätte, wenn es in jener
Gegend kein Öl gäbe.
Ebenso hätte es
1991 keinen Golfkrieg
("2. Golfkrieg") gegeben, wenn Kuwait nur ein Stück Wüste wäre.
Die Operation
"Desert Storm"
zur Befreiung Kuwaits im Jahre 1991 war allerdings, im Unterschied zum Irak-Krieg (auch als
3. Golfkrieg bezeichnet) ein "sauberer" Krieg. An dieser Stelle
verwende ich freilich den Begriff "sauber" nicht im moralischen,
sondern im Sinne von "sauber" erkennbaren Ursachen.[50] Insoweit kann man natürlich auch den 2. Weltkrieg als einen
"sauberen" Krieg bezeichnen: man weiß, wer ihn angefangen hat, und
worum es diesem ging. Schon vom ersten Weltkrieg gilt das nicht: dessen
Ursachen sind (von den vordergründigen Ereignissen, die unmittelbar zum Krieg
geführt haben, abgesehen) sehr viel unklarer und werden entsprechend kontrovers
diskutiert.
Wir müssen uns wohl von der
schlichten Vorstellung verabschieden, dass man Kriegsgründe immer nach dem
sauberen Whodunit-Muster des 2. Weltkriegs erklären kann. Bevor ich von der
Studie von Mearsheimer und Walt erfuhr, und mich nun mit deren Echo in der
öffentlichen Meinung (soweit sie im Internet Spuren hinterlassen hat)
auseinandersetze, hatte ich mich ziemlich tief in die Kriegsursachenfrage für
die US-Invasion in Panama im Dezember 1989 eingelesen.[51]
Die Invasion in Panama hatte den hübschen Namen „Operation Just Cause“. Daraus
haben Spötter in der Regierungsverwaltung eine „Operation just because“ gemacht, einen „Warum-Darum-Krieg“, wie
man übersetzen könnte, oder eine Umzuwas-Intervention. Im Falle Panamas teile
ich die Meinung von Peter M. Sanchez („The End of Hegemony?),
dass es im Grunde („nur“) um eine Machtdemonstration ging. Der panamesische
Machthaber Manuel Noriega hatte den Konflikt mit den USA (gegen die er
eigentlich gar nichts hatte) innenpolitisch instrumentalisiert, um seine
schwache und ständig abbröckelnde Machtbasis so gut wie möglich zu sichern. Das
konnten die USA, zumal in Panama, nicht hinnehmen.
Und ebenso dürfte es bei Saddam
Hussein u. a. dessen „defiance“ (= "Missachtung,
Trotz": ein schon für sich bezeichnender Begriff, weil er das
Verhalten der anderen bereits auf der Basis eines Machtgefälles definiert)
gewesen sein, welche die USA nicht länger hinnehmen zu können glaubten.[52]
Allerdings hatte ich – wie wohl die meisten anderen Beobachter – den Eindruck,
dass es bei dem Irak-Krieg (auch dem jetzigen) in allererster Linie um Öl ging
(was nicht heißen muss, dass die Lobby der Ölkonzerne für den Einmarsch gewirkt
hat!)[53].
Trotzdem sollte man die Möglichkeit (zumindest: des Mitwirkens) des scheinbar
"irrationalen" Kriegsgrundes, einfach mal wieder zeigen zu wollen
(und als Weltmacht wohl auch gelegentlich zeigen zu müssen), wer der 'Herr im
Hause' ist, nicht unterschätzen. Ein Hegemon muss zwangsläufig Probleme allein
mit der Tatsache als solcher haben, dass er von einem Diktator wie Saddam
Hussein auf Dauer „vorgeführt“ wird.[54]
Die Feststellung der wirklichen
Kriegsursachen ist also schwierig oder gar unmöglich. Ich vermute, dass der
Irak-Krieg (wie seinerzeit der Panama-Krieg) ebenfalls ein 'Vektorkrieg' mit
mehreren Ursachen ist. Die Darstellung von Mearsheimer und Walt erscheint
immerhin insoweit schlüssig, dass die zionistische Lobby in den USA den Krieg wollte. Legitim ist es dann aber auch,
das diesbezügliche Wirken der Lobby in einer wissenschaftlichen Studie
herauszuarbeiten. Ebenso ist es legitim, auf (mögliche) Interessengegensätze
zwischen den USA und Israel – im Irak-Krieg oder in anderen Zusammenhängen -
hinzuweisen. Ob der Anteil der zionistischen Lobby an der Kriegsentscheidung
nun 50% oder 10% betrug, ist gewiss ein wesentlicher Unterschied. Wenn aber
ohne diese 10% ein Krieg nicht ausgebrochen wäre, sind jene, die ein anderes
Verständnis der US-Interessen haben, sicherlich berechtigt, die Lobby schon für
diese 10% zu kritisieren.
Im übrigen dürfte es im Kontext
Israel / Israel-Lobby / Irak-Krieg sinnvoll sein, mindestens -4-
Fragestellungen zu unterscheiden und auszuformulieren:
1) Objektives Interesse Israels
an der Invasion?[55]
2) Hat sich die israelische
Regierung und/oder die zionistische Lobby in den USA für eine Invasion
eingesetzt oder nicht?
3) Wenn nicht: wieso ist bei
vielen (z. B. M-W) offenbar der gegenteilige Eindruck entstanden?
4) Wenn ja: welchen Anteil hatte
die Lobby (bzw. ggf. – auch – die israelische Regierung) an der Kriegsentscheidung
der USA?
Ich schätze Texte mit
Agitprop-Elementen nicht besonders, und leider glaubte offenbar Matt Siegfried (der
übrigens trotz seines deutschen Familiennamens ein US-Amerikaner ist) in seinem
Aufsatz "What's Behind the US War Moves on Iraq?" darauf
nicht verzichten zu können (vgl. z. B. ein Satz wie "The runways that launch American bombing sorties on Afghan wedding
parties and the prisoner camp in occupied Cuba are built by Halliburton.").
Ebenso wenig goutiere ich das Fahnenschwenken sozialistischer Gläubigkeit am
Schluss des Artikels. Aber Siegfrieds Analyse derjenigen Kräfte und Interessen,
die seinerzeit für (aber auch gegen) die Invasion im Irak eintraten (der
Artikel wurde am 29.08.2002, also schon längere Zeit vor der Invasion,
veröffentlicht), ist durchaus überzeugend, weil er die Gemengelage in ihrer
ganzen Vielfalt erfasst und die Kriegsursachen nicht einfach als Griff nach dem
irakischen Erdöl interpretiert: "While
strictly economic aims are sometimes simplistically
laid out as the primary reasons behind US war policy, and all the proponents of war have a combination of reasons for their
advocacy, it would be foolish to underestimate the power of oil interests
in shaping American policy." [Hervorhebungen von mir]
Zunächst die arabischen und
sonstigen Nachbarstaaten, aber auch wir Europäer und ebenso die USA, schulden
Israel Dank dafür, dass es die Atomwaffenpläne Saddam Husseins durch die Zerstörung der irakischen Nuklearanlagen
vereitelt hat. Nicht dass Saddam Hussein uns angegriffen hätte. Es wäre nur
äußerst riskant gewesen, ihn anzugreifen, nachdem er Kuwait erobert und dabei
sein ökonomisches Erpressungspotential durch den Besitz noch größerer
Erdölvorkommen erweitert hätte. Und nach Kuwait wäre vielleicht Saudi-Arabien
an der Reihe gewesen?
Dass für Israel die eigenen
Sicherheitsinteressen im Vordergrund standen, ändert also nichts daran, dass es
in diesem Falle der gesamten Menschheit einen Dienst erwiesen hat.
Im Iran liegen die
Verhältnisse anders. Der israelische Militärhistoriker Martin van Creveld
äußerst sich dazu in einem Interview der Zeitschrift "Junge Freiheit"
vom 20.01.2006 ("Bei Kernwaffen
lügen sie alle"; hier
frei zugänglich) wie folgt:
Frage:
"Sie haben in der „Welt“ geschrieben, „angesichts der Machtverhältnisse
zwischen beiden Ländern, kann die Idee einer iranischen Bedrohung für die
Vereinigten Staaten nur das Produkt einer verirrten Phantasie sein“.
Creveld:
"Natürlich, Irans „Shihab
3“-Trägerraketen reichen etwa 1.300 Kilometer weit, das reicht wohl kaum bis
Washington ..."
Frage:
"... aber bis Israel. Hinter dem von den USA als im Interesse des Westens
proklamierten Engagement steckt also allein das Interesse Tel Avivs?"
Creveld:
"Nein, so einfach ist es nicht.
Sicherlich sieht Washington im Falle einer Bedrohung seines Verbündeten Israel
immer auch die eigenen Interessen bedroht, aber das allein ist hier nicht das
Motiv. Teherans Griff nach der Atommacht stellt per se eine Verletzung der
US-Interessen dar. Erstens weil sich beide Länder seit der Iranischen
Revolution 1979 als Erzfeinde betrachten. Zweitens weil sich das weltweite
Atompotential, das die USA am liebsten allein auf ihr Land beschränkt sähen,
damit weiter erhöht. Drittens weil Washington mittlerweile überall in der
Region Militärstützpunkte unterhält, Flottenteile disloziert und das
Nachbarland Irak besetzt hat. Außerdem
wünschen die USA nicht, dass eine Atommacht Iran in einer Region, in der knapp
achtzig Prozent des Weltvorrates an Erdöl liegen, Druck auf seine Nachbarn
ausüben kann." [Hervorhebung von mir]
Seine Lagebeurteilung ist
schlüssig und überzeugend. Ich schätze van Creveld als einen Realisten und
kühlen Analytiker ein, der nicht als Propagandist zionistischer
Expansionsinteressen argumentiert. Auch wenn Israel und die zionistische Lobby
massiv gegen die iranische Atombewaffnung wettern: in diesem Falle stehen
(ebenso wie seinerzeit im Falle des Irak) sensible
(Rohstoff-)Sicherheitsinteressen nicht nur der USA, sondern auch der Europäer
auf dem Spiel. Es wäre schlimm, wenn unsere Politik, oder auch wir selbst als
Bürger zu dumm wären, das zu erkennen (von der Politik habe ich diesen Eindruck
nicht; bei den Bürgern bin ich mir weniger sicher), oder zu träge, alle
realistischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine atomare Bewaffnung des Iran
zu verhindern. Es wird wesentlich auch von unser aller Einsicht und von der
Rückendeckung abhängen, die wir den Politikern geben, den Iran vom Gegenteil zu
überzeugen und ihn ggf. entsprechend – u. U. sogar militärisch – zu belehren.
Van Creveld schätzt
allerdings die Risiken, die von einer iranischen Atombewaffnung ausgehen,
geringer ein:
"Ich würde darauf hinweisen, dass Atomwaffen – erfahrungsgemäß – ein
Land nicht mehr, sondern eher weniger streitsüchtig machen" sagt er in
dem o. a. Interview und "Persien ist
der älteste Staat der Welt, Kyros II. gründete das persische Reich bereits im
6. Jahrhundert vor Christus. Das ist ein stolzes Erbe. Die Iraner wissen, dass
es im Falle eines Angriffs, etwa auf Israel, mit dieser Herrlichkeit für immer
vorbei ist, weil dann da wo heute der Iran ist, nur noch eine atomare Wüste
sein wird. Nach menschlichem Ermessen müsste das genügen.".
Auch ich glaube nicht, dass
die atomare Bewaffnung des Iran gegen Israel gerichtet ist. Vielmehr bin ich
überzeugt, dass die anti-israelische Rhetorik der iranischen Regierung einem
nüchternen politischen Kalkül entspringt. Zum einen könnte es sein, dass man
die eigene Bevölkerung damit von inneren Schwierigkeiten ablenken will. Ob das
zutrifft oder nicht, vermag ich mangels näherer Kenntnis der innenpolitischen
und insbesondere wirtschaftlich-sozialen Entwicklung nicht zu sagen.
Sicher scheint mir aber,
dass diese Rhetorik als Schutzschild nach außen verwendet wird. Unmittelbar die
größten Sorgen über eine iranische Atombewaffnung müssten sich die direkten
Nachbarn, besonders die Anrainerstaaten des persischen Golfs und voran
Saudi-Arabien, machen. Zweifellos tun das die dortigen Regierungen auch. Nur können
sie, jedenfalls öffentlich, wenig gegen die atomaren Ambitionen des Iran sagen,
wenn Teheran sich als Schutzmacht des Islam gegen Israel positioniert. Sie
würden sonst in den Augen ihrer eigenen Bevölkerung als Verräter an der
islamischen Sache dastehen.[56]
Und genau an dieser Stelle
wird die Einschätzung von Mearsheimer und Walt verständlich und es erweist sich
m. E. als zutreffend, dass, wie M-W schreiben, "...
Ebenso wenig kann uns daran
gelegen sein, in dieser Sache im Dissens mit den USA zu stehen. Der gesamte
Westen, darüber hinaus aber besonders auch China und ebenso alle anderen
Länder, soweit sie keine ausreichenden eigenen Erdölvorräte haben, muss bzw.
müssen daran interessiert sein, dass keine Macht am persischen Golf eine
Dominanz gewinnt, die zu einer Bedrohung der anderen Staaten und zur Erpressung
des Rests der Welt führen könnte. Einer der möglichen Stolpersteine in der
Koordination zwischen den USA und Europa dürfte die Wahrnehmung der Europäer
sein, dass die USA übermäßig die Interessen Israels fördern. Wenn sich hier in
Europa der Eindruck festsetzt, dass die Konfrontation mit dem Iran primär
israelischen Interessen dienen soll, dürfte es innenpolitisch in allen
europäischen Ländern schwierig sein, den nötigen breiten Rückhalt für ein
"Rollback" der iranischen Atominteressen zu erhalten.
Dass wir im Golfkrieg nicht
aktiv eingreifen konnten, war im Hinblick auf die damals noch fehlende Reife
unseres Volkes für die Übernahme weltpolitischer Verantwortung, soweit diese
militärische Verwicklungen impliziert, verständlich. Noch einmal dürfen wir –
Deutschland und Europa - aber die USA schon deshalb nicht mehr allein die
Kohlen aus dem Feuer holen lassen, weil die sonst legitimiert wären, alles für
sich allein zu behalten, was es dort so zu holen gibt. Angesichts der sich
abzeichnenden Ressourcenverknappung würde so das Industriezeitalter in unserer
Weltgegend noch früher enden, als es ohnehin zu Ende gehen wird.
Wie aus meinen Ausführungen
ersichtlich, stehe ich in Sachen Atombewaffnung des Iran im Dissens mit Mearsheimer
und Walt. Die scheinen damit keine Probleme zu haben, äußern sie sich doch wie
folgt (S. §)740):
"... the
Ich bin gegen eine
Weiterverbreitung von Atomwaffen – nuclear proliferation – im Allgemein ganz
besonders gegen eine Atombewaffnung von Ländern in Erdölregionen. Und wenn man
versucht, ein Land davon abzubringen, sich nuklear zu bewaffnen, sollte man
sich darüber im Klaren sein, ob man letztendlich auch zur Gewaltanwendung bereit
ist oder nicht, bzw. in welchem Umfang. Wenn man militärische Maßnahmen von
vornherein ausschließt, ist ein Erfolg eher unwahrscheinlich. Und ehe man
selbst als Papiertiger dasteht, sollte man besser gar nicht aktiv werden.
Es gibt schon auf einer
rein realpolitischen Ebene – ohne irgendwelche Moralaspekte usw. einzubeziehen
- gute Gründe, die gegen eine gewaltsame Intervention im Iran sprechen. An
erster Stelle natürlich der Umstand, dass man mit erheblichen Problemen bei der
Ölversorgung rechnen müsste. Sodann auch die Größe des Landes, die eine
Besetzung – selbst durch ein großes internationales Truppenkontingent – zu
einem Abenteuer mit unvorhersehbarem Ausgang machen würde. Das schließt aber
nicht aus, dass man, sofern möglich, gewissermaßen einen "chirurgischen
Schnitt" macht, wie seinerzeit Israel mit dem irakischen Atomreaktor.
Selbst wenn die iranischen Urananreicherungsanlagen in (nach derzeitigem Stand
der Waffentechnik) absolut bombensicheren Bunkern untergebracht sein sollten,
könnte man natürlich die Zufahrtswege usw. durch Luftschläge unterbrechen.
Ein weiteres Problem liegt
in einer denkbaren Solidarisierung der islamischen Völker mit dem Iran. Gerade
insoweit wäre es wichtig, in dem Konflikt zwischen Israel und den
Palästinensern "vigorously and
evenhandedly" auf einen Friedensschluss hinzuarbeiten und den Arabern
das Gefühl zu nehmen, dass der Westen (speziell die USAO) hier mit gezinkten
Karten spielen.
Denn an sich müssten sich
in allererster Linie die anderen Golfstaaten durch die iranische Atombewaffnung
bedroht fühlen und wären in dieser Hinsicht eigentlich die natürlichen
Verbündeten für alle jene, welche diese Nuklearbewaffnung zu verhindern suchen.
Der "unconditional U.S. support for
Israel" (S. 5) macht jedoch nicht nur das "winning the war on terror more difficult", sondern, wie M-W
zutreffend feststellen, auch "the
broader effort to deal with rogue states" (alle S. 5), wie z. B. mit
dem Iran.
Aufschlussreich erscheint
mir in diesem Zusammenhang der Artikel "It's
Our War. Bush should go to
"What's happening in the
The right response is renewed strength--in
supporting the governments of
But such a military strike would take a while to
organize. In the meantime, perhaps President Bush can fly from the silly G8
summit in
Bereits oben habe ich
darauf hingewiesen, dass verschiedene Dimensionen in der Studie (und erst Recht
in dem Aufsatz in der LBR, der ohnehin nicht nach rein wissenschaftlichen
Kriterien beurteilt werden kann) zu unterscheiden sind. Die faktischen,
spekulativen und die 'aktivierenden' Elemente greifen ineinander in diesem
Text, der einerseits gewiss eine wissenschaftliche[59] Arbeit
ist und andererseits als ein Meinungs-Beitrag zur außenpolitischen Debatte in
den USA.
Jenseits einer Qualitätsbewertung nach wissenschaftsimmanenten Kriterien kann man (und sollte man m. E. auch) den Beitrag von M-W zugleich in einer anderen Dimension als ein sozialwissenschaftliches Experiment ansehen (auch wenn die Verfasser das wohl kaum intendiert hatten), nämlich als einen (Reaktions-)Test der (zumindest: Laut-)Stärke der Lobby sowie als Prüfstein für deren intellektuellen Redlichkeit. Soweit letztere fehlt, dürfte es nicht nur legitim, sondern auch Erkenntnis fördernd sein, daraus wiederum Rückschlüsse auf die "Güte" der von ihr vertretenen Interessen zu ziehen.
Darum ging es vermutlich z. B. dem (anonymen) Verfasser des Aufsatzes "Silencing Israel's Critics. Committee for Accuracy in Middle East Reporting in America Attacks a Study on the Israel Lobby" (s. dazu unter è "CAMERA") und darum geht es großenteils auch mir in der vorliegenden Betrachtung. Insbesondere (aber nicht nur) eine Analyse der Kampagne in der Zeitung è "The New York Sun" ist in dieser Hinsicht aufschlussreich.
Ähnlich wie ich sieht das wohl auch der US-Medienexperte Michael è Massing wenn er am Schluss seines umfangreichen Berichts "The Storm over the Israel Lobby" (11.06.2006) schreibt: "The nasty campaign waged against John Mearsheimer and Stephen Walt has itself provided an excellent example of the bullying tactics used by the lobby and its supporters." [Hervorhebung von mir]
Mittlerweile haben sich Mearsheimer und Walt ausführlich den Vorwurf einer schlampigen Arbeit überzeugend widerlegt (hier übrigens die vollständige Mitschrift der Pressekonferenz):
"The most peculiar claim, to us, was the claim that we were sloppy,
that somehow the paper's very sloppy. What you want to ask yourself is, does
this seem at all likely? John and I have between us written six books and countless
articles. People have disagreed with us throughout our careers, but no one has
ever said before that our work was sloppy. Is it credible to think that the two
of us would tackle a third-rail issue like this one and suddenly decide to be
careless and cavalier in what we did? I might add the pieced was vetted by a
number of other scholars in the field. We sent drafts around to lots of people
to get comments before we published it to make sure that there were no
meaningful errors in it at all. Now finally, if you then look at the people who
aren't connected to the lobby and they take a careful look -- the ones who have
taken a look at our claims, they tend to agree with us. Michael Massing wrote
an essay in The New York Review of Books where he repeated, unfortunately, some
of the bogus charges against the paper. But his bottom line is quite clear, and
I quote it: Quote, 'On their central point, the power of the
Ich kann es der zionistischen Lobby nachfühlen, dass sie Sätze wie „... aspects of Israeli democracy are at odds
with core American values" und den Hinweis darauf, dass „
Es muss das Selbstverständnis von Zionisten schmerzen, wenn Mearsheimer
und Walt daran erinnern, dass die Gründung Israels nur möglich war durch
Verbrechen gegen die Palästinenser: „The
country’s creation was undoubtedly an appropriate response to the long record
of crimes against Jews, but it also brought about fresh crimes against a
largely innocent third party: the Palestinians.“ [Hervorhebung von mir]
M-W arbeiten die
Kausalzusammenhänge noch nicht einmal so im Detail heraus, wie ich sie oben
formuliert habe. Und dass im übrigen die israelische Staatsidee von vornherein,
und mithin schon lange vor der Machtergreifung der Nazis, mit den Rechten der
bisherigen Bewohner des Landes in Konflikt stand und letztlich auf deren
Unterdrückung oder Vertreibung hinauslaufen musste (ganz unabhängig davon, ob
die handelnden Personen daran gedacht haben, und erst recht natürlich
unabhängig davon, was sie ausgesprochen haben), erwähnen Mearsheimer und Walt
nicht einmal.
Man kann Verständnis aufbringen
für den Wunsch vieler Juden, ein eigenes Land zumindest als Zuflucht für evtl.
Krisenfälle zu haben. Nach dem Holocaust noch mehr, aber ebenso bereits früher
dürfte ja der Zionismus eine Reaktion auf den auch schon vor 1933 ausgeprägten
Antisemitismus gewesen sein. Dass jedoch auch die Palästinenser Rechte haben,
und dass „The tragic history of the
Jewish people does not obligate the US [und Europa!] to help Israel today no matter
what it does“ (S. 11) [Hervorhebung von mir] wird einem sehr viel
bewusster, wenn man neben den sonstigen geschichtlichen Hintergründen auch das
Geschehen in Palästina selbst kennt.
Daran wird die Lobby sich nicht
gern erinnern, erinnern lassen und vor allem andere nicht gern erinnert sehen
wollen und deshalb z. B. über die nachfolgende detaillierte Wiedergabe von
massiven Rechtsverletzungen im Zusammenhang mit der Entstehung und Ausdehnung
Israels sowie über deren negative moralische Bewertung durch John Mearsheimer
und Stephen Walt wenig erbaut sein:
„
Große Geschichte ist selten eine
absolut saubere Angelegenheit und besonders wir Deutschen müssen, ehe wir den
Israelis Vorwürfe machen, dass nicht moralische Gleichungen vom Typ „'Dresden'
= KZs" daraus werden. Aus der jeweiligen Schuld, vor allem aber auch aus
dem z. B. bei der Bombardierung von Dresden ganz eindeutigen
Ursachenzusammenhang, kann man sich nicht mit dem Hinweis auf die Schuld
anderer herausreden. Ich bin auch nicht der Meinung, dass wir – Deutschland,
Europa, aber auch die USA – uns nun einfach auf die Seite der Palästinenser
stellen sollten. Von denen werden wir ohnehin kaum Dank ernten, weil ein
eigener palästinensischer Staat – unter Beibehaltung Israels mit oder ohne
Ost-Jerusalem - aus deren Sicht nicht nur ihr selbstverständlicher Anspruch,
sondern vermutlich sogar noch weitaus zu wenig sein dürfte.[61]
Aber wenn für die fortlaufende Begehung von Menschenrechtsverletzungen
Nibelungentreue als Sühne der Bündnispartner für vergangene Schuld eingefordert
wird, muss sich der Westen dem schon deshalb widersetzen, um nicht erneut
Schuld (gegen andere) auf sich zu laden. Und natürlich auch aus ganz
realpolitischen Gründen.[62]
Was die Begriffswahl angeht,
haben die Autoren versucht, mit dem Begriff "Israel Lobby" die
spezifische Zielsetzung "der Lobby" schon durch eine entsprechende
Begriffswahl von "dem Judentum" abzugrenzen. Inhaltlich fassen sie
unter die "Israel Lobby" ja auch die "Christian Zionists"[63]
und die Neokonservativen[64].
Es ist natürlich legitim, wenn
sich "die Juden" nicht mit der zionistischen Lobby in eins setzen
lassen wollen, und wenn dem entsprechend auch Stimmen aus dem Kreis der Lobby
selbst (sofern es im Diskurs nützlich erscheint) auf den Unterschied hinweisen.
Umgekehrt kann man dies aber auch der Lobby dezidiert entgegen halten, wenn
ihre Äußerungen die Erwartung erkennen lassen, dass sich jeder Jude
zwangsläufig mit ihr solidarisieren müsse – vgl. dazu auch meine
diesbezüglichen Beobachtungen zur Anti-M-W-Kampagne der Zeitung è "The
New York Sun".
Ob die Verwendung des Begriffes
"zionistische Lobby" im US-Diskurs zweckmäßig ist, kann ich nicht
beurteilen, weil ich nicht präzise weiß, wie der Begriff "Zionist"
dort konnotiert ist. Jedenfalls habe ich versucht, mit der gelegentlichen
Verwendung dieses Begriffs die Interessenvertretung nationalistischer Zionisten
gegen das Interessenverständnis "der Juden" insgesamt (unter denen es
auch aktive Anti-Zionisten[65]
gibt), abzugrenzen.
Ein gewisser (mir sonst nicht weiter bekannter) Manfred Gerstenfeld hat in einer Studie mit dem deutschsprachigen
Titel "Die tiefen
Wurzeln des Antisemitismus in der europäischen Gesellschaft" (das
Original ist in der Jewish Political Studies Review
17:1-2 vom Frühjahr 2005 u. d. T.
"The Deep Roots of
Anti-Semitism in European Society"
erschienen) u. a. auch über mögliche Zusammenhänge zwischen Israel-Kritik und
Antisemitismus sowie das Problem einer Unterscheidung legitimer Kritik an der
israelischen Politik von antisemitisch motivierter Kritik nachgedacht. Dazu
schreibt er:
"DER
NEUE ANTISEMITISMUS
Die jüngste
wichtige Version des Antisemitismus, die sich in den letzten Jahrzehnten
radikal intensiviert hat, zielt gegen Israel, den jüdischen Staat. Diese
Variante des Judenhasses wird jetzt gemeinhin als „neuer Antisemitismus“
bezeichnet. Seine Täter nennen sich oft
selbst Antizionisten. Sie wollen Israel isolieren und stellen es – mit den
Worten des Zentrums für Antisemitismus-Forschung der Technischen Universität
Berlin – „als einen Staat dar, der sich fundamental negativ von allen anderen
unterscheidet, der daher kein Existenzrecht hat“. [Hervorhebung
von mir]
Der kanadische Justizminister Irwin Cotler merkte
an: 'Traditioneller Antisemitismus verweigert den Juden das Recht als
gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft zu leben, aber das neue
Anti-Judentum verweigert dem jüdischen Volk das Recht als gleichberechtigtes
Mitglied in der Familie der Nationen zu leben.'
Der schwedische
stellvertretende Premierminister Per Ahlmark stellte heraus:
'Der heutige
Antizionismus ist dem Antisemitismus sehr ähnlich geworden. Der Antizionismus
akzeptiert das Recht anderer Völker nationale Gefühle und einen verteidigungsfähigen
Staat zu haben. Aber sie verweigern dem jüdischen Volk das Recht sein
Nationalbewusstsein zu haben, das sich im Staat Israel ausdrückt und diesen
Staat sicher zu machen. Daher beurteilen sie Israel nicht mit den Werten, die
zur Beurteilung anderer Staaten benutzt werden. Eine solche Diskriminierung von
Juden wird Antisemitismus genannt.' "
Stellt sich natürlich die Frage,
ob jeder, der den Mund gegen bestimmte Aktionen Israels aufmacht, ein Antisemit
ist (von den Juden abgesehen – oder können die auch Antisemiten sein?)
Auch Gerstenfeld sieht, dass
eine Gleichsetzung von Antisemitismus und Kritik an konkreten Handlungen des
israelischen Staates problematisch wäre. Deshalb zitiert er folgende
Unterscheidungskriterien, die der oben erwähnte kanadische Justizminister
Cotler aufgestellt hat:
"Die Unterschiede zwischen
Antisemitismus und Kritik
Es ist oft schwer die Grenze zwischen Kritik an Israel und
Antisemitismus zu ziehen. Cotler hat einige Richtlinien empfohlen. Er meint,
dass Kritiker Israels dann zu Antisemiten werden, wenn
1) Sie öffentlich zur Vernichtung Israels und des jüdischen Volks
aufrufen. Das ist der Fall bei den Satzungen der palästinensischen
Terrorgruppen (PLO und Hamas) und einigen militant-islamischen
Rechtsentscheidungen (fatawin), ebenso wie der iranischen Drohung Israel
auszulöschen ('genozidaler Antisemitismus').
2) Sie leugnen das Recht des jüdischen Volks auf Selbstbestimmung,
delegitimieren Israel als Staat und schreiben Israel alle Übel der Welt zu
('politischer Antisemitismus').
3) Sie nazifizieren Israel ('ideologischer Antisemitismus').
4) Israel wird als heimtückischer Feind des Islam beschrieben
('theologischer Antisemitismus').
5) Israel wird von Salon-Intellektuellen und westlichen Eliten ein Mix aus
bösartigen Qualitäten zugeschrieben ('kultureller Antisemitismus').
6) Sie fordern Beschränkungen gegen diejenigen, die mit Israel Handel
treiben ('wirtschaftlicher Antisemitismus').
7) Sie leugnen den Holocaust.
8) Sie unterstützen rassistischen Terror gegen Israel.
[o. Nr.; gedacht als "9."?:] Auf der internationalen Bühne
suchen sie Israel für diskriminierende Behandlung durch Leugnung der Gleichheit
vor dem Gesetz aus."
Keines dieser Kriterien ist bei
Mearsheimer und Walt erfüllt. Das wird allerdings ihre Gegner nicht daran
hindern, z. B. die kritischen Worte von M-W über die israelische Politik
gegenüber den Palästinensern als "Delegitimierung des Staates Israel"
zu interpretieren, als "Nazifierung Israels" und als "kulturellen
Antisemitismus". In diese Kategorien kann, wer Anti-Antisemitismus
politisch instrumentalisieren will, bequem alles hinein packen. Das gilt
natürlich auch für meinen eigenen Artikel, zumal ich ja von der
"zionistischen Lobby" spreche und deshalb begrifflich bequem unter die
"Antizionisten" des ersten der beiden hier zitierten Kapitel zu
subsumieren wäre.
Freilich ist die
"Gefahr" für mich schon deshalb relativ gering, weil ohnehin kein
Hund mein ellenlanges Exposé lesen wird.
Im übrigen ist es nicht ohne
Risiko, wenn Kritik an der israelischen Politik vorschnell mit dem Vorwurf
„Antisemitismus“ beantwortet wird. Unstreitig kann zwar die Kritik an Israel
auch antisemitisch motiviert sein. Andererseits kann man Antisemitismus auch
herbeireden. Sei es bei Dritten, indem man die „moral blackmail“ überzieht, sei es direkt
bei den Kritikern, indem man sie vor die Alternative stellt „kusch oder du
wirst in der Öffentlichkeit in die Antisemitismus-Ecke gestellt“. [66]
Letztlich wird es auch von sonstigen innen- und außenpolitischen und
insbesondere gesellschaftlichen Zuständen abhängen, ob eine solche Strategie
zurückschlägt.
In der Debatte zwischen M-W und deren Gegnern, sollten die Letzteren die
Warnungen von Mary-Kay Wilmers,
Herausgeberin der "London Review of Books", beherzigen, ihr Spiel
nicht zu überreizen: "Wilmers
believes, ... that the most angry denunciations of anti-Semitism - while
designed to serve the purpose of censorship by those attempting to forestall
criticism of Israel - may actually encourage anti-Semitism in the long
run" schreibt Peter Beaumont
im Londoner "The Guardian" vom 02.04.06 ("Editor hits back over Israel row") und
zitiert Frau Wilmer wie folgt: "It
serves a purpose. No one wants to be thought of as anti-Semitic because it is
thought of as worse than anything else, although it is not worse being
anti-Semitic than being anti-black or Islamophobic.
Really, one of the most upsetting things is the
way it can contribute to anti-Semitism in the long run just by making so many
constant appeals and preventing useful criticism of
Uri Avnery wusste schon vor dem
Aufsatz von M-W, dass es nicht ausreicht, gegen "Antisemitismus"
wettern, um die Gefahr eines solchen zu bannen, sondern dass auch die Lobby ihr
Verhalten ändern muss. In einem Artikel vom 14.01.06 u. d. T. "With Friends like these
..." schreibt er u.
a.:
"Disapproving words
about "the rise of anti-Semitism" are not enough, what is required is
a profound change of behavior."
Welche Folgen eine
propagandistische Gleichsetzung von Kritik an Israel (bzw. an der Israel-Lobby)
mit Antisemitismus haben kann, bemerke ich selbst z. B. daran, dass ich mich
selbst immer wieder in Erinnerung rufen muss, dass M-W eben nicht von einer
"jüdischen Lobby", sondern von einer "Israel-Lobby"
sprechen, die nicht nur Juden umfasst. Wenn dieser Aspekt so schnell im
Bewusstsein untergeht, so liegt das mit Sicherheit auch daran, dass viele
Kritiker von M-W (allen voran Alan
Dershowitz), welche mehr oder weniger der Lobby zuzuordnen sind, den Inhalt
der Studie von John Mearsheimer und Stephen Walt weitgehend auf die Wahrnehmung
einer bloß jüdischen Lobby reduzieren: Das ist zwar die logische Voraussetzung,
um M-W des Antisemitismus' bezichtigen zu können, doch ist eine solche Taktik
gegen die Intention ihrer Anwender zugleich für diese selbst (bzw. die Juden
überhaupt) hoch riskant.
Auch ein deutscher Student ging nicht vorbei, sondern bringt im Rahmen
eines Antisemitismus-Seminars von Prof. Dr. Georg Meggle, an der Uni Leipzig
eine tabellarische (sehr übersichtliche) Darstellung: Christoph Marx,
26.07.2006, "Ein
Antisemitismusvorwurf – 'The Israel Lobby and U.S. Foreign Policy' von John J.
Mearsheimer und Stephen M. Walt".
Christoph von Marschall (è s. d.) schrieb am 5.4.06, dass sich "die angeblich furiose Debatte in Amerika ...
sich im Wesentlichen auf Verrisse [beschränkt]". Das mag seinerzeit
noch weitgehend zutreffend gewesen sein, hat sich allerdings mittlerweile
deutlich geändert. Auf dieser Webseite des "Council
for the National Interest"
sind zahlreiche (aber bei weitem nicht alle!) Titel der und Links zu den
Reaktionen übersichtlich nach Standpunkten gelistet: "Positive", "News",
"Critiques" und schließlich
"Negative News Items and
Commentaries". Schon daraus wird ersichtlich, dass es inzwischen auch
eine ganze Menge Zustimmung gibt, zumindest zu Teilen der Thesen von M-W.
Und falls (wie zu vermuten) rein zahlenmäßig die negativen
Stellungnahmen überwiegen sollten, kann das nicht überraschen, wenn man an die
zutreffende Feststellung von Mearsheimer und Walt denkt, dass „... Interest groups
... enjoy a disproportionate amount of influence when they are committed to an
issue to which the bulk of the population is indifferent.“ Hier stehen einfach ausformulierte, bewusste
und nachdrücklich vertretene (sowie emotional verständlicher Weise tief
fundierte) Interessen einerseits einer unklaren Gefühls- und Meinungslage der
breiten Öffentlichkeit gegenüber, die sich in der Regel nur in einzelnen
Stimmen artikulieren wird. (Eine mehr oder weniger organisierte Gegen-Lobby
gibt es zwar anscheinend auch – nach meinem aus flüchtigen Webseitenbesuchen
gewonnenen Eindruck gehören dazu etwa der "Council for the National Interest" und der "Washington Report on Middle East Affairs" -) aber es fehlt der breite Unterbau
von einschlägig interessierten Personen (organisiert oder nicht), die schnell
und heftig und quantitativ (sowie zumindest in formaler Hinsicht auch
qualitativ) eindrucksvoll Meinungsäußerungen auf den Meinungs-Markt werfen
(können). Diejenigen, welche die Macht der zionistischen Lobby mit Hinweisen
auf die Lobbyarbeit der Palästinenser, der Saudis usw. zu relativieren
versuchen, stellen deshalb potemkinsche Puppen auf die Debatten-Bühne.
Jedenfalls gibt es zu dem Papier von M-W mittlerweile eine ganze Reihe
von positiven Stellungnahmen.[67]
Diese unterstützen zwar größtenteils nicht Mearsheimer und Walts Meinungen in allen Fragen (insbesondere wird fast
einhellig eine Überschätzung der tatsächlichen
Macht der Pro-Israel-Lobby kritisiert sowie die Annahme von M-W, dass die
Einflussnahme "der Lobby" wesentlich für die Entscheidung zum
Einmarsch in den Irak verantwortlich gewesen sei). Häufig stimmen sie ihnen
aber in wesentlichen Punkten zu:
- allzu großer Einfluss der Lobby in der Öffentlichen Meinung und
dadurch bedingte Unterdrückung der Debatte über die US-Politik gegenüber
Israel, den Palästinensern und dem Nahen Osten;
- Kritik an der übertriebenen Israel-Nähe der US-Politik im Nahen Osten.
- korrekte Darstellung der historischen Umstände um die Entstehung des
israelischen Staates in dem Papier und damit Infrage-Stellen der moralischen
Überlegenheit der israelischen Position.
"Furios" war die Debatte, insbesondere was die Gegner von M-W
angeht, allerdings nicht nur "angeblich", sondern tatsächlich. Wenn
z. B. eine Zeitung wie die è
New York Sun einen Bericht über Behauptungen
des US-Rechtsprofessors Alan Dershowitz, dass M-W einige Informationen von
(US-) Neonazi-Seiten in ihrem Papier verarbeitet hätten, mit der Überschrift
"Harvard's Paper on Israel Drew From Neo-Nazi Sites" versieht, dann gibt das einen
Eindruck davon, mit welch primitiven Propaganda-Methoden hier teilweise
gearbeitet wurde. (Im Text wird dann zwar korrekt berichtet – und damit die
Überschrift relativiert -, dass "A
prominent Harvard law professor, Alan Dershowitz, is alleging that the authors of a Harvard Kennedy School paper about
the "Israel lobby," ... culled sections of the paper from neo-Nazi and other anti-Israel hate Web sites." (Hervorhebung von mir) Aber was
beim Leser hängen bleibt (und bleiben soll), ist natürlich das Verb
"drew", also die Vorstellung, dass der behauptete Sachverhalt
objektiv festgestellt wurde.[68]
In einer Art von Emser-Depeschen-Technik, die viel über die
Wahrheitsliebe des Verfassers aussagt, erweckt è
von Marschall den Eindruck, dass sich andere Wissenschaftler wegen der
angeblich dürftigen wissenschaftlichen Qualität nicht mit dem Arbeitspapier von
Mearsheimer-Walt befassen (und diese Insinuation positioniert er sogar in
hervorgehobener Stellung an den Schluss seines Artikels):
„Andere Autoren sehen sich im
Dilemma, ob man so einen Text nicht besser ignoriert? Wer sich die Mühe mache,
all die Fehler und Verdrehungen aufzudecken, verschaffe den Autoren nur
unverdiente Resonanz. Harvard distanziert sich von dem Text, den ihr Dozent
Walt als ‚Arbeitspapier’ auf die Internetseite stellte. Das Uni-Logo wurde
vorsorglich entfernt.“
Mehr über die Hintergründe der Entfernung des Harvard-Logos (und der optischen Vergrößerung des Disclaimers) kann man z. B. in der Campus-Zeitung "The Harvard Crimson" vom 24.03.06 u. d. T. " KSG Seeks Distance from Paper" lesen. Dass die Universität damit nicht (wie es in der Darstellung von von Marschall mit voller Absicht und wahrscheinlich wider besseres Wissen insinuiert wird) ein Qualitätsurteil fällen wollte, sollte aber auch ohne diese Lektüre klar sein: das wäre nämlich der Anfang vom Ende der akademischen Freiheit und deshalb auch für diejenigen Wissenschaftler inakzeptabel, die diametral gegen Mearsheimer und Walt stehen.
Weitere Informationen in diesem Zusammenhang (sowie auch zum Ausscheiden von Prof. Walt aus der Position als Dekan) brachte "The Harvard Crimson" am 01.04.06 u. d. T. "KSG: End of Walt's Term 'Completely Unrelated' To Uproar Over Israel Remarks. Academic dean to step down in June, but will remain a tenured professor" sowie in der Ausgabe vom 03.04.06 u. d. T. "KSG: Walt Planned To Step Aside Before Furor". In diesem Artikel äußert sich auch der "Dean" David T. Ellwood indirekt zur angeblichen 'Qualitätskontrolle': " 'Throughout this episode, I have sought to be driven by one principle above all others: maintain academic freedom for our scholars and our school'[69], Ellwood wrote in an e-mail to members of the KSG community Friday. Ellwood added that the school 'does not make judgments about the content of working papers before posting. Academic work is best judged in the serious give and take of intellectual and scholarly debate'." [Hervorhebung von mir. Ellwood ist wohl der Rektor, Walt hält bzw. hielt die Position eines "academic dean", was vermutlich einem Fakultätsdekan entspricht.]
Auch wenn die Recherchen des "Harvard Crimson" gewisse Zweifel an der offiziellen Darstellung aufkommen lassen, dass der Rücktritt lange vorher geplant gewesen sei (eine angebliche E-Mail vom 21.02.06 an die Fakultätsmitglieder wurde der Zeitung nicht vorgelegt; frühere akademische Dekane hatten i. d. R. längere Amtszeiten), wäre eine evtl. vorzeitige Aufgabe des Amtes sicherlich nicht das Ergebnis einer universitätsinternen wissenschaftlichen Zensur, sondern allenfalls entweder des Wunsches von Walt, das Ansehen der Kennedy School of Government nicht zu beschädigen oder, im schlimmsten Falle, Ergebnis des wirtschaftlichen Drucks von Sponsoren [vgl. dazu auch unter è The New York Sun].
Die polemische Erwiderung von Prof. Alan Dershowitz trägt im übrigen ebenfalls nicht das Harvard-Logo und enthält die gleiche Art von Disclaimer.
Zutreffend erscheint mir immerhin die Feststellung bei von Marschall,
dass eine breite Debatte über den Text nicht stattgefunden hat. Obwohl seit
seinem Artikel noch eine ganze Menge von Beiträgen erschienen sind, gilt das
auch zum jetzigen (Stand etwa August 2006) Zeitpunkt noch.
Robert Fisk
(der Mearsheimer und Walt massiv sekundiert) kam am 27.04.2006 in seinem o. a. Artikel
hinsichtlich der Reichweite der Debatte zu einem ähnlichen Schluss wie
Christoph von Marschall:
„But how many people in America are putting their own heads above the
parapet, now that Mearsheimer and Walt have launched a missile that would fall
to the ground unexploded in any other country but which is detonating here at
high speed? Not a lot. For a while, the mainstream US press and television - as
pro-Israeli, biased and gutless as the two academics infer them to be - did not
know whether to report on their conclusions (originally written for The
Atlantic Monthly, whose editors apparently took fright, and subsequently
reprinted in the London Review of Books in slightly truncated form) or to
remain submissively silent.“
Und am 24.05.2006
stellt die Interviewerin Amy Goodman in einem Gespräch mit
Michael Massing fest: "Despite the
debate there hasn't been a tremendous amount of attention to this in the
Als einen brauchbaren
Indikator für das öffentliche Interesse an einem Thema kann man vielleicht
dessen Präsenz in Blog-Einträgen ansehen. Bei einer Trefferauszählung wird man
die o. a. Einschätzungen bestätigt finden, dass eine wirklich breite Debatte
über die Thesen von M-W nicht stattgefunden hat. Die Eingabe „mearsheimer walt
usa israel“[70] ergab bei der Google-Blogsuche
(am 26.05.06) lediglich 184 Treffer,
bei Technorati nur 173.
(Stand per 22.09.06 = 290 Google-Blogsuche, 331 Technorati.)
Klug handelt in gewisser Hinsicht derjenige Teil der Lobby, der das
Thema niedriger hängt.
In anderer Hinsicht kann es allerdings (aus der Perspektive der
zionistischen Lobby heraus betrachtet) ebenso klug sein, die Bluthunde der
Meinungsinquisition auf Mearsheimer und Walt zu hetzen. So hat es z. B. die
Zeitung è "The New York Sun" offenbar
für nützlich gehalten, in ihrer seinerzeitigen Artikelserie ganz massiv an die
Stifter (von denen amerikanische Universitäten ja bekanntlich weit mehr
abhängig sind als europäische) zu appellieren, Druck auszuüben. Mit solchen
Methoden hält man „Nachfolgetäter“ im Zaum, insbesondere solche, die nicht das
akademische Renommee der beiden Professoren haben, und die auf der akademischen
Karriereleiter noch nach oben klettern möchten.[71]
Allerdings ist, wie oben schon ausgeführt, diese Strategie zugleich
außerordentlich riskant. Ständige Antisemitismus-Vorwürfe an die Adresse der
Zionismus-Gegner können, zumal wenn sie verbunden sind (oder von den Betroffenen
als verbunden wahrgenommen werden) mit ökonomischem Druck, letztendlich mehr
oder weniger antisemitische Gefühle überhaupt erst erzeugen und entsprechende
Reaktionen auslösen.[72]
Im übrigen hat Prof. Walt[73] eine Fortsetzung der Debatte mit einer "lenghty response" an die Kritiker im Laufe des Jahres angekündigt, und zwar in einer E-Mail von Mitte Mai 2006 an Maurice è Ostroff. [74]
Ein Punkt, den ich hier nicht großartig extemporieren, aber doch wenigstens ansprechen will, ist ein möglicher Widerspruch zwischen dem Entwicklungsstadium vom Menschen- und Völkerrechten einerseits und der historischen Dynamik (oder sollte man sagen: dem Recht auf historische Dynamik?) andererseits. Recht hat wohl generell die Tendenz, eher konservierend zu wirken und es könnte sein, dass die Rechtsentwicklung auch in diesen Bereichen eher darauf gerichtet ist, den jeweiligen Status quo zu begünstigen und zu verfestigen[75]. Die Ausdehnung des Völkerrechts in bisher (zumindest faktisch) quasi rechtsfreie Räume kann man jenseits eines rein humanitären Standpunktes auch durchaus kritisch sehen, weil sie jedenfalls das, was man bislang unter "Geschichte" verstand[76] zu überwuchern oder versteinern droht (wenn man diese Art von Geschichte vom humanitären Standpunkt, also negativ bewertet, wird man freilich eher erleichtert sagen, dass die Weiterentwicklung und die Anwendung von Menschen- und Völkerrechten "mit dieser Art von 'Geschichte' Schluss machen").
Ein wesentlicher Inhalt von "Geschichte" war deren Konflikt-Dynamik: Gebiete erobern, Völker unterdrücken, vertreiben, versklaven oder im Idealfalle (Frankreich/Elsass-Lothringen? Deutschland im Hochmittelalter/Ostgebiete?) kulturell assimilieren. Insoweit erscheint es denkbar, dass unser Rechtsverständnis heute einen gewissen Zustand von Erstarrung erreicht hat oder einem solchen Zustand tendenziell entgegen strebt - als eine der verschiedenartigen Ausdrucksformen eines inneren Zustandes unserer Zivilisation, der vielfach als "Ende der Geschichte" empfunden und beschrieben wird. [77]
Man könnte, quasi als Spenglerianer, durchaus ein gewisses Verständnis für Israel (und die USA), als "jüngere", noch nicht post-historisch erstarrte und deshalb zwangsläufig (?) "aggressivere" Nationen aufbringen. [78]
Andererseits ist die Konfliktgeschichte nicht unbedingt jene Art von Geschichte, die wir als Menschen uns wünschen. Es ist auch durchaus denkbar, dass "Geschichte" heute ihre Fortsetzung auf andere, zivilisiertere Weise, findet: EU, UNO, wirtschaftlicher Wettbewerb, kulturelle Expansion ("Hollywood") usw. Insoweit wäre nicht die Geschichte erstarrt, sondern unsere Denk-Schemata, die Geschichte immer schnell mit Mord und Totschlag in Verbindung bringen.
Die Frage ist allerdings, ob "ziviliserte" Aschevölker, wenn sie von der Vitalität der Noch-nicht-ganz-so-Verfeinerten getroffen werden, trotz ihrer technologisch-zivilisatorischen Überlegenheit auf die Dauer durchhalten. Dabei muss man nicht einmal an Krieg und Terror denken: schon die biologische Vitalität, der Immigrationsdruck usw. beunruhigen (hoffentlich) nicht nur die Stammtische.
Auch Israel ist mit einer hohen Geburtenrate der arabischen Bevölkerung konfrontiert und darüber beunruhigt. (Zahlen siehe Eintrag in der "Jewish Virtual Library" von 2003: "Israeli Muslim Birth Rate is Double that of Jews").
Vielleicht steht auch dieses Bewusstsein einer Gefährdung der jüdischen Identität des Staates von innen heraus hinter der israelischen Kolonisierungspolitik im Westjordanland.
Israel ist jedenfalls, wie die USA, ein junges, selbstbewusstes Land/Volk. Und das gilt in anderer Weise (d. h. mit den Unterschieden, wie sie sich aus dem unterschiedlichen technologisch-zivilisatorischen Stand ergeben) wohl auch für die Palästinenser und Araber.
Das (je nach Position positiv oder negativ zu bewertende) "geschichtsmüde" Denken der Europäer kann sich möglicher Weise nicht im vollen Umfang in diese anderen Denk- oder besser: historischen Seinsweisen hinein versetzen.
Das alles sind sehr vorläufige (und wenig elegant formulierte) Überlegungen[79]. Doch möchte ich nicht Teil einer Debatte sein, welche vor lauter Gutheit trieft, sondern auch Kontrapunkte denken und setzen.
Was ist und zu welchem
Zwecke brauchen wir Identität (einer sozialen Einheit: Volk, Staat)? Diese
Frage hatte ich mir schon früher gestellt, ohne zu einem Ergebnis zu kommen.[80] Klar
sein dürfte aber jedenfalls, dass Identität Ab- und damit auch Ausgrenzung
impliziert.
Der knapp ganzseitige
Unterabschnitt "Aiding a Fellow
Democracy?" gehört natürlich zum aktivierenden Teil der Studie von
Mearsheimer und Walt.
Was grenzt der israelische
Staat bzw. die israelische Gesellschaft aus, was der/die amerikanische?
Trotz starker christlicher
Strömungen ist die Amerikanische Identität auf der politischen Ebene letztlich
doch wohl eher religionsneutral. Die israelische Identität ist dem gegenüber
hauptsächlich in der Religion begründet (was immer z. B. Dershowitz gegen M-W
vorbringen mag) und entspricht insofern wohl nicht dem amerikanischen (und noch
weniger dem europäischen) Ideal eines rein weltlichen Staates.
In
diesem Zusammenhang bringt vermutlich das Buch "Jewish Fundamentalism in Israel" weitere Aufschlüsse (vgl.
dazu Hinweis
auf der (Universitäts-)"Homepage"
von Juan Cole), das ich allerdings nicht näher kenne.
Im
übrigen gibt es natürlich in jedem Land, möglicher Weise aber – im Vergleich zu
europäischen Ländern – in Israel und den USA stärker ausgeprägt eine Diskrepanz
zwischen offiziellem Selbstverständnis und gesellschaftlicher Realität. Die
Farbigen in den USA haben gleiche Rechte; viele von denen sehen sich aber
vielleicht selbst nicht weniger diskriminiert als die Araber in Israel.
Trotzdem kann man darüber natürlich streiten, und langsam scheinen auch in der
Politik auch Farbige in den USA in höhere Positionen zu kommen, während ich mir
nicht vorstellen kann, dass in Israel die einheimischen Araber jemals
mitregieren.
Alles
in allem weiß ich aber zu wenig über beide Länder, um mir wirklich ein
eigenständiges Bild über die unterschiedlichen Identitäten zu machen. Jedoch
erscheint die These von M-W plausibel, dass Israel keine Demokratie wie jede
andere ist, weil das Land ganz bewusst eine jüdische Identität haben will, was
Araber und Moslems zwangsläufig von vornherein von einer wirklichen
Mitgestaltung des gesellschaftlichen Lebens auf der politischen Ebene
ausschließt – wie auch immer die Rechtslage sein mag.
In der gemeinsamen
Washingtoner Pressekonferenz von M-W vom 28.08.2006 zitiert Stephen Walt den Prof. emeritus L.
Carl Brown (S. 10 der CAIR-Niederschrift)
"L. Carl Brown ... recently wrote in
Foreign Affairs that our paper was neither sloppy nor anti-Semitic. Instead, he called it a hard-headed
analysis that just might set in motion a useful paradigm shift in U.S.-Middle
East policy."
[Hervorhebung von mir] Das ist es zweifellos, was M-W zu bewirken
hoffen: einen Paradigmenwechsel der US-Nahostpolitik. Die Reaktionen auf den
Vorstoß von M-W sind freilich in dieser Hinsicht nicht sehr ermutigend, sowohl
was die Breite, als auch was die Richtung der Debatte angeht.
Gegenwärtig
sehe ich für einen solchen Wechsel keinerlei Aussichten. Aber wenn er kommen
sollte, wird das sicherlich nicht in jener friedlich-diskursiven Form
geschehen, die Mearsheimer und Walt sich vorstellen.
Zwar
unterschätzen sie keineswegs die Schwierigkeiten, eine Richtungsänderung in der
amerikanischen Nahostpolitik herbeizuführen. Das bezeugt z. B. Stephen Walts humorvolle Antwort auf
die Frage "How can American Muslims,
Arab-Americans, and people of other faiths take back our foreign policy and
make it more balanced?" war: "Boy,
now you’re expecting me to be a real miracle
worker." [Hervorhebung von mir]
Doch
hinter ihrem knallharten Realismus[81] steht ein Glaube an ein
lehrbuchmäßiges Funktionieren der (amerikanischen) Demokratie, der sich
vielleicht nicht ganz mit den Realitäten zur Deckung bringen lässt:
"You know",
fährt Walt im Anschluss an seine Äußerung vom 'miracle worker' fort "I guess I am a big believer still in the
basic roots of American democracy. ... I think what all Americans of different
faiths and different political backgrounds can do is demand a little bit more
of your elected representatives, ask them harder questions, inform yourselves
about different things that are happening in the world, don’t take one side as
gospel immediately, and in particular do everything you can to encourage an
open and sober debate. Don’t let people who have views you might disagree with
get marginalized or smeared. Recognize
that one of the great strengths of democracy is the fact that we can argue
about issues. I think the more that
that tends to happen in the
Mit
anderen Worten: Walt vertraut auf die Macht des rationalen Dialoges. Bzw., aus
etwas mehr Distanz heraus gewissermaßen im Weitwinkel betrachtet: Walt hat,
hier jedenfalls, eigentlich nur zwei
antithetische Wirkkräfte im Blick: "die Lobby" einerseits und 'das
Volk' andererseits. In Wirklichkeit sind aber beide (auch die scheinbar so
machtvolle Lobby) eingebunden in Konstellationen, die man vielleicht mit
Machiavellis Begriff von "Fortuna" erfassen kann.[82] Auch
die Lobby kann nur im Rahmen von günstigen Umständen ihre volle Wirkung
entfalten, und umgekehrt kann diese Macht bei ungünstigen Umständen ganz
schnell zusammenbrechen, oder sich gar ins Negative verkehren. Derartige
Tendenzen kann man allerdings in der Regel ebenso wenig vorhersagen, wie etwa
das plötzliche und unerwartete Kollabieren des Sowjetsystems.
Trotz allem Wissen um die Schwierigkeiten demonstriert
Prof. Walt eine immer noch allzu rationalistische Perspektive, wenn er auf die
Frage "How can elected officials be
convinced to support a balanced Mideast policy when they do not gain benefits
from standing on principle?" antwortet: "I think this is a very difficult question, and it’s a very difficult
challenge because the institutions that are currently arrayed to encourage
support for Israel are quite powerful and quite well funded. And if you’re a
congressman whose constituents don’t care one way or the other, but a few of
your constituents care a lot and you know that there’s a lot of PAC money that
will go to any of your opponents, you have trouble. So I think, at least as a
first step, the thing we want to have is a more open conversation about this.
That’s the main reason why John and I have been doing this work. We want to try
and get a conversation so that politicians who do unconditionally support
Gewiss:
ex ante können wir alle wohl nur auf diese Weise argumentieren – und wundern
uns dann ex post, wieso etwas passiert oder nicht passiert, was unserer Meinung
eigentlich nicht hätte geschehen können oder vermeintlich unvermeidlich hätte
geschehen müssen.
Ich
glaube jedoch, dass ein Paradigmenwechsel in der amerikanischen Nahostpolitik,
wenn er denn jemals eintreten sollte, nicht so diskursiv-friedlich bzw. relativ
unbeachtet verlaufen würde, wie (innenpolitisch) etwa ein "renversement des alliances"
im Zeitalter der Kabinettskriege.
Denkbar
wäre, dass die amerikanische Öffentlichkeit – aufgrund welcher Umstände auch
immer[83] –
plötzlich 'die Nase voll' hat und dass sich der Unmut dann nicht nur gegen die
asymmetrische Verbindung der USA mit Israel richtet, sondern auch gegen jene,
welche diese Verbindung propagieren. Nicht umsonst entstammt der Begriff "paradigm shift"
einem Buch mit dem Titel "The Structure of Scientific Revolutions".
Paradigmenwechsel[84] sind
Revolutionen, die sogar in der
Wissenschaft etwas Gewalttätiges haben (auch wenn es dort meist bei verbalen
Heftigkeiten bleibt).
Eines
Tages könnte sich die Lobby mit einer Situation konfrontiert sehen, in welcher
der Vorwurf des Antisemitismus so stumpf geworden ist wie die päpstlichen
Bannflüche in der Neuzeit.
Jedoch
ereignen sich Felsstürze nur dort, wo Wind und Wetter zuvor das feste Gefüge
gelockert und kleinere und größere Haarrisse des Zweifels in den Felsen
gesprengt und erweitert haben. So gesehen, haben jene 'Sprecher' der Lobby von
ihrem Standpunkt aus gar nicht Unrecht, die sogar eine "reasonable
discussion" oder "civilized discussion" über das Wirken der
Lobby für bedrohlich halten – für die Lobby, aber potentiell auch für die Juden
in den USA.
Man
kann sich zwei konträre Konsequenzen vorschlagen, mit denen die Lobby versuchen
könnte oder versuchen wird, Schaden verhindern, kann: Der Versuch, die Debatte
zu unterdrücken, ist der eine (derzeit und vermutlich auch in der Zukunft
beschrittene) Weg. Der andere (mit eher geringer
Realisierungswahrscheinlichkeit) wäre, die eigene Position kritisch zu
reflektieren und die israelische Machtpolitik nicht bedingungslos zu
unterstützen, sondern das Land – auch über den "Hebel" der
US-Außenpolitik – zu verstärkten Bemühungen um einen Ausgleich mit den
Palästinensern zu drängen. Ein solches Umdenken fordern auch viele jüdische
Stimmen. Ich halte es allerdings für sehr unwahrscheinlich, dass die Lobby
ihren scheinbar erfolgreichen Kurs rechtzeitig und aus freien Stücken wechseln
wird.
Die (allerdings wohl eher
anti-zionistische) US-amerikanische Denkfabrik IRMEP[85] ("Institute for Research Middle Eastern
Policy") hat Ende März / Anfang April 2006, also kurz nach Erscheinen
der Studie von Mearsheimer-Walt, 71[86] amerikanische akademische
Nahost-Experten zu der Thematik befragt.
Hier die Kurzfassung über die
Verfahrensweise und die Resultate:
"The Middle East Academic Survey Research Exposition project polled
71 Middle East academics about the Walt and Mearsheimer report titled "The
Key Findings:
49% of Middle East academics polled believe that the academic community
is "hostile" to studies that are critical of the
85% of Middle East academics polled believe that an
65% of Middle East academics polled believe that the most powerful
intimidation tactic of the
91% of Middle East academics polled believe it is "extremely
accurate" to "accurate" that the
86% of Middle East academics polled
believe that the lobby places what it considers to be
Vielleicht noch interessanter als die – nicht repräsentativen – Prozentzahlen sind die Kommentare der Befragten zu den einzelnen Fragen (auf der gleichen Seite).
Interessant ist es, zu
beobachten, wie die Debatte sich auffächert. Nicht alle nachfolgend verlinkten
und z. T. kommentierten Beiträge beschäftigen sich direkt mit dem Papier von
John Mearsheimer und Stephen Walt; viele sind Sekundäraufsätze, die sich
ihrerseits mit der Qualität der Debattenbeiträge anderer – pro und kontra –
beschäftigen. (Und irgendwo gehört ja auch der vorliegende Beitrag zu dieser
Kategorie der "Sekundäraufsätze".)
Eine vorzügliche und absolut
neutrale Darstellung sowohl der Thesen von Mearsheimer und Walt wie auch der Debatte
("Reception"; natürlich mit den entsprechenden Links) enthält der
Eintrag "The
Israel Lobby and U.S. Foreign Policy"
in der englischsprachigen Wikipedia (jedenfalls per 01.06.06, 19.42 h).
WIRD FORTGESETZT |
TO BE CONTINUED |
Vergleiche
zu diesem Thema auch meine Blog-Einträge
Propheten-Karikaturen und
Palästinenserfrage vom 04.02.2006,
sowie
Washington – Segesta – Athen – Tel Aviv: William Kristol und der peloponnesische Krieg + MORAL'S OWN COUNTRY oder LASSET UNS EINANDER BRÜDERLICHE HUETER SEIN! beide vom Januar 2007.
HISTORY IS A RUSSIAN NESTING DOLL |
...
und hier, liebe Netznestnutzer, Gelegenheiten satt zum Seitensprung:
Heimatreich -
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KRÄHENREICH |
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[1] Diese Zeile lautet (Stand 22.09.06) in den Libretti auf der Webseite "www. handel. it" wie auch bei "www. karadar. com" offenkundig fälschlich "And melts the shades away". Den richtigen Text muss man so zu sagen mit dem Elektronenmikroskop suchen: Er ist der Dissertation "Scanned Probe Microscopy of the Electronic Properties of Low-Dimensional Systems" [was immer das sein mag] von einem gewissen
Michael Thomas Woodside vorangestellt, der auch noch ein weiteres passendes Wörtchen zu unserem Streitfall weiß:
"Citius emergit veritas ex errore quam ex confusione . / Truth emerges more readily from error than confusion." — Sir Francis Bacon, Novum Organum (1620)
[2] [... wenn ich so schreiben könnte, wie Händel komponieren konnte!]
[3] Die Sache mit der Nato war eigentlich von vornherein unrealistisch und vielleicht nur quasi als Drohung dazu gedacht, die nicht der Nato angehörenden großen Staaten der UNO dazu zu bewegen, der Entsendung einer internationalen Friedenstruppe zuzustimmen.
[4] In einem Interview, das Dieter Wonka. Berliner Büroleiter der Leipziger Volkszeitung, mit Shimon Stein geführt hat, und dass am 29.8.06 (u. a.) im Giessener Anzeiger (der auch den Mantel für die hiesige Lokalzeitung "Gelnhäuser Tageblatt" liefert) veröffentlicht wurde, sagt Stein auf die Frage
Frage:
"Wenn Deutschland und die EU jetzt wesentlich die Israel-Libanon-Mission
begleiten, ist Europa damit so lange im Krisengebiet präsent, bis der
palästinensisch-israelische Konflikt gelöst ist?":
Antwort:
"Diese Mission ist zugeschnitten auf die UN-Resolution 1701 für den
Libanon. Diese Mission wird uns einige Jahre begleiten. Das wissen alle
Beteiligten. Wenn es mit Hilfe der internationalen Staatengemeinschaft gelingt,
den Libanon zu einem souveränen Staat zu machen und die Miliz zu zerschlagen,
dann ist das ein ganz wichtiger Beitrag zur Stabilisierung einer der
israelischen Grenzen. Die Hauptgefahr für die Region liegt in einer regionalen
Eskalation entlang der libanesisch-syrisch-israelischen Grenze. Es geht jetzt also nicht um die globale
Krisenregulierung, sondern um einen, wenn auch sehr wichtigen Friedensbeitrag."
Noch deutlicher wird er bei der nächsten Frage: "Deutsche Politiker sind jetzt auf den alten
Gedanken einer Nahost-Friedenskonferenz nach dem Vorbild der einstigen KSZE
gekommen. Ist das mehr als nur eine Show-Debatte?"
Antwort: "Immer wenn uns nicht Neues einfällt, kommen alte Ideen. Eine KSZE-Konferenz für den Nahen Osten ist nicht neu. Momentan sehe ich dafür keine Voraussetzung. ..... Wichtig ist, dass die Idee zu einer Nahost-Konferenz nach KSZE-Vorbild aus der Region und im Einvernehmen mit allen Beteiligten selbst kommen muss, wenn es überhaupt eine Aussicht auf Erfolg geben soll. Das darf nicht von außen aufgepflanzt werden." [Hervorhebungen von mir]
Man kann das auch kürzer und weniger diplomatisch sagen: Euer Gut und Blut dürft ihr dort einsetzen – aber sagen lassen wir uns von euch nichts. Mag sein, dass auch die Palästinenser nicht friedensbereit sind, aber die israelische Sturheit ist eine suboptimale Voraussetzung für eine erfolgreiche Mission von internationalen Friedenstruppen in jener Gegend.
Die gleiche Ausgabe des Giessener Anzeigers/Gelnhäuser Tageblatts enthält einen (wohl nicht ins Netz eingestellten) Bericht von Dieter Wonka über den Besuch der israelischen Außenministerin Zipi Liwni [auch "Tzipi" und "Livni" geschrieben] in Berlin u. d. T. "Außenministerin: Bloßes Beobachten bringt nichts". Wonka referiert darin folgende Äußerung: "Man dürfe mit der Libanon-Frage nicht andere Problembereiche der Nahost-Krisenregion verknüpfen". Europäische (und andere) Truppen halten also die Hisbollah im Zaum; Israel kann sich dann ungestört um die Palästinenser auf der "West Bank" und im Gaza-Streifen "kümmern". Divide et impera?
Einen positiven Aspekt hat die Hilfstruppengestellung dennoch: es kann nun nicht mehr der Verdacht aufkommen, dass wir Europäer von Intelligenzbestien regiert werden.
[5] Na sehen Sie, Henryk Broder, die Deutschen sind – auch wenn sie zwischendurch rein verbal mal aufmucken – am Ende in der Libanon-Sache doch wieder richtig dummbrav, handzahm wie immer!
[6] Was also die israelische Siedlungspolitik auf der "West Bank" angeht; im übrigen ist heftig umstritten, ob die These vom "Schwanz, der mit dem Hund wedelt", die politischen Verhältnisse zwischen Israel und den USA zutreffend beschreibt oder nicht.
[7] Karikaturen zum Thema USA-Israel – offenkundig aus (pro-)palästinensischer Sicht – findet man z. B. auf der Seite http://sabbah.biz/mt/archives/2006/09/02/john-mearsheimer-and-stephen-walt-pro-israel-lobby-influence-over-us-foreign-policy-on. [Direktes Anklicken klappt, bei mir jedenfalls, nicht. Man erreicht die Seite aber, indem man die URL kopiert und in die Adresszeile des Browsers einfügt]. Weitere Karikaturen zum Konflikt hier. (Ehrlich gesagt, verstehe ich die wenigsten genau, habe aber jedenfalls den Eindruck, dass hier die palästinensische Position zwar witzig, aber mit aller Härte, wenn nicht sogar hasserfüllt vorgetragen wird, obwohl - oder vielleicht: weil sogar? - manchmal mit Druck auf die Tränendrüsen.)
[8] In diesem Kapitel führen sie als Beleg u. a. den Artikel "Intractable Foes, Warring Narratives" von Eric Alterman vom April 2002; daraus hier einige Zitate:
"The conflict in the
"As can be seen from this list
of lists, the entire anti-Israel contingent of the punditocracy does not add up
to a single George Will or William Safire, much less a Wall Street Journal or
US News. It remains to be seen whether unqualified support for all of Israel’s
actions is really in that tortured nation’s best interest in the long run.
Sometimes the bravest and most valuable advice a trusted friend can give is
:'STOP.' "
[9] (Auch Kritiker von M-W werden einräumen müssen, dass ihnen hier zumindest eine hübsche Formulierung gelungen ist.)
[10] Einen der in den
Fußnoten zu diesem Kapitel von M-W als Beleg zitierten Artikel habe ich
gelesen: Anders Strindberg, "The New Commissars. Congress threatens to cut off funding to collegiate
[11] M-W sagen hier ihr eigenes Schicksal voraus.
Ein Grundproblem beim Antisemitismus-Vorwurf ist allerdings, dass dieser wohl aus echter Besorgnis erhoben werden kann, wie auch als bloßes Instrument zur Durchsetzung nationalistischer israelischer Politikziele. Im Einzelfall kann man nicht immer erkennen, was Besorgnis und was zynische Instrumentalisierung ist; ebenso kann man natürlich auch umgekehrt nicht in jedem Falle sicher sein, ob nicht doch Antisemitismus hinter der Kritik an Israel steckt.
[12] Ich stehe dieser Meinung von M-W skeptisch gegenüber. "Krieg für Israel" oder "Krieg für Öl" sind nicht die einzigen denkbaren Ursachen für den Entschluss zur Irak-Invasion, jedenfalls nicht in dieser direkten Form. Auch innenpolitische Gründe, die nichts mit der zionistischen und neokonservativen Lobby zu tun haben, können mitgewirkt haben: z. B. dass Bush Führungsstärke im Kampf gegen den Terrorismus demonstrieren wollte. Oder die USA hatten das Gefühl, dass sie außenpolitisch mal wieder klarstellen müssten, dass niemand ihnen ungestraft die Stirn bietet. Auf jeden Fall gilt aber m. E. der Satz "Ohne Öl kein Krieg" in dem Sinne, dass zwar nicht unbedingt der eigene Ölreichtum des Irak, aber doch zumindest die geographische Lage in dieser versorgungskritischen Region eine wesentliche Rolle in den amerikanischen Überlegungen gespielt hat.
Des ungeachtet sind jedoch -2- Stränge in der Argumentation von M-W insbesondere klar zu unterschieden und separat zu bewerten, nämlich
- die Gewichtung des tatsächlichen Anteils Israels und der pro-israelischen und neokonservativen Lobby am Zustandekommen des amerikanischen Kriegsentschlusses einerseits und
- andererseits die Frage, ob und ggf. mit welcher Intensität sich Israel und/oder die Lobby für einen Einmarsch im Irak ausgesprochen und ggf. daran mitgewirkt haben, die politischen Entscheidungsträger und/oder die öffentliche Meinung zu Gunsten eines Krieges gegen Saddam Hussein zu beeinflussen. Wenn sie in diese Richtung agitiert haben (was M-W durch zahlreiche Zitate usw. überzeugend belegen), muss man nach den Motiven fragen, und darf die Lobby an ihre Mitverantwortung für diese (Fehl-)entscheidung erinnern. Soweit Kritiker gegen M-W nur den ersten Aspekt ins Feld führen, sollte man im Einzelfalle prüfen, ob damit gleichzeitig das Ziel verfolgt wird, den 2. Sachverhalt zu verschleiern.
[13] Diese Feststellung erscheint mir sehr viel plausibler (wobei man natürlich darüber streiten kann, welche gewissermaßen prozentuale Vorstellung man mit "far less likely" verbinden will), als die im vorhergegangenen Kapitel von M-W aufgestellte These, dass "the war was motivated in good part by a desire to make Israel more secure." (Rein logisch sind die beiden Sätze allerdings kompatibel. Man darf also nicht davon ausgehen, dass M-W hier ihre Position etwa hätten abschwächen wollen.)
[14] In einer Pressekonferenz (Text – und Links zu einigen Zeitungsartikeln darüber - auch hier) in Washington, die wohl auch im Fernsehen übertragen wurde (und deren langer Text auch sonst lesenswert ist), führen sie zum Zusammenhang von Lobby und Irak-Krieg noch einmal bzw. ergänzend aus:
"If the lobby were less influential, the
Now, I want to emphasize here the lobby's
influence is not the only reason why the
But remember, neoconservatives, like
Paul Wolfowitz in the Pentagon, were quick to link Saddam Hussein to September
11th, even though there was no connection, and key groups in the lobby pushed
very hard to make the case for war. So
we argue that the
[15] Diese lockere Sicht auf die Möglichkeit einer weiteren Ausbreitung von Atomwaffen kann ich freilich nicht teilen. Außerdem schreiben die Autoren gerade 2 Sätze vorher, dass "the United States has its own reasons to keep Iran from going nuclear", was zwar kein logischer Widerspruch ist, aber doch nicht so recht zusammenpasst. Ich jedenfalls möchte (wie nicht nur die amerikanische, sondern auch alle europäischen Regierungen), nicht unbedingt eine unberechenbare und ggf. von Fanatikern geführte Atommacht am Busen unserer Ölvorräte sehen. Die Frage ist natürlich, wie weit man gehen will, um den Iran in die Knie zu zwingen, bzw. wie weit man angesichts der angespannten Ölversorgung überhaupt gehen kann. Noch einen Flop wie im Irak kann sich die Welt aus ressourcenwirtschaftlicher Sicht wohl kaum leisten. Und egal, ob wir es mit Sanktionen versuchen oder militärisch da reingehen (wobei ohnehin kaum vorstellbar ist, dass die USA und die Europäer die Energie, die notwendige Härte und das Geld aufzubringen willens wären, die man angesichts der Größe des Iran investieren müsste, um auch nur halbwegs Ruhe herzustellen): auf jeden Fall wird unsere Ölversorgung leiden. Frage ist also, ob wir wirklich etwas in der Hand haben, um den Iran von seiner Atompolitik abzubringen. Wenn nicht, haben wir gar keine andere Wahl, als die militärische Wahl des Iran zu akzeptieren.
[16] Diese edle Rolle, insbesondere das "paying", ist im Libanon jetzt für uns Europäer reserviert (ohne dass wir hoffen dürften, mit unseren Opfern einen dauerhaften und halbwegs gerechten Frieden zu schaffen). Die Dummheit ist halt doch nicht auf die eine Seite des Atlantik beschränkt.
[17] Während M-W sich zunächst mit öffentlichen Auftritten zurückgehalten haben, scheinen sie nun 'einen Gang höher zu schalten' – oder sich aus der Reserve (oder in die Falle?) zu begeben (oder locken zu lassen?). Zwar wird man den Bericht von Dana Milbank vom 29.08.06 "Pronouncing Blame on the Israel Lobby" über einen öffentlichen Auftritt von Mearsheimer und Walt in einem Presseclub in Washington mit Vorsicht genießen müssen, denn seine 'lobbyistische' Tendenz ist ausgesprochen krass. Auch (oder gerade), wenn man diese Tendenzen im Artikel in Rechnung stellt, gewinnt man den Eindruck, dass M-W sich hier auf ein für sie (und ihre Meinungsbildung und Meinungsfreiheit) nicht unriskantes Terrain begeben. Dürfte man annehmen, dass M-W mit der deutschen Religionsgeschichte vertraut sind, würde ich ihnen zurufen: "Vorsicht! An jeder Ecke der diversen Hyde-Parks könnte ein Johann Maier lauern!" // ein Link zur offiziellen CAIR-Mitschrift der Pressekonferenz vom 28.08.06. Dort ein weiterer Link zu einer anderen Seite (mit Links zu verschiedenen Reaktionen und schließlich gibt es auch ein Video der Veranstaltung.
[18] Vgl. dazu auch unten den Abschnitt "Über die Wahrscheinlichkeit und ggf. die Modalitäten eines Paradigmenwechsels in der US-amerikanischen Nahostpolitik"
[19] Und nicht nur nicht-rational: es ist offenbar zur Organisation des sozialen Lebens-Raumes unentbehrlich.
[20] Aus diesem Grunde kann man auch überhaupt daran zweifeln, ob derartige Dynamiken mit dem Werkzeug unserer Sprache überhaupt adäquat beschreibbar sind.
[21] "Aus der" statt einfach "der" Debatte, weil ich keine systematische und/oder erschöpfende Betrachtung präsentiere(n kann), sondern lediglich einige Punkte, die ich für wichtig halte oder die mir in den Sinn gekommen sind, behandele.
[22] In gewisser Hinsicht relativieren M-W ihren Satz denn
auch wieder, indem sie gleich anschließend fortfahren: "But the creation of Israel involved additional crimes against a
largely innocent third party: the Palestinians."
[23] In einer entfernt
vergleichbaren Weise bewerte ich auch den Ansturm der Armutsmigranten z. B. auf
die Grenzzäune von Ceuta, oder die Küsten Italiens usw., als eine Form von
Aggression, gegen die wir uns legitimer Weise verteidigen dürfen und müssen.
Hier geht es den Einwandernden zwar nicht um das Ziel einer Staatsgründung; sie
wollen unsere Gesellschaft nicht einmal verändern (sondern von ihr
profitieren). Auch eine Gesellschaft ist aber eine Art Ökotop, das zwar mit der
Umwelt in Austausch bleiben muss (also sich z. B. auch nicht völlig gegen
Zuwanderung abschotten sollte), das aber auch "kippen" kann, wenn man
zu viel "reinkippt", was nicht reinpasst. Auch hier bringen die
Zuwanderer Verhaltensweisen und Wertvorstellungen mit (nicht nur religiöser
Art, sondern mehr noch den "Clanismus" und "Klientelismus",
die die Sippe und persönliche Beziehungen über den Staat stellen und, wenn sie
sich allzu sehr ausbreiten, unsere Gesellschaft deutlich zum Negativen
verändern würden).
[24] Aufgrund eines Hinweises im Wikipedia-Stichwort zu Arnold J. Toynbee (der mich momentan im Zusammenhang mit einer Analyse des Buches "Das Ende des Weißen Mannes" von Manfred Pohl interessiert hatte), fand ich am 20.03.07 in diesem UN-Dokument einen Text, der meine Vermutung über das "Einsickern" der Juden in das britisch besetzte Palästina untermauert und bestätigt:
"
'All through those 30 years, Britain
(admitted) into Palestine, year by year, a quota of Jewish immigrants that
varied according to the strength of the respective pressures of the Arabs and
Jews at the time. These immigrants could not have come in if they had not been
shielded by a British chevaux-de-frise. If Palestine had remained under
Ottoman Turkish rule, or if it had become an independent Arab state in 1918,
Jewish immigrants would never have been admitted into Palestine in large enough
numbers to enable them to overwhelm the Palestinian Arabs in this Arab people's
own country. The reason why the State of Israel exists today and why today
1,500,000 Palestinian Arabs are refugees is that, for 30 years, Jewish
immigration was imposed on the Palestinian Arabs by British military power
until the immigrants were sufficiently numerous and sufficiently well-armed to
be able to fend for themselves with tanks and planes of their own. The tragedy
in
[25] * Gibt es eigentlich
irgend etwas, das in der – englischsprachigen – Wikipedia nicht behandelt wird?
Auf jeden Fall gibt es dort einen ellenlangen Artikel – den ich allerdings noch
nicht gelesen habe – zum Thema "International
law and the Arab-Israeli conflict".
[26] [Das war so erhebend, und
auch so lang: jetzt muss ich erst einmal tief durchatmen, bevor ich weiter
schreibe.]
[27] "The conventional wisdom is that, even if both sides are at fault, the
Palestinians are irrational 'terrorists' who have no point of view worth
listening to. Our position, however, is that the Palestinians have a real grievance: their homeland for over a thousand years was taken, without their
consent and mostly by force, during the creation of the state of
[28] Am Schluss münden übrigens die auf der theoretischen Ebene recht radikalen moralischen Überlegungen in jenem Text gleichwohl in praktikable Vorschläge ein.
[29] “(Barak) promised peace and brought war, and not by accident. While
speaking about peace, he enlarged the settlements."
schreibt auch "Uri Avnery, February 3, 2001, www.gush-shalom.org" (dort habe ich das Zitat
nicht finden können), deshalb hier zitiert nach "The Origin of the Palestine-Israel Conflict", "Published by Jews for Justice in the Middle East"
[31] Dazu heißt es am Schluss des
bereits zitierten Aufsatzes "The Origin of the Palestine-Israel Conflict": "Given the history outlined in this paper, we conclude that the
Palestinians have gotten 'the short end of the stick' and that justice demands
that wrongs should be righted. Full and complete justice would entail allowing
any Palestinian to return to
[32] Zur Entstehung des Flüchtlingsproblems (Flucht und/oder Vertreibung, Verhinderung der Rückkehr durch Israel) vgl. z. B. den Wikipedia-Eintrag "Palestinian Exodus" mit weiterführenden Links.
[33] Beispielsweise zur Situation im
Jahre 2005: "According to the Israeli
Central Bureau of Statistics, in the first half of 2005, there was a 28%
increase in settlement housing starts compared to the same period in 2004.
Israel now proposes to further expand West Bank settlements in the coming year.".
[34] Auch in Deutschland finden sich (oder findet sich zumindest eine) Webseiten, die sich um einen Brückenschlag zwischen Israelis und Palästinensern bemühen. Hier die von einem Herrn Reiner Bernstein über die "Genfer Initiative" (anscheinend eine private Konferenz zwischen Israelis und Palästinensern, die im Jahre 2003 in Genf Grundsätze für eine Friedensregelung erarbeitet hatte).
[35] Prof. Walt in der Pressekonferenz (S. 7) vom 28.08.06 zum Thema:
"If the lobby were less powerful,
the
[36] Wichtig (aber nicht überraschend) auch seine Feststellung:
"Die Tatsache, dass die Bosniaken schließlich durch ein westliches Bündnis gerettet wurden, wird demgegenüber kaum wahrgenommen."
[37] In
Auseinandersetzung mit der Studie bringt David Verbeeten u. d. T. "How Important Is the Israel Lobby?" u. a. eine informative Darstellung der
historischen Entwicklung der Lobby. Auch wenn sein Aufsatz in der
Vierteljahrsschrift "The Middle East Quarterly" (Herbstausgabe 2006)
erschienen ist, die vom "Middle East Forum"
herausgegeben wird, also ein Publikationsorgan "der Lobby", darf man
auf die richtige Wiedergabe der geschichtlichen Fakten wohl vertrauen. Die
Bewertung der Relevanz (und die Vollständigkeit) ist natürlich eine andere
Sache.
Was die Gegenüberstellung zu M-W betrifft, irritiert seine Behauptung, diese hätten die Loby als "mysteriously large" definiert ["large" geht o. k., aber wieso "mysterious"?]. Er selbst reduziert dagegen die zionistische Lobby in den USA fast total auf das AIPAC, was an den Thesen von M-W natürlich total vorbei geht.
[38] Das heißt jedoch nicht, dass die 'Profilobby' gänzlich im Geheimen wirken könnten. Ihre Interessenlage ist schließlich in der Regel bekannt (wobei sie möglicher Weise in Sachen Irak-Krieg von denjenigen falsch eingeschätzt wird, welche die Öl-Lobby für die Invasion verantwortlich machen wollen). Und die eine oder andere sichtbare "Spur" hinterlässt die Lobby dann doch: Vielleicht will ein politischer Entscheidungsträger ihr eins auswischen, oder er missbilligt ihr Wirken in einer bestimmten Angelegenheit, oder er verspricht sich politischen Profit von einer Enthüllung: wenn es um größere Ereignisse geht, können lobbyistische Einflussnahmen nicht unter der Decke gehalten werden.
[39] lies: weil mir momentan nichts Besseres einfällt
[40] Nicht für seine Einschätzung der Rolle der zionistischen Lobby, sondern aus irgendwelchen dubiosen Gründen, die für mich eher den Eindruck eines kleingeistigen Hick-Hacks als eines sauberen intellektuellen Florettkampfes machen, gibt jedoch der "Angry Arab" è AbuKhalil, As'ad, wiederum dem Ibish Saures in seiner Antwort "The Myth of the Arab Lobby: a Reply to Ibish".
[41]
Zitat zu diesem Thema von Stephen Walt aus der Pressekonferenz
vom 28.08.06: "Second, we didn’t accuse and don’t accuse anyone of
being disloyal to the United States. Rather, we recognize
that all of us have many commitments and affinities to our country, to our
religion, to our families, sometimes to our employers. It’s entirely permissible
for those different commitments and attachments to manifest themselves in
politics. That’s perfectly okay here in the
[42] Für diejenigen, welche tiefer in die Links-Rechts-Auseinandersetzungen in den USA einsteigen möchten, hier ein Link zu einer Gegenposition zu dieser Zeitschrift. Auf der 'technischen' Ebene interessant (zwar nicht nur hier zu finden, aber auf deutschen Webseiten doch eher selten) ist die graphische Netzwerk-Präsentation ("visual maps") der organisatorischen und personellen Verflechtungen. Das ganze Gesindel der amerikanischen Linken, Bürgerrechtler, Gewerkschaften, Terroristen, Umweltschützer, Israelfeinde und Anti-Israel-Organisationen, wird auf dieser Webseite "discoverthenetworks.org" schön säuberlich aufgelistet und mit Steckbrieffotos versehen. Mearsheimer und Walt waren - per 23.07.06 - noch nicht ins Visier dieser Feindaufklärer geraten, die unpatriotisches, anti-israelisches und/oder gegen die geltende Gesellschaftsordnung aufmüpfiges Pack in einem Topf grillen – bzw., getrennt nach Organisationen und Individuen, in zwei Töpfen. Immerhin sortiert man die linken Subjekte – darunter auch Hilary Clinton – vorher noch in Radikale Linke, Gemäßigte Linke, Herzenslinke usw.
[43] Das liegt, und daran kann man insbesondere einige allzu simplizistische Bush-Basher bei uns nicht oft genug erinnern, nicht nur im amerikanischen, sondern auch in unserem Interesse, und letztlich im Interesse aller Erdöl importierenden Länder der Erde!
[44] ... die wiederum nicht mit den 'wahren' Interessen Israels übereinstimmen müssen!
[45] Zur Vorgeschichte der Irak-Invasion vgl. als deutschsprachigen Text auch die Magisterarbeit von Sandra Fabry: "Von Dual Containment zur Achse des Bösen – Die amerikanische Politik gegenüber Iran und Irak seit den frühen neunziger Jahren" (aus dem Jahr 2002?), S. 93 ff. [Ich selbst habe den Text allerdings nur überflogen und kann mir kein Urteil über Inhalt und Qualität erlauben.]
[46] Für
frühere Stimmen in dieser Richtung vgl. – indirekt - z. B. bei Michael Kinsley,
„J’Accuse, Sort Of. You never know where you’re going to
find anti-Semitic propaganda“ vom 12.03 2003 oder bei Stephen è Zunes „The U.S. Invasion
of Iraq: Not the Fault of Israel and Its Supporters“ vom 04.01.2006.
[47] Die UN-Resolution
242 verlangt (im englischen Text) ein "Withdrawal of Israeli armed forces from territories
occupied", also nicht "from the" (oder gar: "from all
the") territories occupied.
Dagegen heißt es im französischsprachigen Text "Retrait des forces armées israéliennes des territoires occupés au cours du récent conflit". "Des" ist bekanntlich die Zusammenziehung von "de les", also "von den" besetzten Territorien, somit auch sprachlich eindeutig "allen" besetzten Gebieten (anderenfalls müsste es "de" heißen – s. u.).
Hier ein Auszug aus einer französischen (pro-zionistischen) Webseite, wo dieser Streit um einen (fehlenden) Artikel dargestellt wird:
"Sens juridique de la Résolution 242
Un désaccord existe quant à l'interprétation de
l'alinéa 1 du premier paragraphe de la Résolution 242. Le texte anglais de la
résolution dit précisément :
« Withdrawal of Israel's armed forces from
territories occupied in the recent conflict », ce qui se traduit par : «
Retrait des forces armées israéliennes de territoires occupés au cours du
récent conflit. »
Le texte français de la résolution indique par
contre :
« Retrait des forces israéliennes des territoires occupés
au cours du récent conflit. »
Selon Lord Caradon, rédacteur de la Résolution 242
en 1967, c'est bien le texte anglais qui fait foi. Les gouvernements d'Israël
et des États-Unis considèrent donc que la Résolution 242 fait obligation à
l'État hébreu d'évacuer certains territoires acquis au cours de la guerre des
Six Jours, mais pas tout le territoire. Les États arabes considèrent au
contraire qu'Israël doit revenir aux lignes de cessez-le-feu en vigueur le 4
juin 1967, à la veille de la guerre.
Il est à noter que le mot anglais « all » (tous) a
été soigneusement évité : « Withdrawal from territories » et non pas : «
Withdrawal from all the territories ». Ce qui confirme l'interprétation
israélo-américaine."
Mein Kommentar dazu: also würde die UN-Resolution auch mit einem Rückzug aus 0,01 Prozent der besetzten Gebiete wörtlich erfüllt!!???
Eine englischsprachige Darstellung des Sachverhalts findet sich auf einer Webseite "palestinefacts". Es handelt sich – leicht erkennbar – um eine zionistische Propaganda-Seite. Trotzdem kann man die Darstellung nicht einfach als "falsch" bezeichnen. Man muss wohl eher davon ausgehen, dass Großbritannien (gewissermaßen in Fortsetzung seiner im Hinblick auf die Balfour-Declaration und gleichzeitige gegenteilige Versprechungen an die Araber schon als traditionell zu bezeichnenden Perfidie) ganz bewusst diese Ambiguität eingebaut hat. Denkbar ist aber auch, dass der Text auf amerikanische "Inspiration" zurück geht und dass also die USA schon damals ihre schützende Hand über die israelischen Nationalisten gehalten und bewusst eine derart (scheinbar) un-eindeutige Formulierung der Resolution durchgesetzt haben: Spielmaterial für künftige Konflikte und die israelische Besatzungsbesiedlung.
[49] Stephen Walt in der Pressekonferenz vom 28.08.2006 zum Einfluss der Lobby auf die Entscheidung für die Irak-Invasion: "... we argue that the Israel lobby was a necessary, though not sufficient, condition for the Iraq war. Without the lobby, the war would have been much less likely." [Hervorhebung von mir]
[50] Ich will gar nicht verschweigen, dass ich den Krieg zur Befreiung von Kuwait auch im moralischen Sinne für "sauber" halte. Er war gewissermaßen eine ideale Kombination von "gerechtem Krieg" (gegen die Völkerrechtsverletzung durch die Aggression von Saddam Hussein) und der Verteidigung eigener Interessen, wobei "eigene" hier nicht nur US-Interessen sind. Seinerzeit haben die USA die Interessen aller Erdöl verbrauchenden Länder (nicht zuletzt also auch unsere - deutschen, europäischen) verteidigt, denen an einem noch stärker konzentrierten Oligopol, mit einem Großteil der Ölvorräte in der Hand eines skrupellosen Diktators, nicht gelegen sein kann. Deshalb hätte ich mir (anders als beim jetzigen Irak-Krieg) gewünscht, dass Deutschland sich auch militärisch an diesem Krieg beteiligt und nicht nur das Portemonnaie gezückt hätte.
Das aber nur als eine
Randbemerkung und als Warnung an uns (Deutsche, Europäer) selbst, dass wir
selbstbewusst, aber vernünftig und realistisch denken anstatt uns z. B. einem
irrationalen Antiamerikanismus hinzugeben. Dies gilt auch und gerade dann, wenn
wir über das Bush-Abenteuer der Irak-Besetzung nur den Kopf schütteln können.
In diesem Zusammenhang
("keine Schadenfreude über amerikanische Misserfolge im Irak") möchte
ich auch auf die klugen Bemerkungen von Francis Fukuyama in seinem Artikel
"Europeans should beware of wishing for US
failure in Iraq"
verweisen und verlinken, denen ich voll zustimme. Denn unser Patriotismus
sollte sich in drei konzentrischen Kreisen aufbauen: deutscher, europäischer
und "Kulturkreispatriotismus"
(auch wenn diese Loyalitäten natürlich gelegentlich miteinander im Konflikt stehen
werden).
[Übrigens bedeutet meine
Zustimmung zu Francis Fukuyamas o. a. Aufsatz nicht, dass er sich nach meiner
Meinung ohne Ausnahme besonders intelligent äußert. Wenn er in seinem Artikel
"US Must
Balance Hard Power With Soft Power" glaubt, die Situation im Irak
auch nur entfernt mit derjenigen in Deutschland und Japan nach dem 2. Weltkrieg
parallelisieren zu können, indem er sagt "The historical record shows that where state-building has been
successful - Germany, Japan, South Korea - American forces have stayed for at
least two generations, that is 40 or 50 years. Those countries where the US has
stayed five years or less - Haiti is a good example - have not had any lasting
change or are worse because of US intervention." und "Enduring change in Japan, Germany and South
Korea came as a result of [American!]
bipartisan strategic consensus over decades. We don’t have
that in Iraq.", dann möchte ich
ihm, was seine Vorstellung über die Rolle der US-Besatzung in Deutschland beim
"state-building" (nach 1948) angeht, zurufen: "Vor
Inbetriebnahme des Mundwerks Gehirn einschalten!"]
[51] Für einen ersten Überblick über Hintergründe
und Ursachen der Panama-Invasion erscheinen mir insbesondere folgende -4- im
Internet verfügbare Aufsätze nützlich:
Die Historikerin Jane Franklin hat u. d. T. „PANAMA: BACKGROUND OF
U.S. INVASION OF 1989“ eine ausführliche Chronologie ins Netz gestellt.
Eytan Gilboas Aufsatz „The Panama Invasion“ (der auf
mehreren Webseiten verfügbar ist) ist mit seiner klaren Schilderung der -5-
sich steigernden Krisensituationen vor der Invasion vielleicht die beste im
Internet verfügbare Übersicht über die Vorgeschichte des amerikanischen
Einmarsches in Panama.
Eine Erklärung der
Kriegsgründe versucht die Historikerin Jane Kellett Cramer u. d. T. „The
Elusive Diversionary Theory of War and
Dann kann man allerdings ebenso gut sagen, dass das
Volk (oder das politische System) den Krieg wollte bzw. herbeigeführt hat, und
nicht eine einsame Entscheidung des Präsidenten.
Genau das ist die Position von Peter M. Sanchez, der
in dem Aufsatz „The
End of Hegemony? Panama, the United States and Latin American
Security After the Year 2000“ die Machtlogik der Supermacht, des Hegemons, als
eigentliche Ursache der Panama-Invasion sieht; eine Auffassung, die mich
überzeugt.
[52] In dieser Richtung hat z. B. Martin è Kramer im Vorfeld der Invasion in seinem Artikel "From Afghanistan to Araby. Sept. 11 and the Mideast" (vom 10.12.2001) argumentiert; aus meiner Sicht freilich nicht überzeugend (s. dazu unten bei "Kramer").
[53] "Some Americans believe that
this was a 'war for oil,' but there is hardly any direct evidence to support
this claim." heißt es dazu wohl
zutreffend bei M-W. Und der theoretische Physiker Jean Bricmont ("How to Deal with The
Lobby. The De-Zionization of the American Mind") formuliert logisch scharfsinnig und im
faktischen Bereich wohl zutreffend:
"There is no evidence whatsoever that the oil
industry, for example, pushed for the
Schließlich sei noch
Stephen è Zunes als
(indirekter) Kronzeuge angeführt. In dessen Antwort "The Israel
Lobby: How Powerful is it Really?" auf M-W vom 16.05.06 kommt das
Wort "oil" überhaupt nur zweimal vor. Die hier allenfalls in
Betracht kommende Stelle lautet: "Indeed,
oil companies and the arms industry exert far more economic and ideological
influence over
Dass da auch noch
andere Interessen im Spiel sind heißt zum einen nicht, dass sie auch
lobbyistisch verfolgt worden sein müssen. Die US-Regierung wird schon von sich
aus die Sicherheit der Ölversorgung im Auge haben. Und vor allem stehen die
Ausführungen von Zunes nicht in einem logischen Widerspruch zu M-W. Denn dass
die Öl-Industrie und andere die US-Regierung zum Einmarsch in den Irak gedrängt
haben, kann Zunes nicht nur nicht beweisen: er behauptet es noch nicht einmal!
Die bloße Existenz derartiger Interessen zwingt keineswegs zu der Annahme, dass
der Einmarsch durch deren Wirken (hinter den Kulissen) herbeigeführt wurde.
Indirekt bestätigt also Zunes mit seinen vagen Andeutungen sogar die klare
Aussage von M-W, wonach "there is no
evidence whatsoever that the oil
industry, for example, pushed for the Iraq war". [Hervorhebung von
mir] Gewissheit wird es in diesem Punkt kaum jemals geben; die bisher bekannten
Fakten und logische Überlegungen (vgl. oben bei Bricmont) sind indes nicht
geeignet, die Annahme eines Kausalzusammenhanges zwischen einem lobbyistischem
Wirken der Öl- und/oder Waffen-Industrie und der Irak-Invasion überzeugend
darzustellen. (Und das ist sehr vorsichtig formuliert!)
[54] In
diese Richtung argumentiert tatsächlich der Lobby-'Angehörige' Martin Kramer, wenn er in
seinem Aufsatz "From
Afghanistan to Araby. Sept. 11
and the Mideast" vom 10.12.2001, also im Vorfeld der Invasion, schreibt: "For 9/11 to count in the Arab world, the
[55] In der Debatte ist anscheinend die Möglichkeit
bislang unberücksichtigt geblieben, dass Israel an einem US-Krieg im Irak aus
ganz anderen Gründen als denen einer direkten militärischen Sicherung
interessiert sein könnte. Denkbar erscheint immerhin, dass dieser Krieg aus
israelischer Sicht die Funktion eines "diversionary
war" erfüllen könnte, indem er vom Palästinakonflikt ablenkt.
Ein noch wichtigerer Interessengesichtspunkt könnte für Israel darin liegen,
dass der Irak-Krieg die arabischen Länder noch mehr gegen die USA aufbringt
(und, da erstere natürlich ebenfalls das Drängen Israels für den Einmarsch in
den Irak registriert haben, beide Seiten noch zusätzlich dadurch entfremden,
dass die USA auch in diesem Konflikt wieder als Sachwalter israelischer
Interessen wahrgenommen werden).
Dass die israelische Politik und die zionistische
Lobby in einem solchen Falle ihre wirklichen Motive nicht aussprechen könnten,
sondern (militärische) Sicherheitsinteressen vorschieben müssten, liegt auf der
Hand.
(Weitere Ausführungen zu diesem Punkt siehe unten bei
"Zunes, Stephen".)
[56] Auch Martin è Kramer bewertet in seinem (gegen M-W gerichteten) Aufsatz "The American Interest" die anti-israelische Rhetorik iranischer Politiker als Ablenkungsmanöver. Dazu mehr unter "Kramer".
[57] Iin seinem Aufsatz ist nur davon die Rede, dass der Iran die Hisbollah finanziert: für Kristol reicht das schon, um eine "Aggression" zu konstatieren. Gegen die USA? Oder Israel? Das ist Kristol herzlich gleichgültig: auf sie mit Gebrüll! Wenn man diesen Agitprop-Aufsatz gelesen hat, spürt man als Außenseiter plötzlich hautnah, woher bei Leuten wie Kristol der Wind weht, und warum Mearsheimer als Patrioten in Sorge sind.
[58] Diese Art der Darstellung erinnert mich irgendwie an die Argumentation und Rolle der Elymer im vorrömischen Sizilien: auch so ein Volk that stood with Athens and was willing to fight with the Athenians against some imanginary common enemies.
[59] ("wissenschaftlich" in jener weiteren Bedeutung, wie sie bei der Bewertung geisteswissenschaftlicher Texte im Vergleich zu naturwissenschaftlichen Arbeiten unvermeidlich ist)
[60] Die entsprechende Passage in der Studie lautet:
"The final moral argument portrays
[61] In diesem Zusammenhang ist eine Bemerkung aus dem Artikel "A TIME OF CHANGE. ISRAELIS, PALESTINIANS AND THE DISENGAGEMENT. Even the closest of Palestinian friends are divided on the 'right of return' issue" von Matthew B. Stannard in der San Francisco Chronicle vom 28.07.05 interessant. Der Zeitungsaufsatz versucht, aus der unterschiedlichen Perspektive von -2- palästinensichen Freunden im Westjordanland die Bedeutung des Rückkehrrechts für diese (und damit natürlich auch für die Friedensverhandlungen) zu beleuchten. Der eine, Saleh, im jetzigen Staat Israel geboren und 1947 geflüchtet, will um keinen Preis einen Friedensschluss ohne ein Rückkehrrecht für alle Flüchtlinge akzeptieren. Der andere, Amer, auf der West Bank geboren, wäre bereit, einen Frieden im Rahmen des Möglichen abzuschließen, auch wenn die Palästinenser dabei auf ein Rückkehrrecht verzichten müssten: "we should take what we can get". Aber er macht eine reservatio mentalis. "For Amer, ... compensations for the right of return are irrelevant – for now. ... Which doesn't mean future generations might not struggle for that right, Amer added, no matter what deals are made today." [Hervorhebung von mir] Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, dass diese Einstellung auf palästinensischer Seite auch unter den "Tauben" weit verbreitet sein dürfte, was sicherlich keine gute Voraussetzung für einen dauerhaften Frieden ist.
[62] Für die USA wäre es in
moralischer Hinsicht deutlich leichter als für uns Deutsche, eine politisch
souveräne Position im Nahost-Konflikt einzunehmen.
Nachdem aber Amerika jahrzehntelang die fortschreitende israelische Kolonisierung des Westjordanlandes toleriert und letztlich sogar finanziell unterstützt hat, wird es nicht einfach sein, den Palästinenser, Arabern und islamischen Völkern eine evtl. Kehrtwendung so zu vermitteln, dass sie nicht als ein Zeichen von Schwäche und somit als ein Erfolg des Terrors gegen die USA erscheint.
[63] "One reason for the Lobby’s success with Congress is that some key members are Christian Zionists ..." (S. 17).
[64] "... the Lobby’s membership includes neoconservative gentiles ..."
(S. 15)
Nach den Feststellungen
von M-W, treten praktisch alle Neokonservativen für die Interessen Israels ein:
"Like virtually all the
neoconservatives, Feith is deeply committed to Israel" (S. 34,
Hervorhebung von mir)
[65] z. B. Mark Kober-Smith; vgl. dazu auf der Seite "Zionist Quotes" (unten) in der Internet-Präsenz "Palestine Remembered", die für sich in Anspruch nimmt, für die Palästina-Flüchtlinge zu sprechen.
[66] Bei
M-W verfangen solche Methoden allerdings nicht. In einem Zeitungskommentar über ihre Pressekonferenz vom 28.08.06 lesen wir: "Mr. Mearsheimer and co-author Stephen M.
Walt, an international affairs scholar and academic dean at Harvard's
[67] Und im Bereich der Kuriosa – oder der Geschäftstüchtigkeit – mittlerweile auch T-Shirts und Buttons gegen die Israel-Lobby in den USA.
[68] Muss ich dazu jetzt im Buch des gescheiterten Kunstmalers nachschlagen, 'to cull examples of and recommendations for' diese Art von Meinungsmache? Wohl nicht; jeder (zumindest jeder von den mutmaßlich einschlägig beschlagenen Lesern meines Aufsatzes) weiß, wie Joseph Klumpfuß & sein Boss seinerzeit die öffentliche Meinung gelenkt haben.
[69] Darf bzw. muss man daraus folgern, dass es Versuche gegeben hat, diese Freiheit durch ökonomischen Druck einzuschränken?
[70] Eingabe ohne die Anführungszeichen
[71] Vgl. dazu im Blog von Philip Weiss der Bericht über die Ausführungen von Stephen Walt in einer Pressekonferenz vom 28.08.2006:
"Milbank says he overheard Walt saying after
his talk at the Council on American-Islamic Relations that if you take a
position against Israel, your business will suffer. Wrong. Walt is no
businessman, he's a student of policy, and what he said is that if you talk about this stuff, your academic/professional career
suffers. (It's the same point he made several weeks back on the Diane Rehm
show and that I blogged about then.) Many colleagues have said to Walt,
"You're never going to work in
[72] Das natürlich besonders dann, wenn Berichte derart tendenziös sind und stellenweise sogar in ausgesprochene Hetze abgleiten ("two blue-eyed men with Germanic surnames"), wie etwa der Artikel "Pronouncing Blame on the Israel Lobby" von Dana Milbank in der Washington Post vom 29.08.2006. In dem Blog "Washington Syndrome" eines "attorney originally from Alaska, intermittently through Sweden, and now in Washington, D.C.," dessen Interessengebiete "include politics, religion, legal theory, opera, and Scandinavia" kritisiert der Blogger den Artikel von Milbank einmal mehr allgemein und konfrontiert dann sehr überzeugend in einem weiteren Beitrag die verkürzenden und verfälschenden Darstellungen von Milbank (eine weitere Emser-Depeschen-Technik?) mit der Mitschrift der Pressekonferenz.
Unbedingt lesen sollte man in diesem Zusammenhang auch die Kritik an Milbank, Hintergrundinformationen über die ethnische Herkunft von Walt (gemischt, hauptsächlich dänisch) und seiner Ehefrau (jüdisch!) im Blog von Philip è Weiss (der sich auch in der Debatte schon auf die Seite von M-W gestellt hatte).
[73] Der
sich von der Kritik offenbar nicht beeindrucken lässt und seine Meinung nicht
geändert hat: vgl. das Interview
u. d. T. "The Way The Israel Lobby
Steers The Policy Of The Biggest World Power" der polnischen Zeitung
'Niedziela' (übersetzt wohl: "Sonntag") Ende August (34. Ausgabe) 2006 gegeben hat.
[74] Jetzt erneut Prof. Walt in der Pressekonferenz (S. 9) vom 28.08.06: "We are now preparing a lengthy response to our critics that will show the various factual criticisms are without foundation. And it’s also worth noting that most of these criticisms dealt with secondary issues anyway, not with the main arguments in our book." [Hervorhebung von mir]
[75] Vgl. analog auch die marxistische Kritik am "Klassenrecht".
[76] Nicht nur z. B. Oswald Spengler, sondern ganz aktuell noch Francis Fukuyama ebenso wie Samuel Huntington sehen hauptsächlich die Konflikte als die Essens von "Geschichte" oder als das an, was die Geschichte voran treibt.
[77] In diesem Zusammenhang habe ich gelegentlich, auf uns Europäer gemünzt, den Begriff "Aschevölker" verwendet.
[78] Natürlich müsste man das dann auch den Arabern zubilligen - und in der Konsequenz auch den Terroristen?
[79] Meistenteils handelt es sich um Fragen, auf die ich selbst keine Antworten geben kann.
[80] Siehe mein Blog-Eintrag "UNSYSTEMATISCHE FRAGEN UND NOTIZEN ZUR BILDUNG (UND ZUM ZERFALL) VON GESELLSCHAFT(EN) oder KANN MAN SOZIALE DYNAMIK(EN) ABSTRAKT BE-SCHREIBEN UND VERSTEHEN?" vom 14.11.05
[81] Dieser Begriff hier im Sinne der "realistischen" Schule der Politologie zu verstehen
[82] Ich fühle mich als Deutscher wieder mal so richtig zum PISAner degradiert, wenn ich nach Informationen über die Bedeutung des Begriffs "Fortuna" im Werk von Machiavelli suche: auf deutschsprachigen Seiten nur kurze Textpassagen zu dieser spezifischen Frage und großenteils noch unscharfes Blabla; auf englischsprachigen dagegen ausführliche Analysen von brillanter intellektueller Schärfe (vgl. z. B. " Crick on Necessity, Fortune and Virtue in Machiavelli", oder das "Summary" einer Darstellung in 25 (!) Kapiteln bei "Yahoo Education // Homework Help".
[83] z. B. dann, wenn die Transportquote von body-bags aus dem Irak eine kritische Menge überschreitet?
[84] Die echten, das heißt plötzliche Umschwünge in scheinbar völlig gefestigten Verhältnissen, nicht alle jene kleinen Änderungen, die heute begriffsinflationierend als "Paradigmenwechsel" bezeichnet werden.
[85] Selbstbeschreibung: "What is the Institute for
Research Middle Eastern Policy?
IRmep:
Defining and promoting
The Institute for Research Middle Eastern Policy (IRmep) is a think tank
working to define, communicate and promote
Although many IRmep analysts work
anonymously to protect themselves and their universities from de-funding and
smear campaigns, IRmep programs provide a unique forum for key voices in the
Middle East policy debate; those who have been shunted aside are again
promoting their ideas in a constructive, protective and proactive manner
“purpose built” to obtain results.
IRmep’s credibility also derives from its
funding. Unlike the American Enterprise
Institute, Brookings Saban Center, Hudson Institute, Middle East Forum and the
Washington Institute for Near East Policy funding for IRmep Middle East
research does not derive primarily from groups and individuals and sources
promoting hidden agendas. IRmep base
support comes from the donations of concerned individuals who are alarmed by
the current direction and authors of
[86] Candace de Russy, alles andere als eine Israel-Gegnerin, referiert das Ergebnis in der National Review Online, geht dabei aber irrtümlich davon aus, dass 2.300 Experten befragt worden seien, wenn sie schreibt:
"The Middle East Academic Survey Research
Exposition (MEASURE) has surveyed 2,300 academics focused on the
Middle East regarding their views on the Walt-Mearsheimer paper, The
Da ist sogar die Darstellung auf der Webseite des US-Nazis David Duke korrekter (wenn auch nur ein klein wenig): "The Institute for Research: Middle Eastern Policy (IRmep) compiled and presents survey responses drawn from a pool of 2,300 academics with advanced degrees in Middle East area studies. The surveyed group’s terminal degree profile is 61 pct. PhD, 14 pct. MA, 13 pct. MS." [Hervorhebung von mir] Dass allerdings tatsächlich nur 71 Experten aus diesem "Pool" befragt wurden, verschweigt er geflissentlich, obwohl er (im Gegensatz zu de Russy), das sicherlich nicht überlesen hat.
[87] alphabetisch nach Familiennamen der Autoren geordnet