Majolikareich:

 

"Bibliothek"

LE CHIEN QUI LIT

Eingstellt am 14.07.2003; Stand: 09.12.2006

 

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Gliederung, vorläufig:

 

I.                    Allgemeine Werke über Keramik; Lexika

II.                 Majolika, einzelne Epochen: Allgemeine Werke [hier auch: Historismus, Majolika heute]

I.                    Majolikasammlungen in einzelnen Ländern; Ausstellungs- und Bestandskataloge von Museen u. ä.; Privatsammlungen.

II.                 Auktionskataloge

III.               Sonstiges (Reisef., einz. Orte, Werkst., Künstler und anderes)

IV.              Belletristik

V.                 e-Texte

 

 

I. Allgemeine Werke über Keramik; Lexika                                               [é]   [ê]

1.         Die im Verhältnis zu Deutschland deutlich größere Beschäftigung mit italienischer Majolika in den englischsprachigen Ländern ist eingebettet in ein weitaus größeres Interesse an Keramik insgesamt. Da wundert es nicht, dass man dort große Bände über die Geschichte der Keramik herausbringt. Manchmal werden die ins Deutsche übersetzt. So z. B. "Keramik. Vom gebrannten Ton zum Porzellan". Untertitel: "Eine Stilgeschichte durch vier Jahrtausende". Die 2. deutsche Ausgabe – ein richtiges 'Trumm', manche Antiquariate würden dieses 35cm-Buch schon als "Folio" bezeichnen – erschien 1980 (immerhin – das Buch hat es also auf mindestens 2 Aufl. in Dtld. gebracht!) (Dt. EA 1977). Das Original war bereits 1968 unter dem Titel "World Ceramics" herausgekommen. Die Illustrationen auf den 352 Seiten sind zwar zahlreich, aber nur selten in Farbe. Herausgeber ist Robert J. Charleston; den Text hat ein Autorenkollektiv (sage ich mal so schnoddrig) geschrieben, d. h. ausgewiesene Fachleuten des jeweiligen Sachgebietes. Sehr informativ, mit Glossar und Register versehen und mit einer brauchbaren Bibliographie (eine Seite zwar nur, aber bei dem großen Buchformat und der verwendeten kleinen Drucktype passt da schon eine ganze Menge darauf!). Schön, dass auch die "Keramik der Naturvölker" mit einem eigenen Kapitel vertreten ist.

 

2.         Sozusagen den (englischen) Titel umgedreht hat man für das Buch "Ceramics of the World". UT: " From 4000 B. C. to the Present". Das ist zwar vom Format her deutlich kleiner, lässt uns aber auf 399 Seiten in einem wunderbaren Farbenrausch schwelgen. Ungern nur werde ich dir untreu, Bella Italia. Doch jene chinesische "Thousand-Flower-Vase" auf S. 351 (und Schutzumschlag) wäre schon ein Scheidungsgrund. Oder als Kontrast, wenig farbig und in einem streng geometrischen Stil, die attische Urne auf S. 50 ... . Aber dann entdecke ich auf S. 172, was ich in Büchern und Katalogen über Majolika zwar gelegentlich erwähnt, aber kaum jemals abgebildet finde: jene sienesische Keramikdekoration auf schwarzem Hintergrund, die für mich zur attraktivsten Majolika überhaupt gehören (S. 172). Sind die in den Museen so selten vertreten, oder ist mein Geschmack so weit von der Norm entfernt? Non lo so, pero, mi piacciono molto. Dieses Objekt ist im British Museum in London zu besichtigen: ach, wer dahin reisen könnte ... . (Rasmussen, Hamburg, – s. unten – bringt ebenfalls eine Abbildung dieses Typs: Farbtafel VII, S. 19). Erschienen ist dieser Pracht-Bildband 1992 in New York, "printed and bound in Italy", aber "Photographs Copyright 1991 Kodansha Ltd., Tokyo" und "Copyright 1991 Arnoldo Mondadori ... Milano". Das Buch, als dessen "General Editors" Lorenzo Camusso und Sandro Bortone fungierten, stellt anscheinend eine Kompilation aus den italienischen Werken "La Ceramica Europea" von Henri-Pierre Fourest, "La Ceramica dell'Estremo Oriente" von John Ayers, Madeleine Paul-David und Adolfo Tamburello, "La Ceramica Antica" von Jon Boardman und "La Ceramica Islamica" von Geza Fehervari dar, die sämtlich anscheinend in Koproduktion bei Kodansha (Tokio) und Mondadori (Mailand) erschienen sind. Die Bibliographie (S. 395 ist etwas knapp ausgefallen, aber einige Seiten "Glossary" gibt es auch hier. Die einleitenden Texte zu den jeweiligen Kapiteln sind mit zeichnerischen Darstellungen charakteristischer Formen versehen. Wer also etwa bei der altgriechischen Keramik schon immer wissen wollte (aber sich nie zu fragen traute), wie ein "mastos" aussieht, kann hier (auf S. 44) diskret nachschauen.

Ein Grund zum 'Fremdgehen' wären die türkischen "Iznik-Keramiken" (S. 147 – 149). 'Kälter' ist deren Farbgebung, als die farbenfrohe italienische Majolika des "Istoriato"-Stils, vorwiegend mit blauer und roter Farbe auf weißem Grund gemalt – und doch auf ihre eigene Art ebenfalls wunderschön. (Von denen besitzt übrigens auch das Frankfurter Museum für Kunsthandwerk einige hübsche Stücke!) Jedoch muss ich der Versuchung widerstehen, meine Seiten mit Wegweisern in alle Welt zu überfrachten.

Leineneinband und Fadenheftung verstehen sich bei beiden Büchern von selbst. Bei den "Ceramics of the World" ist– interessantes Feature für Bibliophile – der ohnehin stabile Schutzumschlag an Unter- und Oberkante nach innen gefaltet und dadurch ziemlich gut vor Einrissen geschützt.

Irgendwann wird freilich selbst der angloamerikanischen Welt das Bücherangebot zur Keramik zu viel – und dann landet die Restauflage in Deutschland beim Remittenden-König, von wo 1998 ein Exemplar an seinen endgültigen und schicksalhaften Bestimmungsort gelangte.

 

3.         Bevor ich nunmehr (hier und bei der folgenden Ziffer) 2 Werke einführe, die den Begriff "Fayence" im Titel tragen, muss ich wohl erläutern, was "Fayence" mit "Majolika" zu tun hat. Das Fayence-Lexikon (vgl. nächste Ziffer) macht es sich einerseits zu einfach und verwirrt uns zugleich. Wenn es nämlich dort zum Stichwort "Majolika" heißt: "Älterer Name für Fayence. ... Im Gegensatz zu Fayence wurde der Dekor der Majolika ausschließlich in Scharffeuerfarben und Lüster ausgeführt". – fragt sich der aufmerksame Leser, was denn nun gelten soll: ältere Bezeichnung für die gleiche Sache oder andere Bezeichnung für etwas anderes?

Richtig ist sicher, wenn (beim Stichwort "Majolika, Karlsruhe") mit Bezug auf die Karlsruher Majolika Manufaktur festgestellt wird, dass die Bezeichnung "Majolika" in den meisten Publikationen ungenau für keramische Erzeugnisse unterschiedlicher Art gebraucht wird. Das gilt vielleicht auch für die "viktorianische Majolika", "nordamerikanische Majolika" und andere als "Majolika" bezeichnete Keramik des 19. und 20. Jh.

Eine saubere Unterscheidung bietet dagegen Gustav Weiß im "Ullstein Fayencenbuch. Eine Kunst- und Technikgeschichte der Fayencen mit Markenverzeichnis" an.

"Majolika und Fayence sind nur insofern synonyme Begriffe, als beide Keramik mit Zinnglasur, also mit undurchsichtiger Glasur, bezeichnen". "Als 'echte' oder 'Scharffeuerfarben-Fayencen' bezeichnet man die Töpfererzeugnisse mit deckender zinnhaltiger Glasur, bei denen die Malerei mit weichen Konturen während des Brandes in die Glasur eingesunken ist". Das wäre sicherlich eine begrifflich saubere Trennung, die jedoch in der Praxis selten eingehalten wird. Die italienische Renaissance-Majolika ist wohl immer "Majolika" in diesem engeren Sinne und wird meist auch als solche bezeichnet. (Aber auch in anderen Ländern wurden zur Renaissancezeit und später "Majoliken" im technischen Sinne produziert.) Fayencen wurden etwa aber de Mitte des 17. Jh. (zusätzlich oder ausschließlich) in einem anderen Verfahren bemalt, bei dem das Einschmelzen der Farbe in die Deckglasur mit einer niedrigeren Brenntemperatur durchgeführt werden konnte, was die Verwendung einer breiteren Farbpalette ermöglichte.

Doch zurück zur Buchbesprechung "Weiß": Es ist 1970 bei Ullstein erschienen, Format Groß-8°, gebunden, fadengeheftet und hat einen Leineneinband. Die Tafelabbildung sind mehrheitlich in schwarz-weiß gehalten; die Farbwiedergabe auf den 30 farbigen Tafeln ist akzeptabel. Diese mehr äußeren Ausstattungsmerkmale hängen natürlich davon ab, was der Käufer für ein derartiges Buch zu zahlen bereit ist. Textlich, in der Informationsqualität, im sehr durchdachten Aufbau und in der Veranschaulichung mit Zeichnungen, Landkarten, grafischen Übersichten und Tabellen, ist das Werk vorzüglich. Hier war offenbar ein Kenner am Werke, der den Inhalt seines Buches, soweit es an ihm lag, mit viel Liebe gestaltet hat. Wie der Titel erkennen lässt, geht es um Fayencen allgemein, nicht speziell um italienische Majolika. Dem entsprechend finden wir Kapitel über die islamischen Fayencen einerseits und die europäische Fayencekunst andererseits. Ausgegliedert – m. E. eine gute Idee – ist die "Geschichte der Fayencetechnik", die auch für den Laien nachvollziehbar beschrieben wird. Ein knappes Literaturverzeichnis ist vorhanden: Das Stichwortregister ermöglicht bis zu einem gewissen Grad eine lexikalische Nutzung besonders hinsichtlich Personen (Künstler) und Orten; Sachbegriffe sind allerdings nur unvollständig nach nicht erkennbaren Kriterien aufgenommen (es fehlen z. B. "Istoriato-Stil", "Muffelmalerei", "Scharffeuerfarben"; dagegen ist etwa "Mudejarstil" eingetragen).

Im Allgemeinen Teil wird die italienische Majolikageschichte sehr ausführlich behandelt  und mit einer Reihe von Abbildungen illustriert (S. 61 – 93). Vorzüglich sind eine Tabelle der italienischen Majolika-Stile mit Zeichnungen der charakteristischen Dekorationselemente (S. 70/71) und eine Art "Landkarte" unter dem Titel "Faenzas Einfluss auf Italien und Europa" (S. 92) af der die Emigration Faentiner Töpfermeister nach anderen italienischen Orten, aber insbesondere in außeritalienische Staaten, dargestellt wird. (Eine allgemeinere kartographische Übersicht der "Verbreitung der Fayencenkunst in Europa" – von den islamischen Einflüssen auf Spanien und Italien bis zu den italienischen Einflüssen auf andere europäische Länder und deren 'Weiterreichungen' dieser Technik – zeigt S. 94.)

Die Italienischen Majolika-Techniken der Renaissancezeit werden auf S. 246/246 geschildert, die Entwicklung der Glasurtechniken und der Leitfarben insgesamt graphisch auf S. 247 (auf S. 255 erfasst eine sehr informative Tabelle der "Glasuren und Dekortechniken, die in Europa erfunden wurden" auch keramische Techniken außerhalb der Fayence). Klarheit über die Verwendung der verschiedenen Begriffe versucht das Kapitel "Die historischen Fayence-Sorten und Keramikgattungen" (S. 250 – 252) zu schaffen. Hier erleichtert erneut eine illustrierte Darstellung (S. 251) das Verständnis: "Querschnitte durch Glasur und Scherben" zeigt die einzelnen Schichten, aus denen die jeweils benannte Ware (Halbfayence, Lüsterfayence, Echte Fayence [also Majolika – vgl. S. 250] usw.) besteht.

Ein weiteres Kapitel, alphabetisch nach Städten geordnet und insoweit wie ein Lexikon benutzbar, gibt kurze Informationen über die "Fayencemanufakturen und Steingutfabriken mit ihren Marken", die – wiederum ein erfreuliches Merkmal für die Benutzerorientierung dieses Buches – auf einer doppelseitigen Europakarte eingetragen sind (S. 258/259). Die gezeichneten Künstler- und Firmenmarken drängeln sich arg an der Seite, aber der Fachmann, und wohl auch der fortgeschrittene Sammler, wird bei einschlägigen Nachforschungen ohnehin zu Spezialliteratur greifen. Immerhin können Leser dieses Buches die Signaturen auf ihren Dachbodenfunde schon mal oberflächlich vergleichen – vielleicht hat der Urahn ja 'nen Teller aus der Faentiner Werkstatt "Casa Pirota" von seiner Italienreise mitgebracht?

In Summa: das Buch bietet eine hervorragende Einführung in die geschichtliche Einbettung der italienischen Renaissance-Majolika – deren Vorgänger und Auswirkungen – und in die Majolika selbst. Wenn man ein wenig über die Fahne (so nennen die Kunsthistoriker einen Teller-Rand) der "Majolika" hinausblicken will, ist dieses Buch m. E. erste Wahl (und freilich antiquarisch nicht für einen Spottpreis zu bekommen).

 

4.         Wenn ich allerdings im Laden das Buch von Weiß neben "Bruckmann's Fayence-Lexikon",  (UT: "Majolika, Fayence, Steingut"; erschienen 1981) sehen würde, und beide Bücher wären in Folie eingeschweißt und ich müsste die Wahl treffen, würde ich nicht zögern zu letzterem zu greifen: Im Format ist es etwas größer, vor allem aber deutlich dicker, und hat einen sehr viel attraktiver gestalteten Schutzumschlag, mit Rot als dominierender Farbe. Autoren hat es sogar zwei, (welche vom Verlag aber einer Erwähnung auf dem Schutzumschlag nicht für würdig befunden wurden): Eleonore Pichelkastner und Eckart Hölzl. Schlägt man das Buch dann freilich auf und vergleicht die Seitenzahlen mit Weiß, stellt man erstaunt fest: beide exakt 320 Seiten! Dickes Papier ist das Geheimnis des "Erfolges", das vorliegende Buch aufzuplustern: Mehr sein als scheinen – mögen wir eigentlich nicht so sehr. Dass sich unter dem Schutzumschlag kein Leineneinband verbirgt, und auch dass der Rücken nicht in deutscher Tradition (Buchbinder-Tradition, meine ich natürlich!) gerundet ist, sehen wir dem Lexikon nach. Es hat seine Meriten. Zum einen die alphabetische Anordnung, die einen direkten Zugriff erlaubt. Bei Weiß findet man zwar vieles direkt über den Index, aber doch nicht alles, was man gerade wissen möchte. 64 Tafeln, davon die Hälfte farbig, illustrieren eine Reihe von Stichworten, die auch Verweise auf die Abbildungen enthalten. Außerdem gibt es Zeichnungen und Malermarken im Text.

Allerdings werden eine Reihe von Begriffen nur durch Text, nicht durch Abbildungen, erklärt. Und manche à Verweise führen ins Nichts (z. B. der Hinweis auf "Fürstenberg" unter dem Stichwort "Feilner"). Auch einiges an Redundanz stört (gleicher Sachverhalt unter mehreren Stichworten ausführlich erklärt, statt bloßer Verweis). Was den Sammler deutscher Fayencen – im 18. Jh. gab es ja sehr viele Fayencemanufakturen in unserem Land – freuen wird, empfindet der Majolika-Interessierte naturgemäß als Nachteil: die ausführliche Behandlung deutscher Fayence-Manufakturen und –Künstler (etwa die ganze "Hannong"-Familie) (was auch im Literaturverzeichnis seinen Niederschlag findet). (Aber auch die Maler der italienischen Familie "Grue", tätig in Castelli, sind verzeichnet.)

Leider haben sich eine ganze Reihe von Fehlern und Ungenauigkeiten eingeschlichen: Kassel" wird als Residenzstadt in "Hessen-Nassau" bezeichnet. Nicola da Urbino wird bei dem Stichwort "Fontana, Guido" Sohn von F. genannt, kann aber allenfalls dessen Vater gewesen sein (zu "Urbino, Nicola da" liest man dazu nur, dass U. in der Werkstatt von F. gearbeitet habe). Bei "Spanien" ist von "der erst 1609 beendeten Rückeroberung der verlorenen Gebiete" (von den Mauren) die Rede, tatsächlich wurden zu diesem Zeitpunkt nur die letzten 'Maurisken' vertrieben; die Eroberung der Halbinsel war bereits 1492 abgeschlossen. Zu dem Stichwort "Valencia" ist – insofern wohl zutreffender – von einem "Weggang der maurischen Töpfer (1609)" die Rede. Unter "Türkei" lesen wir, dass die "Damaskus-Ware" "nach Expertenmeinung" in Istanbul entstanden sei, bei "Damaskus-Ware" wird Iznik als Entstehungsort angegeben mit dem Zusatz "Nach anderer Auffassung wurde D.-W. in Istanbul erzeugt". "Sgraffito" und "Sgraffiato" werden als identische Begriffe behandelt, bei Weiß (S. 252) heißt es, dass "nach einer neueren Gewohnheit" diese Begriffe mit unterschiedlichen Bedeutung verwendet werden. Ebenfalls unter "Sgraffito" wird Champlevé-Technik als "Ritzung eines nicht engobierten Scherbens ..." bezeichnet, beim Stichwort "Champlevé" schreibt die Autorin (Frau Pichelkastner ist lt. Klappentext Kunsthistorikerin und dürfte dem entsprechend für dieses Stichwort verantwortlich sein; den keramisch-technischen Teil hat Hr. Hölzl beigesteuert), dass Muster in die Engobe gekratzt werden.

Trotz allem finden sich aber auch in diesem Lexikon zahlreiche wissenswerte Informationen, und in gewisser Weise ergänzen sich beide Bücher. Natürlich ist für beide das Themenfeld "Fayencen" zu breit, um ausführliche Angaben speziell über italienische Majolika zu erwarten, aber andererseits schadet es dem Majolika-Interessierten sicher nichts, wenn er seine Blicke über den Tellerrand der italienischen Renaissance-Majolika hinaus wirft. (Im Lexikon findet sich auch das Stichwort "Wächtersbach", welches bei Weiß fehlt. Selbst wenn "Wächtersbacher" Keramik im Nachbarort Brachttal, Ortsteil Schlierbach, hergestellt wird, freut sich doch der Lokalpatriotismus des Netzautors.)

[So: falls meine ganze Schreiberei keinen anderweitigen Nutzen haben sollte, habe ich jetzt doch wenigstens zahlreiche neue Worte – Engobe usw. – für meine Rechtschreibprüfungs-Datei eingeheimst!]

 

 

5.          

 

 

II. Allgemeine Werke über Majolika, einzelne Epochen               [é]   [ê]

1.         Giuseppe Liverani (der zu dem Buch "Keramik. Vom gebrannten Ton zum Porzellan" – s. o. – den kurzen Artikel über die italienische Majolika beigesteuert hat) ist Autor des m. W. bislang einzigen größeren und farbig illustrierten Werkes speziell über die italienische Majolika, das auch (1960) auf Deutsch erschienen ist. Titel ganz einfach "Italienische Majolika".

Das italienische Original erschien 1958 u. d. T. "La Maiolica Italiana" (die deutsche Ausgabe hat aus dem "c" ein "k" gemacht, was wir stillschweigend berichtigen) und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Liverani war Direktor des "Museo Internazionale delle Ceramiche di Faenza" (MIC) (vgl. Linksammlung Majolika).

Haptisch betrachtet, also rein als Objekt "Buch", macht es einen etwas merkwürdigen, kissenartigen Eindruck. Das liegt daran, dass die Bilder – mit Ausnahme von 12 ungezählten schwarz-weiß-Tafeln in der Einleitung, auf das dicke Papier aufgepappt sind – not exactly my favourite type of book. Auf 283 Seiten (davon 53 Textseiten) dieses leinengebundenen Werkes im 4°-Format finden wir (nur) 83 Farbtafeln (von akzeptabler Qualität – für die damalige Zeit) und, außer den 12s/w-Tafeln, auch noch einige eingeklebte s/w-Fotos. Eine Bibliographie der allgemeineren Werke vermittelt einen brauchbaren Überblick für den Laien, für den das Buch ja in erster Linie bestimmt ist. Namens-, Werkstätten- und Sammlungsverzeichnisse helfen bei einer Suche nach bestimmten Inhalten. Im Sammlungsverzeichnis sind auch die Abbildungen angegeben, die aus der jeweiligen Sammlung in das Buch aufgenommen wurden. Als eine "Hitliste" der Museen darf man das wohl nicht ansehen: die Bestände des MIC in Faenza z. B. sind zweifellos über-, die Sammlung der Eremitage in St. Petersburg ist deutlich unterrepräsentiert (was an dem seinerzeit vermutlich schwierigen Zugang zu sowjetrussischen Kollektionen gelegen haben mag). Bei den italienischen Sammlungen fällt mit einer größeren Zahl von Stücken noch das Museo Nazionale del Bargello in Florenz auf. Unter den Internationalen Museen ist das British Museum in London gut vertreten, besonders aber das dortige Victoria and Albert Museum. Fast alle meiner Lieblingsobjekte, die in diesem Band abgebildet sind, gehören diesem Museum: Nr. 33, 46, 66 und 75. Das vielleicht berühmteste Stück dieser Sammlung, wenn nicht sogar die berühmteste italienische Renaissance-Majolika überhaupt, ist – wegen des Inhalts der Darstellung - die Nr. 45: der "Teller mit malendem Vasenmaler", wie er hier bezeichnet wird (sonst auch "Hochzeitsmaler" oder Majolikamaler genannt). Anschauen können wir ihn übrigens auf der Webseite des - Philadelphia Museum of Art (!).

Auch in der Innen- und Außendekoration italienischer Gebäude der Renaissancezeit hat die Majolika eine gewisse Rolle gespielt. In erster Linie sind da die Fliesenfußböden, besonders verschiedener Kirchen und Kapellen, zu nennen (die Einzelstücke sind heute größtenteils in den Museen der Welt verstreut). Bei Außendekoration denkt man sofort an die Bildhauerfamilie Della Robbia. Giovanni della Robbia und Mitarbeiter haben in den Jahren 1525 – 1527 einen herrlichen Skulpturenfries für das Ospedale del Ceppo in Pistoia angefertigt, den man selten sonst, jedoch in diesem Buch umfangreich (Nr. 23 – 27, davon 4 Bilder über jeweils –2- Seiten!) abgebildet findet (eine Beschreibung, leider keine Detailfotos, auf der Netzseite der Gemeindeverwaltung von Pistoia.) Leider fand ich nur eine winzige Abbildung eines Teils der Fassade des Ospedale del Ceppo mit dem Fries, der also noch heute an Ort und Stelle ist; ein klein wenig deutlicher ist die Illustration auf der Netzseite der "Familie im Web". Eine Detailaufnahme, nicht super - aber 'beggars can't be choosers' -, spendiert uns das medizinische Labor eines gewissen Prof. Manfredo Fanfani in Florenz. Wer mehr über diesen Fries wissen möchte, braucht sich nur den Band V lfd. Nr. 12 der Zeitschrift "Atlantic Terra Cotta" zu kaufen und findet dort den Aufsatz: "OSPEDALE DEL CEPPO, PISTOIA 1514, with color supplement by Harry V. K. Henderson" [freilich schon von 1923]. Alternativ kann er sie auch in der Bibliothek der "St. Louis Building Arts Foundation" einsehen, Abteilung Ceramics, welcher der Netzmeister diese bibliographische Weisheit verdankt, und auf deren Eingangsseite uns übrigens ein in Deutschland berühmtes Gemälde aus dem 19. Jh. mit der Darstellung eines 'Bookaholics' empfängt.

Well – das war'n bisschen viel über bzw. ausgelöst durch "Liverani", gelle? Also weiter zum nächsten Werk!

 

2.         In der nächsten Abteilung mache ich mich ein wenig über ein (sowjetisches) Buch lustig, bei dem der Preis auf dem Leinwandumschlag eingeprägt ist. Dabei ist das gar nichts Neues: auf der Reihe "Handbücher der Königlichen Museen zu Berlin" war er sogar vorn eingestanzt (einen Schutzumschlag gab es bei dieser Reihe vermutlich nicht). 2,50 Mark hat der Band "Majolika" des Autors Otto von Falke gekostet: 1907 (2. Aufl.) allerdings. An dem leinengewandeten Werk mit seinen 208 S. wäre buchtechnisch nichts auszusetzen, wenn es gebunden, oder notfalls geklebt, wäre. Doch hat man – horribile dictu – in jenen Tagen Bücher allzu gern und häufig mit Heftklammern geheftet (ähnlich wie heute die Illustrierten). Auch wenn das Eisen in meinem Exemplar noch nicht oxydiert ist: Klammerheftung bei Büchern ist eine hassenswerte Barbarei!

Da es jedoch ein Standardwerk der Majolikaforschung ist, langen (manche) Antiquare ganz schön hin. Was ich bezahlt habe, verrate ich lieber nicht, doch kann man für das Büchlein im Taschenbuchformat problemlos sogar das Dreifache davon hinblättern (Näheres im Internet-Antiquariatskatalog www.zvab.de). Dafür braucht man sich dann allerdings auch keine Sorgen über die Farbtreue der Abbildungen machen: es gibt keine Farbtafeln und – mit wenigen Ausnahmen (z. B. Abb. Nr. 6) –keine Photos. Dafür 'ne ganze Menge Zeichnungen, welche auch die wesentlichen Details ganz gut rausbringen. Von Falke war ein anerkannter Experte auf diesem Gebiet (der auch einige Verkaufskataloge von großen Privatsammlungen erstellt hat) und gibt hier einen vorzüglich geordneten Überblick. In Details mögen einige Informationen überholt sein, im großen und ganzen geben seine Ausführungen aber einen wohl noch heute brauchbaren Überblick über die Materie. Dieser Überblick ist weit gefasst: "Die Stoffe und ihre Bearbeitung" und "Die geschichtliche Entwicklung der Fayence" sind die obersten Gliederungsebenen; historisch-geographisch beginnt die Übersicht im alten Orient und endet in Deutschland und der Schweiz. Schwerpunkt des Buches ist aber die Majolika im engeren Sinne, also die italienische, der etwa die Hälfte der Seiten gewidmet sind. Ein Register mit Namen, Orten und Sachen ermöglicht einen gezielten Zugriff auf bestimmte Informationen.

Auf S. 96 gibt von Falke einen kurzen Überblick der Sammlungen, ein Museums-Ranking, so zu sagen, das teilweise auch heute noch Gültigkeit haben dürfte. "An Reichtum und Gewähltheit sind allen anderen Sammlungen überlegen das British Museum und das South Kensington Museum [heute: Victoria and Albert Museum] in London". Danach folgte Paris (Musée Cluny, Louvre und das Museum von Sèvres), dann Deutschland (Braunschweig mit Masse, Berlin mit Klasse). (Bei keinem der Museen habe ich feststellen können, dass es seine Majolika in größerem Umfang im Internet präsentiert. Sollte ich etwas übersehen haben, bin ich für entsprechende Hinweise dankbar.) Die nicht aufgeführte Eremitage muss auch damals schon einige schöne Stücke besessen haben, wurde aber vermutlich erst durch die kommunistische Revolution zu Lasten der früher auch in Russland vorhandenen Privatsammlungen so richtig aufgefüllt, und inzwischen haben natürlich auch amerikanische Sammler und Museen bei demjenigen Material zugegriffen, das aus Privatsammlungen in der Zwischenzeit noch auf den Markt gekommen ist. Über die italienischen Bestände meint v. Falke: "Der heutige Besitz Italiens reicht an die genannten Sammlungen nicht heran und ist in Lokalmuseen zersplittert. Wenig umfangreiche, aber doch sehr beachtenswerte Sammlungen sind n Venedig (Museo Correr), Arezzo, Mailand (Brera, Museo artistico municipale) Florenz (Bargello), Neapel (San Martino), Bologna (Museo civico, Padua, Parma, Pesaro (Ateneo pesarese), Ravenna, Loretto [dort gibt es m. W. eine große Sammlung von Apothekengefäßen aus Majolika], Faenza, Turin". Die Majolikasammlung des MIC (Museo Internazionale delle Ceramiche) dürfte mittlerweile weit nach vorn, vielleicht sogar an die erste Stelle in Italien, gerückt sein.

 

3.         Den Stil des Historismus mag ich nicht sonderlich, auch wenn man mittlerweile die Bauten aus dieser Epoche (z. B. im Frankfurter Westend) sogar schon als Ensembles unter Denkmalschutz stellt. Eine Muschelschale mit Groteskendekor, wie die Nr. 23 des Kataloges "Im Sinne der Alten ... . Italienische Majolika des Historismus." von Petra Krutisch (unter Mitwirkung von Johanna Lessmann, früher Braunschweig – vgl. Herzog Anton Ulrich-Museum im Kapitel "Majolikasammlungen", jetzt bzw. im Zeitpunkt der Ausstellung Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg) würde freilich gut zum Kirschbaum-oder-was-auch-immer-Furnier unseres Gründerzeit-Vertikos passen. Die Ausstellung fand 1995 im Weserrenaissance-Museum Brake (das liegt in der Nähe von Lemgo und Detmold, im einstigen Kleinfürstentum Lippe), statt, als Darstellung einer "Renaissance der Renaissance" im 19. Jahrhundert. Mit meiner (partiellen) Aversion gegen den Gründerzeitkitsch bin ich allerdings nicht mehr auf der Höhe der Zeit. "Zu Zeiten, als der Historismus noch weitgehend als kitschig oder gar schlecht verschrien war, war es durchaus möglich, mit überschaubarem finanziellen Aufwand auf dem internationalen Kunstmarkt interessante Objekte zu erwerben" heißt es im Katalog über das anonyme Sammlerehepaar, aus dessen erst ab ca. 1975 aufgebauten Beständen die meisten der gezeigten Objekte stammen. Anders gesagt: inzwischen schätzt man den Historismus (jedenfalls der Kunstmarkt schätzt ihn – sicherlich nicht uneigennützig) durchaus höher ein. Die Muschelschale, strahlt gewiss eine verspielte Fröhlichkeit aus. Und auch wenn der Groteskendekor auf den Tellern Nr. 19 – 22 etwas überladen wirkt, ist er immerhin geschmackvoller bemalt als die meisten vergleichbaren Teller aus der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts.

Trotzdem: verglichen mit den guten Stücken der Blütezeit hat die Zeichnung etwas Starres, Mechanisches, Kaltes (z. B. Nr. 1, 18, 29), auch allzu biederbürgerliches (z. B. Nr. 12, 27) und meist sind die Stücke in Zeichnung und – soweit vorhanden – keramischem Dekor so überladen wie vergleichbar die türmchengekrönten Wohn- und Villenbauten jener Epoche (z. B. Nr. 4 +, 45; Nr. 47). Die ganze Produktion hat etwas Zerhacktes, Technisches, Maschinengetaktetes, verglichen mit dem fließenden, gewissermaßen bio-rhythmischen Schwingen der Renaissance-Dekore. Insofern könnte bei dem Design des Historismus von einem "malerisch verbrämten Konstruktivismus" sprechen. (Kommt mir dieser Kunststil nur deshalb in den Sinn, weil er nicht lange nach dem Historismus auftrat, oder war er vielleicht im Keim tatsächlich schon im Historismus angelegt?)

Als treffendste Charakterisierung für  die Majolikamalerei des Historismus, verglichen mit derjenigen der Renaissancezeit, kommt mir der Begriff "seelenlos" auf (aber nicht über) die Agnostikerlippen. Gleichwohl kann man in unserer schnörkellosen Zeit auch an der Majolika-Malerei des Historismus Gefallen finden. So freut sich auch, wer sich den Schreibsekretär von Abraham oder gar von David Röntgen nicht leisten kann, schon über sein nicht einmal besonders herausragendes Gründerzeit-Vertiko eines namenlosen Schreinermeisters.

Der Katalog präsentiert, nach Manufakturen geordnet, auf 147 S. im Format Groß-Oktav (kartoniert) 60 Stücke, durchgängig in Farbabbildungen, und bietet jeweils einführende Texte und ein ausführliches Literaturverzeichnis.

 

4.          

 

 

III. Majolikasammlungen in einzelnen Ländern; Ausstellungs- und Bestandskataloge von Museen u. ä.; Privatsammlungen                              [é]   [ê]

1.         Alfred Nicolaevich Kube wird in dem aufwändigen, großartigen Bildband "Italian Maiolica XV – XVIII Centuries", UT: "State Hermitage Collection", als Verfasser des genannt. Allerdings ist er bereits 1941 im damals von den Deutschen belagerten Leningrad gestorben. Jedoch hat er die umfangreiche Einführung erstellt, die fast unverändert übernommen wurde, und den ursprünglichen Katalog, den die Herausgeberin O. Mikhailova, unterstützt von E. A. Lapkovskaya (der englische Text lässt nicht erkennen, ob das ein Mann oder ebenfalls eine Frau ist), aktualisiert hat.

Auf 114 ganzseitigen Farbtafeln (106 gezählte, plus 4 Doppelseiten auf Ausklapptafeln) präsentieren sich in atlasformatiger Größe und hervorragender Druckqualität die (auch im internationalen Vergleich) herausragenden Objekte aus der Majolikasammlung der St. Petersburger (bzw. seinerzeit: "Leningrader") Eremitage. [Eine Reihe davon werden/waren vom 7.6. – 26.10.2003 in Italien im Internationalen Keramikmuseum in Faenza zu sehen (sein)] Das 1976 in Moskau erschienene Buch ist sichtlich mit viel Liebe (und zweifellos auch mit großen Kosten: im Kapitalismus ginge das nicht ohne Sponsor) gestaltet worden; es bleiben beinahe keine Wünsche offen (das einzige was vermisst er – ist ein Register).

Auf knapp 60 Seiten (bzw., da der Text jeweils auf Russisch und Englisch –  dieser sogar auf der rechten Seite! - gegenübergestellt ist, auf knapp 30 S.) findet der Leser zunächst umfassende Informationen über die Entwicklung der italienischen Majolika-Herstellung und die verschiedenen Zentren, in denen dieses Kunsthandwerk konzentriert war. (In der Regel – Venedig macht eine Ausnahme – entstanden die Werkstätten in der Nähe entsprechender Rohstoffvorräte, also Tongruben.) Vom buchkünstlerischen Standpunkt (und vom Lesernutzen her) ist freilich nicht die Einführung als solche das Besondere, sondern der Umstand, dass der (englische) Text am (linken) Rand durch 'thumbnail'-Abbildungen der Sammlungsobjekte, gleichfalls farbig, illustriert wird, wobei die Nummern des Tafelteils angegeben sind, also einen direkten Zugriff erlauben. Auch die Anmerkungen sind nicht an den Schluss verbannt (wo der Laienleser sie sowieso meist nicht nachschlagen würde), sondern jeweils stellennah am (gegenüberliegenden) Seitenrand. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis ist selbstverständlich; wiederum außergewöhnlich dagegen, dass am Schluss die Sammlungsobjekte teilweise noch einmal als 'thumbnail'-Bilder gezeigt werden, und zwar zur Darstellung der lokalcharakteristischen Dekorationsmerkmale nach Herstellungsorten gruppiert. Zwar ist auch der Tafelteil selbst in gleicher Weise geordnet, doch hier hat man noch einmal die wesentlichen Merkmale auf einen Blick. Auf einer weiteren Ausfalttafel ist eine schönen Italienkarte* von Iacobo Castaldo (1570) reproduziert; darin hat die Herausgeberin die Majolika-Zentren eingetragen, um dem Leser eine Vorstellung von deren Lage zu geben.

In summa: dies ist vielleicht nicht nur das schönste Buch in meiner Sammlung zum Thema "Majolika", sondern in meinem Bücherschrank überhaupt. Da hat sich der real existiert habende Sozialismus mal von seiner besten Seite gezeigt – würde ich sagen, fürchte indes, dass Sie mich dann gleich für einen Kryptokommunisten** halten (obwohl ich doch in Wahrheit ein postanthropozentrischer Progressist bin – wenngleich von denen bislang vermutlich der einzige, jedenfalls unter dieser Bezeichnung).

Gekostet hat es, wenn ich den Aufdruck im Schutzumschlag richtig deute, 16 Rubel und 58 Kopeken. Hinten ist der Preis auf dem Leineneinband noch einmal eingeprägt; daraus muss man wohl Rückschlüsse auf die weniger sozialen Seiten des neuen sozialistischen Menschen ziehen, bzw. auf die Ununterdrückbarkeit kapitalistischer Instinkte in jedem System ... . So stößt mein majolikaseliger Traum wieder hart an die Scherben im Lebens-Raum ... .

 

* falls Sie sich nicht nachsagen lassen wollen, dass Sie keinen grauen Schimmer von solchen Karten haben, können Sie auf den Webseiten der Universitätsbibliothek Amsterdam       eine s/w-Abbildung der – eigentlich farbigen – Landkarte anschauen. (Dort die Nr. 36 anklicken, eine direkte Verlinkung zur Karte habe ich aus irgendwelchen Gründen nicht zustande gebracht.)

**Frechheit der US-Softwareschmiede: will doch die Rechtschreibprüfung von "Word" glatt einen "Kryptonkommunisten" aus mir machen!

 

2.         Während das Buch von Kube et al. die erlesensten der insgesamt 500 Petersburger Sammlungsstücke einem breiten Publikum in einem auch buchkünstlerisch adäquaten Rahmen präsentieren will (mit nur knappen Begleittexten zu den Abbildungen), hat sich Johanna Lessmann die über 900 Majolikaobjekte des Braunschweiger Herzog Anton Ulrich-Museums vorgeknöpft und in einem großformatigen Katalog von 623 S. versammelt (1979). [Zu Lessmann vgl. auch oben den Katalog Majolika des Historismus] Das ist ein Werk für die Wissenschaft (und die Fachleute im Kunsthandel), weniger für den interessierten Laien. Einigen ganzseitigen Farb- und s/w-Tafeln am Anfang folgt der eigentliche Katalog mit meist 3 kleineren Bildern pro Seite und dem Text direkt daneben zugeordnet. Diese schematische "one size fits all"-Darstellung ist u.a. wegen der recht unterschiedlichen Größe der Teller oder Schalen (Gefäße sind meist in einem etwas größerem Format wiedergegeben) unbefriedigend und sorgt dafür, dass das ästhetische Vergnügen beim Durchblättern des Buches nicht grenzenlos wird. Es erschwert eine anschauliche Vorstellung, wenn etwa die Platte Nr. 244 mit ihren knapp 49 Zentimetern sich mit derselben 8 x 8 cm Abbildung begnügen muss, wie ein Napf von nur etwa 13 cm Größe (Nr. 132). Der Hamburger Katalog von Rasmussen (s. unten) ist da flexibler, hatte aber auch nur gut 200 Eintragungen zu arrangieren. Bei über 900 Objekten in Braunschweig wäre das wohl sehr schwierig geworden. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis sowie ein Register hat dieser Museumskatalog natürlich auch. Eine gute Idee sind die Zeichnungen der Formprofile (S. 586 ff.). Bei der Beschreibung der Stücke ist jeweils die Nr. des entsprechenden Formprofils angegeben, so dass man sich die Objekte – mit etwas Phantasie – auch dreidimensional vorstellen kann. Aber hauptsächlich sind die Profilangaben wohl für wissenschaftliche Vergleiche gedacht. Eine weitere Besonderheit ist ein Motivregister ("Ikonographisches Verzeichnis"), mit z. B. 10 Eintragungen für "Leda mit dem Schwan" (naiv der Teller 264, etwas plump die Darstellung auf Schale 835, dagegen ist 516 die dreisteste Nummer). Der allzu große Anteil an "Istoriato"-Malerei, also malerischen Darstellungen (meist) von antiken Sagenmotiven, macht die Sammlung etwas langweilig, zumal sie kaum mit besonders herausragenden Exemplaren aufwarten kann.

Da genügt es wohl, wenn man das Katalogheft "Italienische Majolika" des Herzog Anton Ulrich-Museums hat. 32 Abbildungen (davon leider nur fünf in Farbe) geben mit Vorwort und Beschreibungen einen für den Liebhaber hinreichenden Einblick in die Braunschweiger Bestände.

Der einleitenden Sammlungsgeschichte ist übrigens zu entnehmen, dass auch die bayerischen Herzöge in München Majoliken angekauft haben, die sich heute dort im Residenzmuseum und im bayerischen Landesmuseum befinden sollen. Gesehen habe ich sie noch nicht; mir ist auch nicht bekannt, dass ein Katalog davon existieren würde (Museumsbesuch mal vormerken 'für wenn wir wieder nach München kommen'). ('Damals, als man noch für 15,- DM ein schönes Wochenende kaufen konnte, war das freilich attraktiver als heute, wo man für ein halbes schönes Wochenende 28,- € hinlegen muss: ach ja, die gute alte Zeit ... .)

Entsprechendes gilt für das Württembergische Landesmuseum in Stuttgart. Das kündigt allerdings auf seiner Internetseite für das Jahr 2004 die Eröffnung eines speziellen Keramikmuseums in Ludwigsburg an; da wird man die Majoliken dann hoffentlich sehen können.

 

3.         Nicht von Pappe ist – wenngleich es im Gegensatz zu Lessmanns Buch nicht leinengewandet daherkommt, sondern bloß kartoniert – der Katalog "Italienische Majolika" des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg (1984). Auf 346 S. präsentiert uns Jörg Rasmussen 225 Stücke (einschließlich einiger Scherben). Dazu kommen – wie auch bei Lessmann – noch die Abbildungen einiger bei der Auslagerung im Krieg verloren gegangener Objekte. (Anders als in Braunschweig, wo anscheinend ein Kenner "zugegriffen" hat, sind hier aber wohl keine besonders schmerzlichen Verluste zu beklagen.) Der Hamburger Kollektion merkt man an, dass sie nicht von Barockpotentaten, welche sich selbst für kunstkundig hielten, zusammengekauft, sondern von Kennern (insbesondere um 1900 von dem damaligen Museumsleiter Dr. Justus Brinckmann) zielstrebig angekauft wurden. Manches schöne Stück spendierten auch wohlhabende Gönner. Ich selbst kenne die Sammlung nicht in natura, aber sicherlich lohnt – was immer davon ausgestellt sein mag - sie eine Besichtigung. Auch in diesem Katalog sind die besten Exemplare auf (16) ganzseitigen Farbtafeln vorangestellt, untermischt mit dem Textteil zur Sammlungsgeschichte. Darin schildert der Verfasser, wie schon damals die Mittelbeschaffung für die Museen schwierig war, so dass sie bei Auktionen häufig das Nachsehen gegenüber privaten Sammlern hatten. Macht aber nichts: früher oder später wandern die besten Stücke doch ins Museum – wo dann das meiste in den Tresoren verschwindet. Mancher Mäzen stiftet seine Kollektion (in Deutschland ist das allerdings bei großen Majolikasammlungen nicht geschehen); andere Sammlungen werden versteigert, und dann greifen natürlich (auch) die Museen zu: irgendwo treibt man meist doch etwas Geld auf.

Die Zeit der berühmten Privatsammlungen ist auf diesem Gebiet wohl vorbei. In Deutschland sollen überhaupt nur noch 2 – weniger berühmte – existieren. Eine davon in Berlin, die auch bereits ausgestellt und in einem Katalog von Tjark Hausmann publiziert wurde:
"Fioritura. Blütezeiten der Majolika.
Eine Berliner Sammlung" lautet der Titel, und im Vorwort dazu fand ich beim Durchblättern in dem vorzüglich sortierten Museumsbuchladen im Frankfurter Städel die Information über die beiden Privatsammlungen. Die andere ist übrigens in Bremen, aber wer dort diese Schätze hütet, darf Hausmann offenbar nicht verraten.

 

4.         Tjark Hausmann ist auch der Autor des Kataloges "Majolika und Fayence" (Berlin 1986, kartoniert, Groß-Oktav). Hier stellt sich eine ehemalige Privatsammlung vor, und zwar die von Rolf Lahr. Unter den 90 Stücken sind auch eine Reihe von (meist französischen) Fayencen, aber der Schwerpunkt der Sammlung (65 Majoliken) liegt doch im italienischen Bereich. Nicht nur zu seinen Lebzeiten hat der Sammler als Diplomat und Staatssekretär im Auswärtigen Amt seinem Land gedient. Er hat sogar seine Sammlung den Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz – hier: dem Kunstgewerbemuseum – vermacht. Nicht alle Objekte sind abgebildet, aber es gibt immerhin 16 vorzüglich gedruckte Farbtafeln, und auch die s/w-Abbildungen sind in angemessener Größe wiedergegeben.

Sein Sammlervirus hat aber andere Politiker offenbar nicht infiziert, und deshalb mangelt es unserer Politik heute an Farbigkeit. Die bloße Bimbesbeschaffung ist eben eine blasse Beschäftigung.

 

5.         Ich weiß, lieber Leser, dass ich Ihre Geduld bislang auf eine harte Probe gestellt habe. Die ganze Zeit schon wollten Sie doch wissen, wo denn Allvater Goethe bleibt. Majolika ohne Goethe? Unvorstellbar! Das wär' ja wie Blasmusik ohne Tröte! Fündig wird der Majolikafreund (aber bitte nur der sittlich gereifte!) z. B. in den "Erotica und Priapea aus den Sammlungen Goethes", herausgegeben und erläutert von Gebhard Femmel und Christoph Michel, mir in 2. Auflage ("Sonderausgabe", das heißt immer ein nicht sonderlich schönes, aber dafür wenigstens bezahlbares Buch) von 1993 vorliegend. Da macht Jo auf Jupiter (Nick Knatterton würde rattenscharf kombinieren: "vor Einführung des Christentums: gab also seinerzeit noch keine Missionare!") Hoppe-Hoppe-Reiter, während (auf einer anderen Schale) Semele sich schon mal hienieden ausspreizt, um die Englein im Himmel von jenen Freuden singen zu hören, welche Händel ihr erst im Jenseits zubilligt: "Endless pleasures, endless love, Semele enjoys above". Da aber der Jupp soeben von oben runter kommt, können wir uns auch vorstellen, dass sie ihn gerade fragt "Can I assuage thy pain?". Sicher ist nur, dass das Stadium von "On her bosom Jove reclining / Useless now his thunder lies" noch nicht erreicht ist. Die Kunst ist der Raum der Deutung, und dass uns dieses Bild Deutungsspielraum lässt, beweißt, dass wir es mit Kunst und nicht mit frühneuzeitlicher Tarn-Pornographie zu tun haben.

Im übrigen haben die Verfasser noch die obligate Leda (die mit dem Schwanenhals) und die gleichfalls gängige Geburt der Venus in den Katalog der Erotica aufgenommen, welche sich freilich mehr (Venus) oder weniger (Leda) im Rahmen der (sofern sie in antikem Gewand daherkam) schon immer erlaubten künstlerischen FK-Kultur halten.

Zur Ehrenrettung des Schöpfers von Meister Iste stellen die Herausgeber des Katalogs immerhin fest, dass er Majolika ganz allgemein als Teil seines ausgedehnten Sammlerinteresses aufkaufte, nicht etwa gezielt einschlägige Darstellungen aus einschlägigem Interesse. Nur 2 – 3 eindeutig zweideutige Exemplare von 100 Majoliken der Goetheschen Sammlung – das ist ja auch wahrhaftig keine auffällige Häufung, welche uns Goethe als post actum therapiebedürftigen Erotomanen erscheinen lassen könnte. (Die Seelenklempner mögen das vielleicht anders sehen: die - wie die gelegentlich auch die Kirchen - verdienen schließlich daran, dass sie krumm biegen, was gerade ist!)

 

6.         Ob von Goethes anderen Majolikaobjekten einige bei Elisabeth Reissinger zu sehen sind ("Italienische Majolika, Kunstsammlungen zu Weimar. Bestandskatalog Kunst und Handwerk Band 2") vermag ich nicht zu sagen, weil ich dieses Buch weder besitze noch autopsiert habe ("autopsiert" sage ich, um der Gerichtsmedizin ihr faktisches Monopol über dieses Wort zu entwinden). Noch weniger weiß ich, wo man seine Sammlung findet, falls sie dort nicht zu finden sind.)

 

7.         Das "Museo Internazionale delle Ceramiche" (MIC) in Faenza, Italien, wurde Anfang des 20. Jh. gegründet, um die ruhmreiche Keramiktradition dieser Stadt in Erinnerung zu rufen und wieder zu beleben. Näheres über die Museumsgeschichte und diejenige der Faentiner Keramik kann man z. B. in dem Katalog "Keramik aus Faenza. Vom Mittelalter zur Gegenwart" nachlesen, der eine 1987 in Innsbruck und Salzburg veranstaltete Wanderausstellung begleitete. Die 113 Ausstellungsstücke decken den ganzen Zeitraum von der gotischen Periode über Renaissance, Barock, Historismus usw. bis heute ab; da bleibt nicht allzu viel Raum für die Majolika der Blütezeit, also des 16. Jahrhunderts. Immerhin ist der Teller Nr. 24, dessen Abbildung auch den Umschlag ziert, ein herrliches Exemplar. Kurze Begleittexte geben einen guten Überblick über die technische und stilistische Entwicklung der Faentiner Keramik und 2 Seiten Begriffserläuterungen lassen den Laien nicht im Regen stehen, wenn ihm Objekte etwa als solche aus der "Famiglia floreale-gotica" präsentiert werden.

 

8.         Eine Auswahl aus den tschechischen Sammlungen (in Prag und anderen Orten Tschechiens) präsentiert uns der ruhmreiche Prager Verlag Artia (wer kennt nicht den herrlichen Bildband "Prag, ein fotografisches Bilderbuch" von Karel Plicka, besonders schön in den älteren Ausgaben mit Sepiatönung?). "Italienische Majolika" lautet der Titel des 1960 erschienenen Buches mit 40 S. Text (Einführung und knappe Erläuterungen zu den Bildern) von Jirina Vydrova und Aufnahmen des bedeutenden Fotografen Josef Ehm. Das Lexikonformat erlaubt eine großzügige Wiedergabe mit 64 ganzseitigen s/w-Abbildungen, wohl in Kupfertiefdruck (für die Wiedergabe von Bildern bringt diese Drucktechnik keinen Vorteil, aber bei plastischen Gegenständen – Architektur, Skulptur, Landschaftsaufnahmen – bringt er m. E. die räumliche Wirkung besser zur Geltung als vergleichbare s/w Hochglanz-Kunstdrucke (vgl. hier z. B. den Deruta-Pokal Nr. 28!). Farbtafeln gibt es außerdem, aber nur 8: zum Glück, muss man sagen, denn die Farbqualität ist katastrophal. In meinen Augen das schönste Stück ist die Nr. 13 (eine als "Waschbecken" bezeichnete Schüssel mit abgesetztem Fuß, deren edle Formen die Kunst des Fotografen hervorhebt, indem er sie von der Seite präsentiert.

 

9.         An herausragenden Artefakten eher arm sind die ungarischen Majolikasammlungen, die uns Ilona Pataky-Brestyanszky in dem Buch "Italienische Majolikakunst", UT "Italienische Majolika in ungarischen Sammlungen" (Budapest 1967), vorstellt. Zwar 'nur' im Oktav-Format, ist das Buch als solches liebevoll gemacht. Die umfangreiche Einführung (ca. 70 S. enthält eine Umrisszeichnung Italiens mit den Majolikazentren (S. 14), gezeichnete Übersichten der Gefäßformen mit zugehörigen Bezeichnungen (S. 16) und typische Profile von Tellern und Schüsseln. 2 Seiten (20/21) sind der zeichnerischen Darstellung der klassischen Dekore mit den zugehörigen Bezeichnungen (Quartieri, alla porcellana, Trofei usw.) gewidmet. Da könnte sich Bruckmann's Fayence-Lexikon 'ne Scheibe abschneiden! 71 s/w-Abbildungen werden hinreichend ausführlich kommentiert, ebenso die 24 Farbtafeln, deren Qualität zwar besser ist als im vorigen Bildband (Vydrova/Ehm), die aber von einer farbtreuen Wiedergabe gleichfalls noch um einiges entfernt sein dürften. Ausnehmend schöne Exemplare sind die Nr. 7 und 8. Die waren zwar früher mal in Ungarn (im Besitz des Renaissance-Königs Matthias Corvinus), gehören aber heute zur Sammlung des Viktoria and Albert Museums in London. Die Briten wussten schon, was was wert war! Die Amis natürlich auch: Das Objekt Nr. 16 aus dem Königsservice ist nach Kalifornien emigriert. Ausgrabungs-Scherben gibt's auch zu sehen, doch sind ihnen jeweils auch Rekonstruktionen gegenübergestellt, welche dem Laien eine Vorstellung von der einstigen Pracht der zerdepperten Teller geben.

Hervorzuheben wäre vielleicht noch die Nr. 37 mit einer erotisch-mythologischen Darstellung, doch ist diese Istoriato-Malerei fast völlig identisch mit derjenigen auf der Schüssel Abb. 93 bei Kube. Letztere scheint feiner gemalt zu sein und war vielleicht das Vorbild; da jedoch die Darstellung im vorliegenden Buch nur s/w und kleiner ist, kann man verlässliche Aussagen wohl nur anhand besserer/größerer Fotos (oder natürlich bei einem Vergleich der Originale) machen.

 

10.      

 

 

IV. Auktionskataloge                                                                                                      [é]   [ê]

1.         Was kostet diese ganze Pracht und Herrlichkeit? Verglichen mit einem Bild von van Gogh gar nicht mal so viel. Jedenfalls 1979 finden wir im Auktionskatalog "Important Italian Maiolica" von Christie's für den 02.07.1979 z. B. eine eiförmige Vase mit "gotischem" Dekor aus Faenza (Nr. 1) mit 4.000,- - 6.000,- engl. Pfund geschätzt, also beim damaligen Kurs von ca. 4,- DM für ein Pfund ca. 16.000,- - 24.000,- DM. Die hatte ich zwar damals so wenig wie heute den Gegenwert in Euro, und wenn ich sie hätte, wüsste ich noch einiges andere damit anzufangen. Aber wer genug Geld hat, und damals beherzt zugegriffen hätte, wäre heute sicherlich schon um einiges reicher. Ein Albarello aus Palermo, ca. 30 cm hoch und jedenfalls von edler schlanker Form (Nr. 34) sollte nur 1.500,- bis 2.000,- Pfd. kosten. Wer dem Stromer Peleus beim Wegziehen eines (ohne nichts verhüllenden) Schleiers von der schlummernden Meergöttin Thetis zuschauen wollte, hätte den Teller (Nr. 39) mit ein wenig Auktionsglück zum Schätzpreis von 4.200,- bis 4.800,- Pfd. ersteigern und dann etwa als Obstschale nutzen können. Äpfel z. B. machen sich bestimmt gut da drauf. *

Um einiges teurer ist freilich das schönste Exemplar der Auktion (Nr. 143), mit hellblauen Menschen- und Tierfiguren auf dunkelblauem Grund sowie Dekorelemente in Grün- und Brauntönen (eine Erholung für das Auge nach all dem Gelb der späteren Istoriato-Malerei). Der Schätzpreis wurde nur auf Anfrage genannt und dürfte also noch deutlich über den 12.000 – 20.000 Pfund gelegen haben, mit denen man die Katalognummern 140 und 144 einschätzte. Dieser Teller stammte allerdings auch aus der berühmten Sammlung Richard Zschille, und ist bemalt von einem der wenigen namentlich bekannten Majolikamaler, einem gewissen Zoan Maria. Von einem anderen, bekannteren Künstler soll der Teller Nr. 38 bemalt worden sein: Francesco Xanto Avelli. Satte Grüntöne erfreuen das Auge, wenn man die Abbildung anschaut - oder etwa 8.000,- – 10.000,- Pfd. für's Original hingeblättert hätte. Man staunt indes, dass die hier dargestellten dünnen und steifen Figürchen von dem gleichen Maler stammen sollen, der auf den Schalen Nr. 73 ff. bei Kube kraftvoll-raumfüllende Renaissancemenschen dargestellt hat (Highlight in der Eremitage-Sammlung ist die Nr. 76, eine politische Allegorie auf den "Sacco di Roma").

Farbabbildungen und Spitzenstücke machen sich allerdings rar auf den 80 S. des kartonierten Kataloges im Format Groß-Oktav. (Trotzdem sind solche Kataloge im Antiquariatshandel meist nicht billig.)

* Es wäre eine dankbare Aufgabe für eine(n) gutsituierte(n) Mäzen(in), die Herausgabe eines Bildbandes "Erotika auf Majolika" zu finanzieren (ich habe nicht systematisch recherchiert, vermute aber, dass es so etwas noch nicht gibt). Nicht wegen eventueller voyeuristischer Leserinteressen: eine Generation, die mit Fiona Pitt Kethley ihre Reisen in die italienische Unterwelt absolviert hat, können die nude sdraiate der einschlägigen Majolikamalereien gewiss nicht mehr auf- oder gar erregen. Vielmehr wäre es ein interessantes Mosaiksteinchen zur Sitten- also Sozial- und Kulturgeschichte des 16. Jahrhunderts, dessen Änderungen im moralischen Klima (Stichwort: Gegenreformation; eine wissenschaftlich fundierte Schilderung dieser Wandlungen z. B. bei Monica Kurzel-Runtscheiner in "Töchter der Venus. Die Kurtisanen Roms im 16. Jh.") sich auch in diesem Bereich widerspiegeln dürften.

 

2.      Heute braucht man nicht unbedingt einen Papierkatalog: Bei Christies das Stichwort "maiolica" in den "lot finder" eingeben, und schon spuckt der PC alle Hinweise – einige sogar mit Bildern – auf die aktuellen Auktionsangebote aus.

Den gleichen Service bietet natürlich Sotheby's.

3.       

 

 

V. Sonstiges (Reisef., einzelne Orte, Werkst., Künstler u. a.)                  [é]   [ê]

1.         Italien, du hast es besser! Nicht nur produzierst du an zahlreichen Orten noch heute Majolika. Dein ruhmreicher Automobilclub Touring Club Italiano (TCI), der auch die herrliche Reihe der roten Reiseführer (Guide Rosse) publiziert, hat in seiner Reihe "Guide tematiche" unter dem Titel Le città della ceramica sogar einen Spezialführer zu den Keramikstädten herausgebracht. "Maioliche e porcellane in Italia 28 località 100 manifestazioni 1000 artigiani 60 musei e scuole" lautet der Untertitel, und das Buch will ein "guida che valorizza e porta a conoscenza della tradizione ceramica italiana" sein. (Das Buch wäre eigentlich ein Grund, wieder mal die Frankfurter Buchmesse und dort speziell den TCI-Stand zu besuchen. Die Frage ist nur, ob die uns Barbaren solche Spezialreiseführer überhaupt mitbringen?)

Weitere Informationen kann der Leser auf der Webseite der Vereinigung italienischer Keramikstädte Ceramicsonline (Buchbesprechung) oder beim Touring Club Italiano (mehr "technische" Infos: 128 S. usw.) einholen.

 

 

2.         Nachtrag 09.12.06: Wer wissen will, was man im 18. Jh. über Maolika (nicht) wusste, kann dies online in der "Oekonomische[n] Encyklopädie oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft" erfahren, wenn er unter dem Stichwort "Fayance" (sic!) nachschlägt. Es handelt sich um eine "der umfangreichsten Enzyklopädien des deutschen Sprachraums. Das von J. G. Krünitz begründete Werk erschien 1773 bis 1858 in 242 Bänden und stellt eine der wichtigsten deutschsprachigen wissenschaftsgeschichtlichen Quellen für die Zeit des Wandels zur Industriegesellschaft dar. Im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Digitalisierungsprojektes wird 'der Krünitz' an der Universitätsbibliothek Trier in Form einer XML/SGML-konformen und recherchierbaren elektronischen Volltextversion zugänglich gemacht."

3.          

 

4.          

 

 

VI. Belletristik betr. Majolika                                                                   [é]   [ê]

1.                                                                                                                                geä. 03.10.04

Nicht nur den Dom wollen die Kölner dort lassen. Auch ihre Krimis sehen sie nur ungern aus dem Dunstkreis der Domtürme in fremde Hände entkommen. Mehfach, wenn ich versucht habe, Brigitte Tietzels Buch "Bei Ankauf Mord", erschienen 1999 in der Reihe "Köln Krimis", bei Ebay zu ersteigern, hatte es mir irgendein Jeck vor der Nase weggeschnappt!. Aber Ende Sept. 2004 hat es dann doch geklappt, das Objekt meiner Begierde zu einem taschenbuchadäquaten Preis zu erbeuten oder zu "ebayten".

 

Ich habe es also jetzt es selbst gelesen: eine entspannende, aber trotzdem spannende Lektüre. Allzu detaillierte (kunst-)historische Informationen über Majolika darf (und wird) der Leser nicht erwarten (beinahe mehr erfährt man über Meißen-Porzellan), aber immerhin sind es Majolikastücke, welche als Objekte der Begierde indirekt die Morde auslösen.

Die nachfolgende Inhaltsangabe entnehme ich der Webseite von Michael_Maye (coelle.de), was er mir hoffentlich verzeihen wird; offenbar hat er selbst die Besprechung ja selbst aus der Rheinischen Post Krefeld (die ihrerseits größtenteils den Klappentext wiedergibt), sowie die Angaben zur Verfasserin, die auf der Rückseite auch abgebildet ist, direkt aus dem Buch, übernommen:

"Woher stammt die spektakuläre Neuerwerbung im Kölner Museum für Angewandte Kunst wirklich? Eine liebenswürdige alte Dame erkennt die italienische Kanne aus dem Besitz ihres Vaters wieder. Dessen wundervolle Majolika-Sammlung konnte vor dem Zweiten Weltkrieg nach Amerika gerettet werden. Dann aber kam sie auf geheimnisvolle Weise abhanden. Nun taucht sie also plötzlich wieder auf. Kurz nach ihrer verblüffenden Entdeckung ist die alte Lady tot. Ein Zufall? Kunsthistorikerin Dr. Nathalie Bonhoff, von ihren Freunden Bona genannt, ist für die Keramik-Abteilung des Museums zuständig. Sie vermutet, dass mit der Herkunft der kostbaren Kanne irgend etwas nicht stimmt. Von Natur aus neugierig, forscht sie nun zur Abwechslung mal nicht nur als Wissenschaftlerin, sondern - allerdings mit großem Unbehagen - nach einem potentiellen Mörder... . Bei Ankauf Mord - ein Krimi aus der Museumsszene, bildreich, üppig und fesselnd erzählt. Sie trifft mit fabelhaftem Timing genau den richtigen Rhythmus, damit die Handlung in Fahrt bleibt und die daran Beteiligten mächtig durcheinandergewirbelt werden. Das ganze durchzieht ein köstlicher, feinsinniger Humor der Autorin. Rundum zufrieden legt man das Büchlein danach beiseite." (Rheinische Post Krefeld). Brigitte Tietzel ist Kunsthistorikerin und hat als freie Journalistin gearbeitet. Sie war stellvertretende Leiterin des Deutschen Textilmuseums in Krefeld und zuletzt sechs Jahre Direktorin des Museums für Angewandte Kunst* in Köln. Sie lebt in Krefeld.

Das Buch ist offenbar vergriffen, aber immer noch heiß begehrt: jedes Mal, wenn ich es bei Ebay zu ersteigern versuche, schnappt es mir doch irgendein Jeck vor der Nase weg!.

·         Da sammelt man auch Majolika, und es gab auch mal einen Katalog dazu, den ich mittlwerweile sogar ebenfalls "ebayten" konnte: "Kunstgewerbemuseum der Stadt Köln (Hg.): Majolika. Bearbeitet von Brigitte Klesse. Köln, Kunstgewerbemuseum, 1966. (Bd. 2 d. R. "Kataloge des Kunstgewerbemuseums Köln"), Groß-Oktav. 188 S. + 5 Farbtafeln in der Einleitung. + 22 Tfn. (davon 1- farbig) im Anh. Brosch. 20 S. Bildtafeln im Anhang. Der Katalog enthält eine umfangreiche Bibliographie (11 S. und ein doppelseitiges "Formenverzeichnis" der Teller und Schalen. Die jeweilige Nr. ist bei der Katalogbeschreibung angegeben, so dass man sich die Fotoabbildungen der Objekte in räumliche Vorstellungen übertragen kann. Der Katalogtitel "Majolika" ist alerdings irreführend, weil der Katalog mehr als zur Hälfte Keramik des islamischen Formenkreises enthält (Persien, Mesopotamien, Syrien, Türkei und teilweise Spanien). Außergewöhnliche Stücke an italienischer Majolika sind mir bei oberflächlicher Durchsicht nicht aufgefallen, doch kenne ich leider das Museum selbst nicht; vielleicht hat man ja auch zwischenzeitlich weitere Objekte angekauft. Die schwarz-weißen Abbildungen sind, von den wenigen Tafeln abgesehen, schematisch (wie in dem Braunschweiger Katalog von Klesse).

 

2.        

 

 

e-Texte                [é]   [ê]

1.         Capolavori della Maiolica Rinascimentale: dieser Link führt Sie zum kompletten Katalogtext (und die Abbildungen sind auch in einem "Album" auf einer Webseite übersichtlich zusammengefasst) einer Ausstellung in Montelupo Fiorentino (einem Ort bei Florenz mit einer langen Keramiktradition; insbesondere wurde dort schon in der Renaissancezeit Majolika mit volkstümlichem Dekor, naive Malerei quasi, hergestellt) aus dem Jahre 2002.

Einer längeren Einführung u. d. T. "Art and civil life: the bases of the “renaissance of maiolica” in florentine area (1380-1470)" folgen die Abschnitte "Typologies and documents" und "The maiolica of Montelupo. Florentine itineraries." Eine Bibliographie am Schluss gibt es auch. – 26.07.05

 

2.          

 

 

 

Für den gezielten Rückweg nach oben noch einmal die Links zu den einzelnen Kapiteln:

 

I. Allgem. Werke über Keramik; Lexika  II. Allgem. Werke über Majolika, einz. Epochen

III. Majolikasammlungen (Länder, Museen, Private)   IV. Auktionskataloge

V. Sonstiges (Reiseführer, einzelne Orte, Werkstätten, Künstler u.a.)         VI. Belletristik

 

 

Site Meter                              

 

 

... und hier möchte ich meine Besucher zu Seitensprüngen verleiten:

 

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